Die Strategie des Staates gegen die Regierung von Pedro Sánchez ist die gleiche, die zum Stoppen der Unabhängigkeitsbewegung und den Staatsstreich durch den 155sten Artikel (Red. Anm.: der spanischen Verfassung [1]) verwendet wurde.

Kloaken. Der offene Krieg, der in den Kloaken der Macht in Madrid herrscht, hat in Katalonien keine große Überraschung ausgelöst. Die Nutzung des schmutzigen Krieges, um politische Gewinne zu erzielen oder zur Rufschädigung einer Regierung, die Auflösung der Gewaltenteilung und die Politisierung der Justiz, waren in den letzten Jahren gängige Praktiken, um den Unabhängigkeitsprozess mit Unterstützung des reaktionären rechten Flügels, aber auch der PSOE (Red. Anm.: Partido Socialista Obrero Español [2]), zu bekämpfen.

Oberst Diego Pérez de los Cobos [3] (Red. Anm.: Oberst der spanischen Guardia Civil) ist leider kein Unbekannter in der Landschaft der katalanischen Politik. Wegen Folter verurteilt, war er für die Repression während des Referendums vom 1. Oktober (Red. Anm.: Am 1. Oktober 2017 wurde von der Regionalregierung Kataloniens ein Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens abgehalten.) verantwortlich und wurde später vom Innenminister Fernando Grande-Marlaska [4] befördert und ausgezeichnet, der ihn nun, dreieinhalb Jahre später, entlassen hat.

Die Entscheidung beruht nicht auf seiner antidemokratischen Vergangenheit, sondern darauf, dass De los Cobos mit Zustimmung der Richterin Carme Rodriguez-Medel im vor der spanischen Regierung Verborgenen darüber ermittelte, ob bei der Genehmigung der Demonstration vom 8. März (Red. Anm.: International Women’s Day [3]) ein Verbrechen begangen wurde. Er hat ihn seines Amtes enthoben, als er gesehen hat, dass jetzt seine Leute verfolgt werden, und nicht wegen der Bilanz als Folterer oder als Hauptverantwortlicher für die Unterdrückung des Referendums vom 1. Oktober.

Die Entlassung von De los Cobos hat den Rücktritt der Nummer zwei der Guardia Civil, General Laurentino Ceña, als Zeichen des Protests der Kasernen.

Ceña war höchste Vertrauensperson des Innenministers der PP (Red. Anm.: Partido Popular), Juan Antonio Zoido, gewesen, und als die PSOE an die Macht kam, hat Grande-Marlaska ihn nicht nur gestützt, sondern ihm in jüngster Zeit auch Medienberühmtheit verschafft, indem er zu den militärischen Pressekonferenzen der spanischen Regierung zu Beginn der Coronavirus-Krise geladen wurde.

Richterin Carmen Rodriguez Medel, Tochter und Schwester der Zivilgarde, hat die Ministerin gewarnt, dass sie keine „Einmischung“ der Exekutive in die Justiz dulden werde. Eine Verteidigung der Gewaltenteilung, die in dieser Phase zumindest schmunzeln lässt. Der Minister hat in einem verzweifelten Versuch, die Körperschaft zu beruhigen, eine Erhöhung der Gehälter der Mitglieder angekündigt, um sie an die Gehälter der autonomen Polizei anzugleichen, aber es ist zu spät. Das Problem liegt nicht in den Gehältern, sondern in der Verschlechterung der demokratischen Qualität des spanischen Staates, die durch den Unabhängigkeitsprozess beschleunigt wurde.

Das Problem besteht darin, dass in Spanien ein Machtnetzwerk existiert, das Regierungen bildet und auseinanderbrechen lässt, mit dem Ziel, die Macht zu erhalten und die Einheit des Staates zu bewahren. Der deep state, der seit der Zeit Francos aufrechterhalten wurde, und jeden, der als Feind betrachtet wird, mit dem Einverständnis von Justiz, Militär und Polizei eliminiert.

Ein Komplott, das, wenn es Schwierigkeiten gibt, nicht zögert, die extreme Rechte auf die Straße zu bringen. Die extreme Rechte judizialisiert den Kampf gegen die Pandemie, weil sie weiß, dass ihr der Sieg sicher ist, wenn sie sich aus der Politik zurückzieht und die Debatte in die Büros des Obersten Gerichtshofs bringt. Dieser Putschplan wurde aktiviert, um die Regierung der PSOE und Podemos zu liquidieren, als sich herausstellte, dass sie zaghafte Wirtschaftsreformen versuchten, um die durch das Coronavirus verursachte Krise zu lindern.

Das Ziel ist nun, dass Podemos aus der spanischen Regierung hinausgeworfen wird und die PSOE einen Pakt mit Ciudadanos (Red. Anm.: Eine politische Partei, die 2006 als Regionalpartei in Barcelona gegründet wurde.) formalisiert oder vorgezogene Wahlen zu erzwingen, damit diese die PP gewinnt. Der Pakt der PSOE mit Bildu (Red.: Anm.: Ein baskisches sozialistisches Wahlbündnis.) zur Liquidierung der Arbeitsreform war der Funke, der die Flamme des Putsches entzündet hat.

Die PSOE, und vor allem Podemos, kritisieren jetzt diesen deep state, der ihnen einen schmutzigen Krieg erklärt hat, aber wenn sie ihn bekämpft hätten, als er gegen die Unabhängigkeit vorging, wäre die Situation vielleicht anders. Die PSOE schloss sich an, und Podemos nahm eine Position exquisiter Äquidistanz ein, da sie dachten, dass es sie nicht betraf. Jetzt ist es vor ihrem Gesicht explodiert.

Die spanische Linke schwieg nicht nur angesichts des Verfalls der Demokratie, sondern beteiligte sich auch an der Umsetzung von 155, was einen Staatsstreich gegen die Regierung der Generalitat darstellte.

Als die PSOE dank eines Misstrauensantrags, der von den Pro-Unabhängigkeitsparteien unterstützt wurde, an die Regierung kam, übte sie keinerlei Selbstkritik, noch bat sie die Opfer, die noch immer im Gefängnis oder im Exil sind, um Vergebung. Sie drängte auch nicht auf eine Justizreform, um den Franquismus des Obersten Gerichtshofs zu liquidieren. Sánchez ernannte einen Innenminister, Fernando Grande-Marlaska, der die Kloaken des Staates sehr gut kannte, aber wenn sie überlaufen, ziehen sie alle, ohne Unterschiede zu machen, nach unten. […]

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