“Wann habt ihr das letzte Mal mit Freude abgestimmt? Klar: Podemos [Wir können]!” Foto entnommen aus dem Facebook-Account von Podemos.

Dieser Artikel geschrieben von Elena Arrontes und übersetzt von Nina Beyerlein ist am 23.06.2014 auf GlobalVoices erschienen.

Für Spanien war es das Großereignis der Europawahlen: Der siegreiche Druchbruch im Polit-Panorama von Podemos, zu Deutsch “Wir können”. [Podemos betreibt eine Facebookseite [es] und twittert auf Spanisch.]

Podemos ist eine politische Formation, die vier Monate vor der Wahl gegründet wurde und deren Vorsitz der charismatische Pablo Iglesias, Profesor an der Universität Complutense Madrid, innehat. Mit seinem Wahlprogramm schaffte es Pablo Iglesias, sich als vierte politische Kraft des Landes zu positionieren. Darin griff er die wichtigsten Forderungen der verschiedenen sozialen Bewegungen auf, die sich aus den Protestwellen gegen die Sparpolitik herausgebildet haben.

Pablo Iglesias| Bild: #15Mpedia

Die Ergebnisse der Europawahlen vom 25. Mai 2014 lassen sich auf der politischen Landkarte des alten Kontinents abbilden, wobei sich die Stimmenthaltungen sowie der Aufschwung rechtsorientierter Nationalparteien deutlich abzeichnen. In Ländern wie Frankreich, wo die Nationale Front als Sieger hervorging, die Niederlande, wo die antimuslimische Partei an Bedeutung gewann und in Dänemark, Finnland, Italien und Ungarn, wo uns hinsichtlich des Anstiegs der Extremisten ein desolater Anblick geboten wird.

In Spanien ist nun das Zweiparteiensystem in eine Krise geraten, die es so noch nicht gegeben hat und dass, obwohl die konservative Volkspartei Partido Popular wieder die meisten Stimmen in dieser Europawahl einholen konnte und auch die Spanische Sozialistische Arbeiterpartei weiterhin als zweitstärkste Partei des Landes hervorgehen. Zum ersten Mal in der Geschichte der spanischen Demokratie haben die zwei Mehrheitsparteien zusammen gerade so die Hälfte der Summe aller Wählerstimmen. Das ist eine Lektion, die vor allem hinsichtlich der Parlamentswahlen wichtig wird, die im kommenden Jahr auf der iberischen Halbinsel abgehalten werden.

“Bei Podemos sind die Konten klar und transparent”. Foto entnommen von der Facebookseite von Podemos.

Aus dem Ausruf der empörten Bürger “Ja, man kann” entstand schrittweise der Parteiname Podemos [Wir können]. Die Partei repräsentiert ein ausgereiftes Konzept aus den Protesten und den neuen Ideen, von denen Spaniens Straßen in den letzten Jahren eingenommen wurden. Obwohl ihr Anführer das Erbe jener “Bewegung der Empörten” zurückweist, lässt sich die enge Verknüpfung zwischen der Flut an Krisenprotesten und der neuen Partei fast nicht leugnen. Zu den bekanntesten Vorschlägen dieser jungen aber potenten Partei gehören ein gesetzlicher Höchstlohn sowie eine universelle Basisrente, ein früheres Renteneintrittsalter, die Herabsetzung der Arbeitszeit auf eine 35-Stunden-Woche und der verstärkte Schutz von Arbeitnehmern, unter anderem ein verbesserter Kündigungsschutz.

Im Mittelpunkt des Wahlprogramms stehen die Abkehr von der Sparpolitik, wie sie bisher von den verschiedenen Regierungsparteien betrieben wird, die Verstärkung und Erweiterung der Bürgerrechte hinsichtlich einer partizipativen Politik, Bildung-, Wohnungs- und Gesundheitswesen sowie der Kampf gegen die Korruption. Die Bürger haben diese Maßnahmen in den Urnen, den Straßen und im Internet tatkräftig unterstützt.

Ein Schlüssel zum Erfolg dieser Partei [es], die an jenem Wahlsonntag 11,29 Prozent aller Stimmen erhielt, ist deren Bürgernähe. Verglichen mit den großen Parteien, ist die – durch mehrere Crowdfounding-Kampagnen finanzierte – Partei Podemos, diejenige mit den meisten Anhängern in den sozialen Netzwerken: Mehr als 189.000 Anhänger im Vergleich zu 141.000 Anhänger der konservativen Partido Popular und 140.000 der Sozialdemokraten und das angesichts des erst kurzen Bestehen von Podemos.

Mit dem Hashtag #Podemos25M kommentierte die Twittergemeinde diese spanische Überraschung des europäischen Urnengangs. Einige wagten es sogar, Prognosen abzugeben:

#Podemos25M wurde unterschätzt. Genauso, wie sie die 15M-Bewegung unterbewerteten. Ihr werdet sehen, wie sie jetzt auf den Paternalismus zurückgreifen werden, um ihnen Ratschläge zu erteilen.

Andere drückten ihre Erwartungen am Wahlsonntag aus:

Ich fühle mich als Bürgerin verwirklicht. Heute, mehr denn je, können die Dinge anders werden, heute, mehr denn je #Podemos25M

Hace una mañana preciosa para ir a votar a #Podemos25M con la mayor ilusión en muchos años pic.twitter.com/Aywmw8mzc2

— Domingo Carabajal (@doming745) Mayo 25, 2014

Was für ein wunderbarer Morgen um #Podemos25M zu wählen, mit der größten Hoffnung seit vielen Jahren. pic.twitter.com/Aywmw8mzc2

Während andere ihr Wahlerlebnis schilderten:

Ein über 70 Jahre alter Mann blieb vor mir stehen, den Blick auf den Wahlschein gerichtet, sagt er zu mir: Klar, “können wir”… #Podemos25m

Heute tragen wir unsere Empörung zu den Urnen, ich hoffe, dass man auf diesen Tag als den Anfang vom Ende des Zweiparteiensystems zurückblicken wird. #Podemos25M 🙂

Die Unterstützung, die Podemos bei den Wahlen und durch die Sozialen Medien bekam, hat der Partei fünf Sitze im Europaparlament eingebracht – ein überraschendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass die Formation weder Mittel noch Erfahrung aufweisen kann. Jetzt werden die Bürger und die rivalisierenden Parteien die ersten Schritte von Podemos mit der Lupe beobachten, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene.