Am 18. Oktober 2025 fand ein historischer Moment statt. In Quebec City versammelten sich dank des Engagements der Koordinierungsstelle von Quebec für den Weltmarsch der Frauen sowie zahlreicher anderer Gruppen knapp 20.000 Menschen (hauptsächlich Frauen) auf der Straße. Am selben Tag erfolgten fast zeitgleich in mehreren Städten rund um den Globus feministische und ökofeministische Aktivierungen, die verdeutlichen, dass diese Kämpfe weder Sprache noch Grenzen kennen; dass wir immer noch weiter marschieren, solange es nötig ist.

von Claudia Santibanez, Mobilisierungsbeauftragte bei „Mütter an vorderster Front“

1995 marschierten 800 Frauen auf den Straßen von Québec und forderten „Brot und Rosen“. Dreißig Jahre später erheben sich Mütter an der Seite der First Nations, den Hütern der angestammten Gebiete, gegen kapitalistische Projekte, die damit drohen, ein Drittel der öffentlichen Wälder der Industrie zu überlassen. Diese Beständigkeit der Kämpfe ist kein Zufall: Sie offenbart die Herausbildung eines dekolonialen Ökofeminismus, der soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung der Frauen, Umweltschutz und die Anerkennung der Rechte indigener Völker untrennbar miteinander verbindet.

Ausgehend von derselben transformativen Erfahrung von „Brot und Rosen“ im Jahr 1995, findet der Weltfrauenmarsch seine Wurzeln auf diesem Nährboden des feministischen Engagements in Québec, getragen vom Frauenverband von Québec und inspiriert von der feministischen Aktivistin und Politikerin Françoise David. Dieses neue Bewegung war damals ein greifbarer Beweis für die Stärke der Bürgermobilisierung, insbesondere die der Frauen, eine Stimme, die bisher in Québec kaum wahrnehmbar war. Dieser zehntägige Marsch – Brot und Rosen – der Hunderte von Frauen zusammenbrachte, um 200 Kilometer zu Fuß zurückzulegen, trug bereits den Keim einer ökofeministischen Vision in sich – der Forderung nach Brot (Grundbedürfnissen) und Rosen (Lebensqualität, Schönheit, Solidarität und Würde).

Es ist ebenfalls sehr interessant zu beobachten, dass die Entwicklung des Weltfrauenmarsches parallel zu der Bewegung „Mütter an vorderster Front“ perfekt veranschaulicht, wie sich soziale Bewegungen an die Herausforderungen ihrer Zeit anpassen. Während die Marschteilnehmerinnen von 1995 wirtschaftliche Gerechtigkeit und soziale Würde forderten, dehnen die Mütter an vorderster Front heute diese Vision aus, indem sie die Zukunft des Lebens, der Kinder und der Natur als grundlegende Kämpfe für das Überleben der ganzen Menschheit mit einbeziehen.

Diese Entwicklung ist gewiss kein Zufall. Sie findet ihren Ursprung in einem neuen und intensiven Verständnis der Intersektionalität von Unterdrückungsformen. Der Ökofeminismus seinerseits verdeutlicht, wie „die Umweltkrise Frauen unverhältnismäßig stark betrifft“[1]; insbesondere Frauen, die Opfer einer rassistischen Diskriminierung sind, indigener Herkunft und in Armut leben. Diese Erkenntnis um die zentrale Bedeutung hat zur Entstehung einer Pan-Québec-Bewegung geführt, die es ablehnt, Kämpfe zu spalten, und die sich in nur fünf Jahren des Bestehens mit großen Schritten weiterentwickelt hat, indem sie sich immer wieder an dieses erneuerte Verständnis des Ökofeminismus sowie an dessen Entwicklung innerhalb der Kämpfe und Gemeinschaften angepasst hat.

Die Begegnung zwischen dem Weltfrauenmarsch und der Initiative „Mütter an vorderster Front“ weist auf eine hoffnungsvolle Zukunft für Québec und darüber hinaus. Dieses Bündnis macht deutlich, dass die Klimakrise untrennbar mit Geschlechterungleichheiten verknüpft ist, dass Umweltschutz von der Emanzipation der Frauen getragen wird und dass Mütter als Hüterinnen des Lebens in dieser Transformation eine zentrale Rolle einnehmen.

Außerdem steht dieses Zusammenlaufen der Kämpfe mit einer umfassenderen dekolonialen ökofeministischen Sichtweise in Verbindung, zumal die Mehrheit der Ökofeministinnen in Québec neben der Notwendigkeit, unsere „sozialen Bewegungen zu entkolonisieren“[2], auch von einem Wunsch nach Integration getrieben ist. In diesem Sinne setzt sich der Ökofeminismus dafür ein, feministische und ökologische Kämpfe zusammenlaufen zu lassen, indem er eine neue Wertehierarchie herausstellt, die mit der zahlreicher indigener Völker vergleichbar ist.

Während der Klimanotstand und der sozioökologische Wandel von uns verlangen, dass wir uns wieder auf den Weg machen, wie die Marschteilnehmerinnen von 1995, die Brot und Rosen forderten, müssen wir im Interesse unserer Regierungen ein formelles Versprechen gegenüber unseren Kindern verlangen, um ihnen eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft zu bieten. Der gegenwärtige Ökofeminismus in Québec zeigt uns bereits den Weg, dem wir folgen sollen – kein Kampf kann derart isoliert geführt werden, und wir müssen gemeinsam antreten.

Angesichts vielfältiger Krisen, industrieller Umweltverschmutzung, anhaltender und zunehmender Ungleichheiten, gegenüber Gesetzesentwürfen wie PL 97 und PL C-5[3] haben wir keine andere Wahl, als uns im großen Stil zu mobilisieren, um die Artenvielfalt und die grundlegenden Menschenrechte auf ein würdiges Leben in einer gesunden und sicheren Umgebung für alle zu schützen.

Die Forderungen des Weltfrauenmarsches – Beseitigung der Armut, Beendigung der Gewalt gegen Mädchen und Frauen, soziale Gerechtigkeit; das Recht auf ein Leben in einer gesunden und für Menschen, Gemeinschaften und die Artenvielfalt wertschätzenden Umwelt – bleiben von hoher Aktualität und werden nunmehr durch den anhaltenden Klimanotstand verstärkt.

Dreißig Jahre nach „Brot und Rosen“ befinden wir uns immer noch auf dem Weg, die Welt zu verändern und die Botschaft ertönt lauter denn je: „Man muss den Mut finden, auf den Kaiser zu zeigen, der keine Kleider trägt! Auch wenn der Finger manchmal auf uns selbst zeigt.[4]

Quelle: L’autre Journal, Montréal, Québec

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!


[1] Vandana, Shiva, Ökofeminismus, 1993
[2] Casselot, Marie-Anne, Die Ökofeminismen: ein intersektioneller Anstieg, Nayla Naoufal, Die Zeitschrift für Frauen, Januar 2020
[3] Bill 97, An Act mainly to modernize the forest regime (Provinz Québec)
Bill C‑5, An Act to enact the Free Trade and Labour Mobility in Canada Act and the Building Canada Act
[4] Mollen-Dupuis, Melissa, 30. August 2025