Aufklärung tut not! Das Universallexikon des bibliographischen Instituts Leipzig beschreibt die Lobby als ein „System, mit dessen Hilfe Interessensgruppen großer Industrieunternehmen und Banken, Unternehmensverbände mit Hilfe ihrer Beauftragten – den Lobbyisten – Einfluss auf Entscheidungen des Parlaments und der Regierung nehmen“. Wikipedia erklärt den Begriff in ähnlicher Weise. Er leitet sich aus dem englischen, von den Wandelhallen der Parlamente oder Empfangshallen der Hotels her, wo die Treffen stattfinden. In Diderots 17 Bändige Enzyklopädie von 1751 ist er noch nicht enthalten.

Der Erfolg der Lobbyisten hängt von frühzeitigem Wissen über Gesetzesvorhaben der Parlamente und Regelungsabsichten der Regierungsstellen ab, aber auch von der Stärke der Unternehmen, bestehende Gesetze zu novellieren. So wurde beispielsweise per Gesetz in den letzten Jahrzehnten auf Druck der Lobby die Steuerlast der Unternehmen reduziert, risikoreiche Hedgefonds-Geschäfte zugelassen, die Leiharbeit eingeführt, die Hartz-Gesetze verkündet, Steuervermeidungsmodelle der Großen ermöglicht. Ab Januar 2018 ist die neue Finanzmarktrichtlinie Mifid II in Kraft (Berliner Zeitung 12.01.2018). Soziale Auswirkungen solcher Gesetzesänderungen und ihre ökologischen Folgen gehören nicht zur Philosophie der Lobby. Sie verfolgt die reine Geldvermehrung der Unternehmen und Banken im Nettoausdruck.

Zu beachten: Die heutige Welt befindet sich im Zeitalter des Neoliberalismus. Das heißt, alle staatlichen Beschränkungen, die auf die Kapitalverwertung negativ wirken, sollen ausgeschaltete werden, alle Freiheiten der Kapitalverwertung. Im Gegenzug steht eine Austeritätspolitik im Lohnbereich, der Bildung, der öffentlichen Infrastruktur. Das Kernwort lautet Deregulierung.

Wie ein Myzel ist sie in das Tagesgeschäft des Parlaments und in die oberen Chargen der Regierungsverwaltungen eingedrungen. Das Internet vermeldet, dass in Berlin etwa 5000 bis 6000 Lobbyisten registriert sind. Allein 709 besitzen einen Tagesausweis zum freien Betreten der Parlamentsräume. Das entspricht je einer pro Abgeordneter des Bundestages.

Dank des Vereins LobbyControl mit Sitz in Köln und eines Gerichtsverfahrens in Berlin, erhält die Öffentlichkeit erneut Einblick in eine Facette der Arbeitsweise der Lobby. Die Vereinigung der Deutschen Apothekerverbände (ABDA) versucht eine gesetzliche Neuordnung in ihrem Sinne zu beeinflussen. 26.550 Euro sollen geflossen sein (Berliner Zeitung vom 05.01.2018). Die Staatsanwaltschaft untersucht den Fall seit 2013. Es war aufgefallen, dass ein IT-Spezialist die E-Mail-Postfächer der Staatssekretäre im Gesundheitsministerium 40-mal „abgefasst“ hat.

Informationen sind die Essenz der Lobby, konkret der Wert, den Informationen enthalten. Zu erinnern sei, dass der reichste Mann der Welt, Bill Gates, sein Vermögen mit Informationen, ihren Verkauf und mit ihrer Übertragung begründet hat. Das rückt auch ins Blickfeld, dass die Hauptquelle des Gewinns gegenwärtig nicht mehr die Verarbeitung materieller Rohstoffe (Erze, Erdöl, Chemierohstoffe etc.) ist, sondern Informationen. Das Problem: Informationen sind an menschliche Träger gebunden und sie können von Interessen beeinflusst werden. (Prof. Dr. B. Krause. 12. Leibniz Konferenz, „Kognitionstechnologien“).

Der Lobbyismus wird dann zum gesellschaftlichen Problem, wenn „Brüder im Geiste“ zusammentreffen. Die Korruption hat immer zwei Seiten. Sie wird befördert von laschen Verwaltungsregelungen und fehlender Innenrevisionen.

Für die Unternehmen ist es ärgerlich, wenn aus den Fällen der Ruf und die Marke geschädigt wird.

Der Volkswagenkonzern und auch Bayer/Monsanto (Glyphosat) wandern dank der investigativen Journalisten auf schmalen Pfaden.

Zwischen Lobbyismus und Korruption steht kein Gleichheitszeichen. Aber beide kommen aus der gleichen Schublade der Unmoral, insbesondere die Rüstungs- und die Lobby im Gesundheitswesen. Gute Facetten hat sie in ihrer Beratungsfunktion sowie in der Sorge der Unternehmen auch noch langfristig zu bestehen und Arbeitsplätze zu erhalten.

Nicht alles was theoretisch gesellschaftliche Probleme hervorbringt, sollte prophylaktisch gesetzlich verboten werden. Das könnte den Fortschritt in der Wirtschaft erstarren lassen. Aber es gibt Moralnormen außerhalb der Gesetze. Ihre öffentliche Debatte und ihre Thematisierung wäre hilfreich. Auch Moral kennt Grenzen.

Der Volkssouverän wählt gemäß dem Wertekanon der westlichen Welt in Deutschland alle 4 Jahre die politische Zusammensetzung des Parlaments. Die Lobby beeinflusst die Gesetzespolitik aber täglich. Solche Ungleichgewichte beschädigen die Demokratie.

Der Bundestagspräsident führt eine Lobbyliste. Der gegenwärtige war vor seinem Antritt als Finanzminister in einen Korruptionsfall mit schwarzen Kassen verwickelt. Der verstorbene Bundespräsident ebenfalls. Dieser verweigerte bis zum Ableben beharrlich, die Namen seiner Geldanbieter zu benennen. Der gegenwärtige stellvertretende Vorsitzende der Liberalen vertrat als verteidigender Rechtsanwalt große Steuersünder einer „cum ex“-Manipulation (Dividendenstripping) in einem Prozess. Das alles sollte Grund genug sein, per Gesetz die Lobby aus Parlament und Regierung fernzuhalten. Gewinner wären die Demokratie und die offene humanistisch geprägte Gesellschaft.

Der geläuterte ehemalige Generalsekretär Heiner Geißler (Sapere aude!, nutze Deinen Geist, Ullstein Verlag) und der jetzige Papst (Franziskus, To Go, Verlag Neues Leben) gehen an die Wurzeln moderner Probleme. Geißler begründet ausführlich, warum wir eine neue Aufklärung brauchen und Vernunft walten lassen sollten.

Der Zukunft verpflichtete Wissenschaftler aus Politik, Philosophie, Wirtschaft werden dringend gebraucht. Keine Bewahrer mit einem blinden Auge in Richtung humanistischer Werte. Es gibt Hoffnung. Der Humanistische Verband Berlins hat im Januar dieses Jahres den Status der Gemeinnützigkeit erhalten.