Wenn Kinder ihre Hausaufgaben nicht machen, braucht es bestmöglich eine Intervention vonseiten der Eltern. Eine Lösung wäre es, sie mehr oder minder friedlich darauf aufmerksam zu machen, welche Hypothek sie zukünftig mit nicht erledigten Hausaufgaben auf sich nehmen. Oder die Eltern erledigen – gerade in Zeiten von „Homeschooling“ – die Hausaufgaben der Kinder einfach selbst.

Was nach gegensätzlichen (mehr oder weniger förderlichen) pädagogischen Ansätzen klingt, lässt sich auf einen wesentlich gravierenderen Kontext beziehen: Den politische Umgang mit der Klimakrise. Hierbei handelt es sich nicht um ein Arbeitsblatt über lineare Gleichungssysteme, sondern um die Zukunft unseres Planeten.

Die Bürger*inneninitiative „German Zero“ verfolgt einen bisher eher unpopulären Ansatz in der deutschen Klimaschutzbewegung: Den Ansatz, wie „Fridays for Future“ die Politik lautstark aufzufordern, „endlich ihre Hausaufgaben zu machen“, ergänzt „German Zero“ um eine Strategie, in dem selbst die Initiative ergriffen wird: Unter der Mitarbeit von 30 führenden deutschen Wissenschaftler*innen wurde ein „Klimaplan“ entworfen, dessen Ziel es ist, Deutschland bis zum Jahre 2035 in die Klimaneutralität zu befördern – damit das Kind noch eine Zukunft hat. Was nach einer utopischen Idee klingt, ist lediglich die Forderung danach, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens wie versprochen einzuhalten.
Dafür wurde noch im Jahre 2019 von „German Zero“ ein Maßnahmenkatalog entwickelt und ein Gesetzespaket soll bereits dieses Jahr folgen. Der Deutsche Bundestag soll dann sukzessive jene vorgelegten Gesetzesentwürfe beschließen – ein ambitioniertes Vorhaben, besonders angesichts der aktuellen Umstände.

Auf einer am 30.04 abgehaltenen Pressekonferenz bezog Heinrich Strößenreuther, Initiator von German Zero und des erfolgreichen Berliner „Volksentscheids Fahrrad“, Stellung hinsichtlich der Komplementarität der Covid-19- und Klimakrisenbewältigung: „Beide Krisen sind exponentiell, zuschauen funktioniert nicht, man muss tatsächlich handeln“, und: „es wird die eine oder andere Abwägung geben“. Fest steht, dass wir an einer Weggabelung angelangt sind:

„Wenn wir jetzt die falschen Mittel in diese Wiederbelebung nach Corona investieren, dann kann es sein, dass sich Strukturen festigen, die wiederum weiter Strukturen zementieren, welche in die die falsche Richtung gehen“, bekräftigt Strößenreuther.

Parallel zur Erarbeitung des Gesetzespaketes startet „German Zero“ nun die „Corona-Klimaversprechen-Kampagne“. Damit die Bürgerinnen und Bürger „ganz direkt von ihren Abgeordneten das Versprechen einfordern können, dass die Milliarden-Pakete für die Bekämpfung beider Krisen genutzt werden: Corona und Klima“. Dazu wurde nun eine Webseite gelauncht, auf der dies ganz unmittelbar ermöglicht wird. „Wir bauen auf unsere Abgeordneten“, so Strößenreuther. Um eine parlamentarische Mehrheit für die Umsetzung des Klimaplans herstellen zu können, benötigt es allerdings einen deutlichen gesellschaftlichen Rückenwind. Um diesen erzeugen zu können, griff „German Zero“ auf die Unterstützung zahlreicher Prominente zurück: Der Musiker Jan Delay, die Komikerin Carolin Kebekus, der Youtuber Rezo und viele weitere sind in einem Video zu sehen, in welchem öffentlichkeitswirksam die Klimaneutralität bis 2035 gefordert wird.

Neben dem klassischen Element repräsentativer Demokratien setzt „German Zero“ auf direkte Demokratie: Deutschlandweit sollen, mit Unterstützung des Vereins, sogenannte „Klimaentscheide“ auf den Weg gebracht werden, die den Klimaschutz auch in den Städten und Kommunen gesetzlich verankern sollen. Ein ökologisches Mammutprojekt – dessen Beginn von der Stadt Essen eingeleitet wird, wo in den kommenden Wochen ein Bürgerbegehren mithilfe einer von „German Zero“ bereitgestellten Software initiiert werden soll. Dieses Tool berechnet, wie verfügbare Mittel durch zielgerichtete Investitionen effizient genutzt werden können. „German Zero“ bietet also auch hier Hausaufgabenhilfe für die Politik an.

Es ist nur zu hoffen, dass dadurch eine „6“ in den Schulfächern Umweltschutz und Dekarbonisierung bis 2035 abzuwenden ist. Schwierig dabei: Allzu oft hört man, dass ein Hilfsangebot häufig kindliche Trotzreaktionen zur Folge hat…

Die „Corona-Klimaversprechen-Kampagne“ ist hier abrufbar.

von Rufus Dahm