Die Gesellschaft für bedrohte Völker nimmt den „Internationalen Tag der indigenen Frau“ (5. September) zum Anlass, um auf das Schicksal der Mapuche-Heilerin Francisca Linconao in Chile aufmerksam zu machen, die sich furchtlos für die Rechte ihres Volkes einsetzt und die unschuldig vor Gericht steht. „Die Mapuche–Heilerin Francisca Linconao hat sich als erste indigene Frau 2009 gegen einen mächtigen Holzkonzern durchgesetzt und ist seitdem mit haltlosen Beschuldigungen konfrontiert“, berichtete die GfbV-Referentin Yvonne Bangert am Montag in Göttingen. „Jetzt ist sie ist mit zehn weiteren Mapuche angeklagt, für den Tod des Grundbesitzerehepaares Luchsinger–MacKay verantwortlich zu sein, obwohl sie 2013 in dem gleichen Fall bereits freigesprochen wurde. Zwar ist dann plötzlich ein angeblicher Kronzeuge aufgetaucht, doch der hat längst widerrufen.“ Der „Internationale Tag der indigenen Frau“ wird seit 1983 vor allem in lateinamerikanischen Ländern gefeiert

Linconao will ihre Unschuld beweisen und so die Willkür der Behörden anprangern, der viele Mapuche ausgesetzt sind. Die GfbV befürchtet, dass bei ihrem Prozess das berüchtigte Antiterrorgesetz angewendet wird. Dieses „Ley 18.314“ stammt noch aus der Zeit der Willkür-Justiz unter Pinochet. So lässt er kaum überprüfbare anonyme Zeugenaussagen zu und schreibt drakonische Strafen vor. Der 61 Jahre alten Machi – so werden Heiler bei den 1,5 Millionen Mapuche in Chile genannt – drohen bis zu 40 Jahre Haft. Die GfbV setzt sich für die Abschaffung des „Antiterrorgesetzes“ ein.

Bisher ist nicht einmal die Anwesenheit der Machi am Tatort belegt. Der Kronzeuge Jose Peralino sagte aus, dass er unter Druck gesetzt worden sei, eine Erklärung zu unterzeichnen, mit der die Schuld der insgesamt elf Angeklagten bewiesen werden sollte. Der Prozess, bei dem die GfbV mit ehrenamtlichen Beobachtern vertreten ist, hat am 21. August 2017 begonnen.

Mehrfach hat sich die GfbV bei den chilenischen Behörden dafür eingesetzt, dass die Machi einen fairen Prozess bekommt und den Beginn des Verfahrens im Hausarrest abwarten kann. Mehr als 1000 Unterzeichner unterstützten Anfang 2017 diesen Appell der Menschenrechtsorganisation. Die Machi hatte in einem wochenlangen Hungerstreik in der Weihnachtszeit 2016 gegen ihre Gefängnishaft gekämpft und durfte im Januar 2017 tatsächlich nach Hause. Zuvor war sie mehrfach durch Gerichtsbeschlüsse zwischen Haftzelle und Hausarrest hin- und hergeschickt worden. Diese Zeit hat sie sehr krank gemacht. Bis heute hat sie sich davon nicht erholt.

Der „internationale Tag der indigenen Frau“ entstand in Bolivien zum Andenken an Bartolina Sisa, eine Aymara, die im 18. Jahrhundert indigene Kämpfer gegen die spanische Conquista anführte und am 5. September 1782 in der bolivianischen Hauptstadt La Paz getötet wurde.

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