Fridays For Future öffnete vielen die Augen. Ein wilder auf fossiler Energie betriebener weltweiter kapitalistischer Wachstumsmarkt bedroht unsere Lebensgrundlagen. Im Meer versinkende Regionen und Megastädte, Stürme und Brände, Verwüstungen unbekannten Ausmaßes! Unsere Wirtschaftssysteme kollabieren. Und damit auch unsere Arbeitsplätze. Unsere Lungen stöhnen unter der geballten Ladung an Luftschadstoffen. Unser Herz-Kreis-Laufsystem ist nicht gemacht, sich ausbreitenden Hitzeperioden um 50 Grad Celsius standzuhalten. Ende 2019 war klar: nichts bedroht mehr unsere Sicherheit als die Klimakrise.

Wer zukunftsfähige Arbeitsplätze will, darf sich nicht an althergebrachten Produktionsverfahren und Produkten festklammern. Regionalisierung der Ökonomie, Energie- und Verkehrswende, Stopp eines ungezügelten und grenzenlosen profitorientierten Wachstums sind überfällig! Auf massiven Druck hin wurden immerhin, aber vollkommen unzulänglich, „Klimapakete“ geschnürt.

2020 verbreitet sich nun mit COVID19 ein neues heimtückisches tödliches Virus in Windeseile rund um den Erdball. Ohne Immunschutz und medizinische Abwehrsysteme droht ein exponentielles weltweites Massensterben, das unkontrolliert die Ausmaße eines Weltkriegs annehmen und zum Totalkollaps unserer Wirtschaftssysteme führen kann.

Die meisten Gesundheitssysteme sind, nicht zuletzt in den westlichen Ländern , kaputtgespart, die Vorbereitung auf Pandemien ist , trotz Vorwarnung, mangelhaft , das internationale wie nationale Krisenmanagement zur proaktiven und konsequenten Eindämmung der Verbreitung des Virus ist aufgrund von Profit- und Konkurrenzinteressen mehr als ineffizient und zögerlich.

Globalisierte Wirtschaft und internationaler Tourismus, die wie Brandbeschleuniger wirken, müssen als erstes gestoppt werden. Lieferketten zerbrechen. Weltweit geraten Handel und Produktion ins Stocken. Region um Region werden weite Teile des sozialen Lebens heruntergefahren. In die bereits vorher aufgeblasene, von Handelskriegen bedrohte und mit Überproduktion kämpfende Wirtschaft und Unternehmen wird Geld ohne Ende gepumpt. Noch gibt es Almosen, um krasseste soziale Verwerfungen kurzfristig abzufedern. Im Fokus der Politik aber stehen schon wieder Startvorteile für den Wiederanlauf im internationalen Wettbewerb. Ein Schuldenberg ohne Beispiel. Wem wird wohl die Rechnung präsentiert? Überall trifft es am meisten immer die Schwächsten und Armen. Die Toten in vielen Armenvierteln der Welt tauchen in keiner Statistik auf!

Auf nachhaltige Konsequenzen aus Politik und Kapital zu vertrauen ist ein Holzweg!

Wird die Bundesregierung angesichts der verheerenden Erfahrungen mit der Pandemie ihren jahrelangen Sparkurs im Gesundheitswesen nun endlich umkehren? Wird sie ihr bisheriges strikt neoliberal profitorientiertes Marktprogramm ändern? Oder weiter Krankenhäuser schließen, weiter Personal reduzieren, mit miesen Löhnen abspeisen und unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen arbeiten lassen? Weiter Medizinische Produkte in Billiglohnländern produzieren lassen und im Krisenfall für eine 10 Cent Maske 10 Euro aus öffentlichen Geldern bezahlen? Ich befürchte ja. Die jetzt beschlossenen Sonderboni bis maximal 1000 Euro für bestimmte systemrelevante Berufe ändern an der langfristigen Hungerbezahlung gar nichts. Bundesgesundheitsminister Spahn wird alles tun, dass wir bei der nächsten Krise nicht mehr relativ besser dastehen als unsere Nachbarländer. Selbst jetzt in der Krise wird an der Schließung von Krankenhäusern festgehalten. Gleichzeitig wird er uns für jede kleine Maßnahme im Gesundheitsschutz zur Kasse bitten. Das hat er bereits angekündigt. Denn Geld aus dem Vermögen der Großprofiteure oder zum Beispiel aus einem rapide steigenden Militärhaushalt bleiben Tabu.

Und wird die Bundesregierung irgendetwas tun, dass die aktuellen Milliardenzahlungen an die Unternehmen zu verpflichtenden Investitionen zur Bewältigung der Klimakrise eingesetzt werden? Oder wird mit Verweis auf die extreme Wirtschaftslage mit öffentlichen Geldern nur Kapital auf Teufel komm raus gerettet?

Auch hier befürchte ich ja! Schon mehren sich die Stimmen, die bisherigen Klimapakete seien kaum mehr finanzierbar. Zugunsten der deutschen Automobilindustrie soll mit staatlichen Zuschüssen der Individualverkehr turbobeschleunigt neu angeschoben werden. Absolut gleichgültig bei dieser Förderung, ob die Antriebsart klimafreundlicher ist . Im Juli dieses Jahr geht mit Datteln 4 ein weiteres Steinkohlekraftwerk, eine fossile Dreckschleuder, in Betrieb. Lufthansa und Condor werden quasi von der Allgemeinheit durchgefüttert. Von Auflagen zum Beispiel zur Energiereduzierung ist nichts bekannt. Lediglich um den weiteren Ausbau von Schienen- und Bahnverkehr, geschweige denn um zusätzliche Fördergelder hier, ist es merkwürdig still geworden!

Sicherheitspolitik für Gesundheit und Umwelt erfolgt bestenfalls nach dem Feuerwehrprinzip. Es wird gelöscht, wenn der Großbrand da ist! Alles andere verkümmert hinter Kapitalinteressen. Wer auf nachhaltige Konsequenzen aus Politik und Kapital vertraut, ist auf dem Holzweg. Ein gesellschaftlicher Kurswechsel gegen ein krankes kapitalistisches System ist überfällig! Ob Gesundheit, ob Umwelt, soziale Gerechtigkeit: wir müssen es selbst in die Hand nehmen !

Für das Militär geht alles, für Umwelt und Gesundheit wenig bis gar nichts!

Auf der Website der Bundeswehr heißt es „…mit der Trendwende Finanzen wurde 2015 die Abkehr vom Sparkurs eingeleitet. „Seitdem stieg der Militäretat um ein sattes Drittel. Bundesaußenminister Maas beteuert mitten in der Coronakrise: Am 2 Prozent Ziel werde eisern festgehalten. Der Militärhaushalt steigt also überproportional weiter. Genau umgekehrt zum Kahlschlag im Gesundheitsbereich oder zum Bahnverkehr. Ist Russland, dass gerade mal 10 Prozent der Rüstungsausgaben der Nato ausgibt, soviel bedrohlicher als die anrollende Klimakrise oder die uns aktuell heimsuchende Pandemie? Und auch sonst: während der Blumenladen um die Ecke dicht gemacht wird, wird in der Rüstungsindustrie ungebremst weiterproduziert. Lieferkettenprobleme? Laut Chef von Krauss Maffei sind alle systemrelevanten Teile – anders als bei Medikamenten oder Schutzausrüstung – inländisch verfügbar. Allein der Bundeswehr werden Großveranstaltungen über 1000 Teilnehmer jetzt mitten in der Krise erlaubt. Military First? Für unsere Sicherheit? Oder doch eher für hegemoniale Ziele und ein Spiel mit dem Feuer?

Wir fordern Kurswechsel jetzt! Für unsere Sicherheit!

Investieren in Gesundheit und Umwelt statt in Aufrüstung und Militär!

Allgemeinwohl vor Kapitalwohl bedeutet immer auch bessere soziale Sicherheit!

Rede von Peter Vlatten auf der Abschlusskundgebung des AK Internationalismus IG Metall Berlin am 1.Mai 2020.
Übernommen von Arbeitkreis Internationalsimus IG Metall Berlin