Seit 2015 hat die Food4Humanity Stiftung, eine der ersten frauengeführten nicht profitorientierten zivilgesellschaftlichen Organisationen, jemenitische Freiwillige beschäftigt, die in den ärmsten Regionen arbeiten, wo Hunger herrscht und humanitäre Hilfe dringend nötig ist. Sie fördern auch eine staatsbürgerliche Werteausbildung und bilden Teilnehmer*innen zu verantwortungsbewussten Bürgern aus.

Die Stiftung hat Hilfe für über 17,000 Jemenit*innen ermöglicht mit Programmen, Kampagnen und Unterstützungsaktionen für Krankenhäuser, Aufklärung über Cholera und andere Hilfsmaßnahmen, welche weitere 30.000 Jemenit*innen in 5 Bezirken erreicht haben, die durch den Krieg im 6. Jahr in existentielle Not geraten sind.

Muna Luqman war zunächst Sozialarbeiterin in Sanaa. Über die Organisation ADRA beschäftigte sie sich mit Gesundheitsvorsorge, Infrastrukturentwicklung, inklusive Wasserprojekte und Räumung von Landminen und arbeitete mit „Save the Children“. Drei Jahre nach Ausbruch des Krieges zog sie nach Taiz am Roten Meer, um mit der privaten globalen HSA Group zu arbeiten. Später, als Beraterin des regionalen Direktors für Bussinessfragen, half sie sozio-politische Projekte und Jugendaktivitäten in Gang zu bringen.

Im Vereinigten Königsreich ausgebildet, ist Muna Luqman, auch Mitgründerin des „Women Solidarity Networks“ (des größten Netzwerkes im Jemen), welches Teil der Women’s Alliance for Security Leadership (WASL) ist. 2019 hat sie den „International Young Women’s Peace and Human Rights Award“ der armenischen Organisation  Democracy Today erhalten, weil sie in „herausragender Weise die Sichtbarkeit von Frauen in Friedensmaßnahmen und einer verantwortlichen Genderpolitik gezeigt habe“.

Die neue Normalität: Umgang mit Ängsten in der Pandemie

Als die Vereinten Nationen und andere internationale Hilfsorganisationen den Jemen verließen, gewann die Arbeit der Friedensfrauen an Bedeutung. Luqman engagierte sich als Mediatorin in bewaffneten Auseinandersetzungen, wenn es beispielsweise um den Zugang zu Wasser in Kampfgebieten ging. Sie stellte den Transport von Sauerstoff, medizinischem Material und humanitäre Hilfe sicher für über 40.000 Jemenit*innen. Als die Huthi Teiz belagerten, vermittelten Luqman und andere Frauen zwischen kämpfenden Einheiten, um 70 Waisenkindern eine sichere Durchreise zu ermöglichen. Außerdem besorgten sie Medikamente für Krebspatient*innen und andere Kranke in Hospitälern – das Ganze während Luftangriffe ihr eigenes Haus teilweise zerstörten.

Zusammen mit anderen Friedensfrauen vermittelte Luqman zwischen lokalen Stämmen die Freilassung von 600 Gefangenen, als die VN Verhandlungen gescheitert waren. In Zusammenarbeit mit den Müttern Entführter und einer internationalen Kampagne zur Freilassung von Gefangenen, erreichte sie die Freilassung von 450 Personen. Mit ihrem Einsatz für Randgruppen konnte sie 3,5 Millionen afrikanisch-stämmigen oft ausgegrenzten Muhamasheen, die am stärksten durch den Krieg betroffen waren, Hilfe zukommen lassen. Die schlimmste Erfahrung für Luqman jedoch war mit ansehen zu müssen, wie Jungen als Kämpfer rekrutiert wurden.

Frauen in Friedensprozessen werden an den Rand gedrückt

Wenn es um Machtverteilung geht, wirft Luqman den internationalen Organisationen vor, Frauen auszuschließen und ihrerseits auf die kriegführenden Parteien nicht genug Druck auszuüben, wenn diese Frauen aus Friedensverhandlungen ausschließen. Während vor 20 Jahren die Resolution 1325 des VN Sicherheitsrates vorschrieb Frauen in alle Verhandlungen einzubinden, ist die 2015 verabschiedete Resolution 2216, die ein Ende der Gewalt im Jemen einfordert, „gender-blind“, sagt sie.

Als sie 2018 von den Friedensgesprächen der VN in Genf ausgeschlossen wurde, wandte sich Luqman an einen lokalen jemenitischen Minister, der daran teilnahm. Er sagte ihr ins Gesicht, dass nicht „genügend Stühle im Raum vorhanden waren.“ Und fügte hinzu „dass jetzt nicht die Zeit für Frauen sei“.

Jemens Ersthelfer*innen sind Friedensfrauen

(Bild: Food4Humanity)

“Ich erinnerte den Minister laut und deutlich daran, dass es Frauen waren, nicht er, die Sauerstoff geschmuggelt hatten um das Leben von Kleinkindern zu retten und die sich unermüdlich für die Rechte von Frauen einsetzten, während er einen aufwendigen Lebensstil in saudischen Hotels pflegte…“ so Luqman ärgerlich.

Mit drei weiteren Frauen nahm Luqman an diesem Gesprächsformat im Rahmen der VN teil und traf eine Reihe von Diplomaten. Die Friedensverhandlungen scheiterten jedoch, als die Huthivertreter nicht kamen und ihr Delegationsleiter Abdul Malik al-Houthi später die Saudi-geführte Koalition anklagte, seine Delegation von der Anreise zu den Friedensverhandlungen blockiert zu haben.

Männergeführte Organisationen profitieren vom Krieg und sind dafür zuständig. „Aber wir Jemenit*innen fordern ein, dass sich etwas ändert. Wir brauchen nicht noch mehr Papiere!“. Der Friedensprozess, muss umfassend und inklusiv sein – gerade auch Friedensaktivistinnen einbinden. Frauen würden nur 2% der Mediatorinnen, 8% der Verhandlerinnen und nur 5% der Unterzeichnerinnen stellen in allen großen Friedensprozessen zwischen 1990 und 2017 laut UN Women. Eine kürzlich durchgeführte Studie (study) bestätigt, dass Friedensabkommen, die von Frauen mitunterzeichnet werden, nachhaltiger sind.

“Die Milizen im Jemen sind rechenschaftspflichtig für das was sie tun”. Uns einzubinden bedeutet mehr als Gleichberechtigung – es geht um unsere Stimmen für die Überlebenden, die Jugend, die Frauen, die direkten Bedürfnisse der jemenitischen Bevölkerung“ sagt Luqman. Als unsere Frauen dem VN-Beauftragten die Berichte vorlegten, hat er immer zugeben müssen, dass er eine Menge von den Frauen gelernt habe, indem er ihnen zugehört hat. So kann es die Welt auch.“

Der Artikel von Jackie Abramian erschien unter dem TitelYemen’s First Responders Are Women Peace Builders“ auf Forbes und ist von Heidi Meinzolt aus dem Englischen übersetzt worden. Wir danken der Jackie Abramian für die Zustimmung zur Veröffentlichung des Beitrags auf Pressenza.