Die Notlage unbegleiteter migrierender Kinder steht im Mittelpunkt der neuen Kampagne.

Ibrahim, ein 14-jähriger Junge aus Somalia, wurde von der griechischen Polizei fast drei Monate lang in einem Gefangenenlager in Amygdaleza festgehalten, einer von der Polizei betriebenen Hafteinrichtung am Stadtrand von Athen, in der Erwachsene untergebracht sind, die jedoch über eine eigene Abteilung für unbegleitete migrierte Kinder verfügt. Auch der siebzehnjährige Kamrul aus Bangladesch wurde zunächst in einer Polizeistation in Athen und dann in Amygdaleza mehr als sechs Wochen lang festgehalten.

Ibrahim und Kamrul – deren Namen zum Schutz ihrer Identität geändert wurden – haben beide Zeichnungen über die Angst und das Elend gemacht, die sie in der Polizeihaft erlebten. Die Jungen haben nun Human Rights Watch die Erlaubnis erteilt, ihre Zeichnungen im Rahmen der Kampagne #FreeTheKids zu veröffentlichen, die ein Ende der Inhaftierung von migrierten Kindern in Griechenland fordert.

Nach griechischem Recht dürfen die Behörden migrierte Kinder in einer euphemistisch als „Schutzhaft“ bezeichneten Haftanstalt festhalten, bis im überlasteten Heimsystem des Landes Platz ist.

Regierungsstatistiken zeigen, dass sich Mitte Mai 274 unbegleitete Kinder hinter Gittern befanden. ARSIS, eine griechische Nichtregierungsgruppe, die sowohl Ibrahim als auch Kamrul unterstützte, dokumentierte, wie im April, mitten in der Covid-19-Pandemie, 100 Kinder, die im Amygdaleza-Zentrum festgehalten wurden, unter überfüllten Bedingungen lebten und gezwungen waren, zu zweit in einem Bett oder auf dem Boden zu schlafen, mit unzureichendem Zugang zu Hygieneartikeln, Toiletten mit fließendem Wasser und Duschen. Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis versprach im vergangenen November, unbegleitete Kinder in Griechenland zu schützen, unter anderem durch die Schaffung weiterer Unterkünfte, aber sechs Monate später scheint dieses Versprechen ins Leere zu laufen.

Weit davon entfernt, sie zu schützen, macht die griechische „Schutzhaft“-Regelung Kinder anfällig für alle Arten von Missbrauch, einschließlich sexueller Gewalt und Belästigung, und kann ihnen langfristig psychischen Schaden zufügen. Kinder werden wochenlang in schmutzigen, überfüllten Polizeizellen festgehalten und teilen sich oft den Raum mit nicht verwandten Erwachsenen. Obwohl die Covid-19-Pandemie in Griechenland weitgehend unter Kontrolle ist, stellt sie für Kinder, die auf engstem Raum hinter Gittern leben, ein weiteres schwerwiegendes Risiko dar. Als ob das noch nicht genug wäre, haben wir festgestellt, dass unbegleitete Kinder in Haft nicht richtig über ihre Rechte informiert sind und keinen Zugang zu Bildungs- oder Freizeitaktivitäten haben.

Für Ibrahim und Kamrul hat das Leben endlich eine positive Wendung genommen, denn sie sind jetzt sicher und leben in Großbritannien und in Österreich. Doch für die 274 Kinder, die noch immer hinter Gittern sind, ist das Leben ins Stocken geraten. Sie sollten keinen weiteren Tag mehr in diesen dreckigen Polizeizellen eingesperrt sein müssen.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Elena Heim vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige! 

Der Originalartikel kann hier besucht werden