2020 versprach Joe Biden, den Bau der Grenzbefestigung an der mexikanischen Grenze zu stoppen, jetzt bauen die USA wieder.

Daniela Gschweng für die Online-Zeitung INFOsperber

Es war eines der grossen Projekte Donald Trumps: die Abriegelung der südlichen US-Grenze durch Befestigungen und Mauern. Im Wahlkampf versprach der spätere US-Präsident, «eine grosse Mauer zu bauen und Mexiko dafür bezahlen zu lassen».

Vier Jahre später versprach Joe Biden das Gegenteil. Am 20. Januar 2021, dem ersten Tag seiner Amtszeit, liess er die Bauarbeiten einstellen. Während Trumps Amtszeit waren 644 Kilometer Grenzbefestigung fertiggestellt worden. Finanziert hatten das die USA.

Die US-Grenzmauer wird bleiben

Nun werde wieder gebaut, berichtet unter anderen der «Intercept». Am 15. September bestätigte die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde in einer Online-Präsentation, dass die Arbeiten an der Grenzmauer wieder aufgenommen werden. Ab Oktober werden in Arizona wieder Unternehmen im Auftrag der USA an der «Great Wall» arbeiten.

Die Grenzschutzbehörde CBP, grösste Abteilung des Ministeriums für innere Sicherheit, erläuterte detailliert die Pläne. Zunächst gehe es um das Beseitigen und Vorbeugen von Umwelt- und Flutschäden. Schon im Juli war die Rede von «Updates» in Form von Kameras, Scheinwerfern und Bewegungsmeldern gewesen. Einen Plan, die Grenzbarrieren zu entfernen, gebe es auf absehbare Zeit nicht.

In Tat und Wahrheit ist die Grenzbefestigung Stückwerk. Die Südgrenze der USA ist 3145 Kilometer lang, sie zieht sich durch unwegsames Gelände wie die Sonora-Wüste, verläuft über weite Strecken entlang des Rio Grande und durchschneidet Städte wie Ciudad Juarez/El Paso.

Südgrenze der USA © Wikimedia Commons

An manchen Stellen ist die Befestigung tatsächlich eine Mauer, an manchen Stellen Zaun. An einigen Abschnitten besteht sie aus vertikalen Stahlstangen, an anderen aus dem Rio Grande, teilweise liegt die unbefestigte Grenze mitten in der Wüste. Ab und zu kommt eine Patrouille vorbei. CBS hat eine sehenswerte Bildstrecke über die Form veröffentlicht, die sie in verschiedenen Abschnitten annimmt.

Der Bau, oder besser: die Verstärkung der Grenzmauer verursachte unter anderem Umweltschäden und durchteilte den Lebensraum seltener Wildtiere. Die Barriere erschwert den Zugang zu den heiligen Begräbnisstätten amerikanischer Ureinwohner. Der Mauerbau saugte für die Betonherstellung die spärlichen Grundwasservorkommen leer. Proteste und Klagen begleiteten ihn, einige Klagen sind noch offen.

Wurden die Arbeiten gar nie eingestellt?

Wirklich eingestellt worden seien die Arbeiten gar nie, schreibt das «Center for Biological Diversity». Nur Tage nach dem offiziellen Baustopp im Januar 2021 sei die Entscheidung gefallen, die Arbeiten fortzusetzen. Das zeigen Dokumente, die die gemeinnützige Nichtregierungsorganisation, über den Freedom of Information Act erlangt hat.

Demnach nutzte das U.S. Army Corps of Engineers eine Notfallregelung, um in Texas weiterzubauen. Ein Verbot des US-Kongresses, föderale Mittel für den Bau der Mauer nahe einem geschützten Friedhof einzusetzen, habe das Pionierkorps Anfang 2022 ebenfalls ignoriert.

Die Biden-Regierung steht unter Druck

Zurückhalten soll die Grenzbefestigung Menschen aus ganz Mittel- und Südamerika, vom afrikanischen Kontinent, in jüngster Zeit sogar Ukrainerinnen und Ukrainer, die in die USA wollen. Viele sind nach internationalem und US-Recht asylberechtigt. Sie stehen vor offiziellen und selbsternannten Patrouillen, Kameras, Scheinwerfern, Bewegungsmeldern, Zäunen, Mauern oder im Nichts. Viele Migranten sterben beim Durchqueren der Wüsten; nur ein Teil der Toten wird gefunden.

Die Biden-Regierung steht unter grossem Druck, die Migration einzudämmen. Seit dem Fiskaljahr 2020, das von Oktober bis September geht, haben sich die Migrationszahlen vervielfacht. Infolge der fortschreitenden Klimakrise werden sie voraussichtlich weiter steigen.

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