Sechs Jahre und vier Monate nach ihrer Inhaftierung fordert das Internationale Netzwerk für die Freiheit von Milagro Sala den argentinischen Präsidenten auf, sie und „andere willkürlich in Jujuy inhaftierte Personen“ freizulassen. Der vollständige Text des Briefes folgt.

16. Mai 2022
Dr. Alberto Fernández
Präsident der Argentinischen Republik

Sechs Jahre und vier Monate nach ihrer Inhaftierung fordern wir die Freiheit von Milagro Sala und anderen willkürlich in Jujuy inhaftierten Personen.

Über das Bundeskanzleramt

Mit freundlichen Grüßen

Das Internationale Netzwerk für die Freiheit von Milagro Sala, das sich aus Bürgern aus Argentinien, Brasilien, Kanada, Spanien, den Vereinigten Staaten, Finnland, Frankreich, Italien, dem Vereinigten Königreich, Schweden und der Schweiz zusammensetzt, bittet Sie erneut um Ihre Intervention, um die sofortige Freiheit von Milagro Sala, Patricia Cabana (Pachila), Iván Altamirano, Javier Nievas, Cacho Sibila, Andrea Condori, María Condori und Graciela López zu garantieren.

Milagro Sala ist seit sechs Jahren und vier Monaten willkürlich inhaftiert.

Herr Präsident, bei mehr als einer Gelegenheit haben Sie erklärt, dass die Situation von Milagro Sala eine Angelegenheit der Justiz sei. Eine lobenswerte Anerkennung der in der nationalen Verfassung verankerten Gewaltenteilung. In der Provinz Jujuy gibt es diese Gewaltenteilung jedoch nicht, und der Oberste Nationale Gerichtshof bringt die in dieser Provinz begangene Rechtswillkür zum Schweigen und schützt sie damit.

Ihnen ist bekannt, dass der Gouverneur Morales in seiner ersten Amtszeit die Zahl der Richter am Obersten Gerichtshof der Provinz Jujuy von fünf auf neun erhöht hat, indem er sofort zwei seiner Stellvertreter in dieses Gericht berief und so eine Mehrheit in diesem Gericht erreichte, die seinen Anweisungen folgte.

Sie wissen auch, dass zwei aufeinanderfolgende Präsidenten desselben Obersten Gerichtshofs zurücktreten mussten, als öffentlich bekannt wurde, dass Milagro Sala inhaftiert wurde, damit Gouverneur Morales regieren konnte, und nicht nach dem Willen des Gouverneurs freigelassen wurde. Um einen der zurückgetretenen Richter zu ersetzen, ernannte Gouverneur Morales seinen Sicherheitsminister, der die Inhaftierung von Milagro Sala persönlich veranlasst hatte, zum Richter des Obersten Gerichtshofs und ließ damit jeden Anschein von Unparteilichkeit im höchsten Provinzgericht fallen.

Hinzu kommt, dass gleichzeitig mit der Erhöhung der Zahl der Richter am Obersten Gerichtshof die Staatsanwaltschaft neu eingerichtet wurde. Der neue Generalstaatsanwalt beordnete sofort einen Staatsanwalt, der alle gegenwärtigen und zukünftigen Gerichtsverfahren gegen Milagro Sala und das Netzwerk sozialer Organisationen übernimmt. Außerdem wurden Richter mit einem ausschließlichen Mandat für die Verfolgung des sozialen Anführers ernannt, wodurch der Schutz des Prinzips des natürlichen Richters verletzt wurde.

Zurzeit erleben wir die Entscheidung von Gouverneur Morales, den Obersten Gerichtshof nach seinen Zukunftsplänen neu zu besetzen. In nur wenigen Monaten hat der Gouverneur Allianzen und Vereinbarungen getroffen, um sechs der neun Mitglieder des Gerichts zu entfernen, darunter auch von ihm selbst ernannte Richter.

Kurz gesagt, seit dem Amtsantritt von Gouverneur Gerardo Morales gibt es in der Provinz Jujuy keine Unabhängigkeit der Justiz mehr.

Zu dieser Reihe von Unregelmäßigkeiten in der Funktionsweise der Justiz in der Provinz Jujuy kommt noch das Schweigen des Obersten Gerichtshofs in Fällen, in denen Milagro Sala der Angeklagte ist und welche dem Gericht zur Prüfung vorgelegt werden. Dieses Schweigen ist eine Form der Zustimmung und des Schutzes der politischen Kontrolle über die Justiz, wobei die viel gepriesene Gewaltenteilung effektiv missachtet wird.

Wie jeden Monat, am Jahrestag der willkürlichen Inhaftierung von Milagro Sala, schreiben wir Ihnen, um Sie um Ihr Eingreifen zu bitten. Wir sind der Meinung, dass es genügend Beweise dafür gibt, dass die Justiz in der Provinz Jujuy nicht die unabhängige Institution ist, die sie zu sein vorgibt. Sie dürfen sich nicht länger hinter einer juristischen Täuschung verstecken, sondern müssen die Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die sofortige und endgültige Freilassung von Milagro Sala und den anderen in Jujuy inhaftierten Personen zu erreichen.

Wir unsererseits werden Sie weiterhin auffordern, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, die zur sofortigen und endgültigen Freilassung von Milagro Sala und den anderen in Jujuy inhaftierten Personen führen.

Mit freundlichen Grüßen,
Internationales Netzwerk für die Freiheit von Milagro Sala, Toronto

Mehr zum Fall Milagro Sala gibt es hier zu lesen: https://www.pressenza.com/de/tag/milagro-sala-de/

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Hans-Jörg Schneider vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!