Afghanistan ist kein sicheres Land

Artikel von Meide Wolt, erschienen in Beobachter News

Auf dem Stuttgarter Schlossplatz kamen am Samstag, den 22. Oktober, über 1000 Menschen zusammen, um gegen Abschiebungen nach Afghanistan zu protestieren. Afghanische Geflüchtete hatten die Kundgebung unter dem Motto „Afghanistan ist kein sicheres Land“ organisiert, um gegen 40.000 geplante Abschiebungen zu demonstrieren. In Hamburg, Düsseldorf und Reutlingen gab es dazu am selben Tag Demonstrationen.

„Keine Abschiebungen – Gerechtigkeit“ riefen die Menschen, die in dichten Kreisen auf dem Stuttgarter Schlossplatz um ein Redner_innenpult standen – ihre Transparente und Fotos in die Kameras haltend. Auf vielen Fotos ist das Bild von Innenminister Thomas de Maizière zu sehen, wie er mit Schutzweste und Stahlhelm von Soldaten bewacht in Afghanistan aus einem Hubschrauber steigt.

Für viele fast ein Todesurteil

Viele Kundgebungsteilnehmer_innen zeigten auf das Bild und sagten „Afghanistan ist nicht sicher“. Elena Smith, die als Dolmetscherin die Geschichten vieler Geflüchteter angehört hatte, klagte über einen Deal der Geberkonferenz Anfang Oktober in Brüssel. 15 Milliarden Euro Entwicklungshilfe seien der afghanischen Regierung zugesichert worden. Im Gegenzug solle das Land allein aus Deutschland 40 000 Geflüchtete aufnehmen.

„Für viele ist es fast ein Todesurteil, abgeschoben zu werden“, beschreibt Smith die Situation. Denn weite Teile des Landes würden von Taliban oder IS-Kämpfern kontrolliert. Masouma Torfa von Start (Students & Refugees together) sagte dazu in ihrer Rede: „Wir können nicht davon ausgehen, dass die Sicherheit zurück nach Afghanistan kommen wird, solange werden wir nicht zurückgehen“.

Gegen Abschiebung in jegliches Land

Sean McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg zitierte in seiner Rede aus der Reisewarnung des Auswärtigen Amts: „Der Aufenthalt in weiten Teilen des Landes bleibt gefährlich“. Die Menschen könnten sich nicht auf die EU verlassen und brächten jetzt ihre Rechte selber auf die Straße, so McGinley. Die Bundesregierung fördere die „Disharmonie“ unter Geflüchteten. Es müsse daher gemeinsam gegen alle Abschiebungen in jedes Land gekämpft werden. McGinley erklärte gegenüber Beobachter News, dass die Initiative für die Kundgebung von Geflüchteten ausging. Der Flüchtlingsrat habe dann lediglich Logistik und Infrastruktur zur Verfügung gestellt.

Für Begeisterung unter den Demonstrationsteilnehmer_innen sorgte der Auftritt von Shekib Mosadeq. Der Musiker erreicht in Afghanistan tausende Menschen mit seinen Liedern, in denen er unter anderem die afghanische Regierung kritisiert und das Sterben im Mittelmeer thematisiert.

Über eine Millionen Flüchtlinge in Afghanistan

Heike Hänsel von der Partei Die Linke machte in ihrer Rede die Bundesregierung verantwortlich für die Kriegspolitik in Afghanistan. Die Regierung habe die korrupte Regierung selbst unterstützt. Es gebe in dem Land schon über eine Millionen Flüchtlinge. Es sei daher unverantwortlich, weitere hinzuschicken.

Herr Isondas vom Zentralrat der afghanischen Hindus und Sikhs machte in seiner Rede auf die Gruppen religiöser Minderheiten der Hindus und Sikhs aufmerksam. Diese würden „schon seit 5000 Jahren gesellschaftlich diskriminiert“. Der Zentralrat fordert einen Abschiebestop für Hindus und Sikhs. Die Kundgebung auf dem Schlossplatz hatte mit der Verlesung eines Gebets aus dem Koran begonnen.

Der Originalartikel kann hier besucht werden