Ärzt*innenorganisation IPPNW veröffentlicht Report

Einen stärkeren Schutz besonders schutzbedürftiger Geflüchteter wie Kinder und Schwangere forderte die Ärzt*innenorganisation IPPNW heute anlässlich der Veröffentlichung eines IPPNW-Reports zu den gesundheitlichen und humanitären Folgen von Abschiebung. Schwere psychische Erkrankungen wie Posttraumatische Belastungsstörungen und Traumafolgestörungen müssten in jedem Verfahren berücksichtigt werden und jederzeit ins Verfahren eingebracht werden können. Bei Verdacht auf eine psychische Erkrankung müssten die beteiligten Behörden Atteste von behandelnden Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen zur Grundlage von Entscheidungen machen. Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen müssten ganz abgeschafft werden, da sie Kindeswohl, Entwicklung und Gesundheit massiv gefährdeten.

Die IPPNW fordert zudem, dass nächtliche Abschiebungen ohne Ankündigung gestoppt werden, besonders in Wohnheimen und Aufnahmeeinrichtungen. Zudem müssten Krankenhäuser und Kliniken sowie Kindergärten und Schulen als geschützte Orte geachtet und gegen alle behördlichen Übergriffe, wie sie im Rahmen von Abschiebungen immer wieder stattfinden, gesichert werden. Die EU-Richtlinie zur frühzeitigen Identifizierung von vulnerablen Menschen und Gruppen müsse endlich in nationales Recht übernommen und umgesetzt werden.

„Geflüchtete sind Menschen mit Würde, Rechten und individuellen Schicksalen in besonders vulnerablen Situationen. Sie sind keine Objekte und keine politische Manövriermasse“, erklärt Carlotta Conrad, IPPNW-Vorstandsmitglied anlässlich der Veröffentlichung des IPPNW-Reports. Grundsätzlich seien Abschiebungen als Gewalthandlung an zusehen und so immer mit den rechtsstaatlichen Prinzipien abzuwiegen. Sie gefährdeten immer die Gesundheit und manchmal auch das Leben der Betroffenen.

Die IPPNW befürchtet, dass der geplante „EU-Migrationspakt“ das deutsche Asylrecht und die Menschenrechte von Schutzsuchenden noch weiter aushöhlen könnte. Als Reaktion auf steigende Flüchtlingszahlen hat die Bundesregierung die Asylverfahren in den letzten Jahren bereits beschleunigt und unter dem Stichwort „Abbau von Abschiebehindernissen“ zahlreiche aufenthaltsrechtiche Änderungen umgesetzt. Die Berufung auf gesundheitliche Gründe als Abschiebehindernisse und die Ausstellung von Attesten wurden hiermit erschwert. Eine Abschiebung selbst bei schwerwiegender Erkrankung soll nun grundsätzlich legal sein, wenn die Gesundheitsversorgung im Zielland als gewährleistet gilt. Abschiebungen aus stationärer Behandlung oder Abschiebungen besonders schutzbedürftiger Personengruppen wie Kindern und Schwangeren untergraben das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Es ist zu befürchten, dass Abschiebungen entgegen dem Grundsatz der Menschenwürde und den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention unter dem geplanten EU-Migrationspakt noch zunehmen werden.

Der IPPNW-Report „Gesundheitliche Folgen von Abschiebung“ beleuchtet die gesundheitlichen und humanitären Folgen der deutschen Abschiebepraxis der vergangenen Jahre. Die Publikation soll zudem gezielt Wissen vermitteln, wie Gutachten besser verfasst werden können und welche Erfahrungen die Ärzt*innen gesammelt haben im Zusammenhang mit Abschiebungen. Sie finden ihn unter https://www.ippnw.de/bit/abschiebungsreport

Vom 23.-25. Oktober 2020 findet in Berlin ein Permanent Peoples´ Tribunal (Menschenrechtstribunal) statt, bei dem die Verletzung der Menschenrechte von Migrant*innen und Geflüchteten im Vordergrund steht. Die IPPNW gehört zu den Trägerorganisationen. Weitere Informationen unter ippnw.de/commonFiles/pdfs/Tribunal_A4.pdf, Livestream unter equalhealth4all.noblogs.org
Mehr erfahren Sie im Video unter https://www.youtube.com/watch?v=e95Uf_ZSyTI

Kontakt:
Angelika Wilmen, wilmen@ippnw.de, Mobil 0162 2057943

Original-Pressemitteilung

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