In einer Galerie in Oaxaca/Mexiko lernen wir Yili Rojas und Joselyn López kennen, die gerade aus Berlin gekommen sind, um das Projekt „Frauen porträtieren Frauen“ zu präsentieren. Da wir nicht nur das Projekt, sondern auch die dahinterstehende Organisation „Frauen machen Druck“ spannend fanden, besuchten wir auch deren Grafik-Workshop in Berlin-Kreuzberg.
Es ist Donnerstagabend, und die Galerie “La Productora Gráfica del Bosque” lädt zur Vernissage ein. Interessant ist, dass auf dem Plakat der Titel der Ausstellung „Mujeres retratan mujeres“ auch auf Deutsch erscheint. Deshalb gehen wir zur Ausstellungseröffnung, wo wir Yili Rojas kennen lernen, die gerade aus Berlin angereist ist. Denn „Frauen porträtieren Frauen“ ist ein Projekt des in Neukölln ansässigen Vereins „Frauen machen Druck“. Bei dem Projekt geht es darum, dass sich migrantische Frauen untereinander mit Linolschnitten porträtieren. Wichtig ist dabei auch, ein Netzwerk der Solidarität und gegenseitigen Unterstützung aufzubauen. Zwei Wochen lang werden die Porträts der 60 in Berlin lebenden Frauen erstmalig in Lateinamerika ausgestellt. Ergänzt werden sie von ihren Geschichten, die von Migration und Flucht erzählen. Den Dialog, zu dem es während des künstlerischen Prozesses kommt, beschreibt Yili als gegenseitiges Befragen, um Erfahrungen auszutauschen und die anderen Frauen lieben zu lernen: als Freundinnen, Schwestern oder Inspiration.
Als ich mir die Porträts anschaue, glaube ich eine der anwesenden Frauen zu erkennen. Sie heißt Joselyn López, ist Mexikanerin und lebt ebenfalls in Berlin. Joselyn ist zusammen mit Yili für die Ausstellung nach Oaxaca gekommen. Das Netzwerk „Frauen machen Druck“ hat López während eines Studienprojektes kennengelernt. Dass sie dabei auch noch Linolschnitt lernen und von einer anderen Frau porträtiert werden würde, war ihr anfangs nicht klar. Als sie kurz vor der ersten Ausstellung ihr Porträt zu sehen bekam, war López überwältigt. Die Präsentation des Projektes in Oaxaca geht allerdings noch einen Schritt weiter. „Frauen machen Druck“ sucht den Dialog mit dem mexikanischen Publikum, wie uns Aidee Nucamendi, die Leiterin der Galerie “La Productora Gráfica del Bosque” erklärt. Sie wurde nämlich eingeladen, am Projekt „Frauen porträtieren Frauen“ teilzunehmen. Es gab dann eine Videokonferenz mit Frauen aus Oaxaca, die einen Beitrag leisten wollen. Jetzt beginnt die dritte Etappe, in der festlegen wird, wer wen porträtiert. Später werden die Vorlagen nach Berlin geschickt und dort gedruckt.
Wöchentlicher Grafikworkshop in der Schokofabrik in Berlin Kreuzberg
Sechs Monate später in Berlin. Im Herzen Kreuzbergs, nicht weit entfernt vom Mariannenplatz, befindet sich die Schokofabrik. Hier treffen sich „Frauen machen Druck“ zu ihrem wöchentlichen Grafikworkshop. Den wollten wir natürlich kennenlernen, doch nur ich kann teilnehmen. Denn Männer sind auf Veranstaltungen in dem als Projekt der feministischen Frauenbewegung entstandenen Frauenzentrum nicht willkommen.
Der Raum, der einmal die Woche zum Druckwerkstatt wird, wirkt einladend. Ich treffe auf mehrere Frauen, die sich in verschiedenen Sprachen unterhalten, ihre Geschichten, Gefühle und ihr Wissen miteinander teilen. Es macht Mut zu sehen, dass es solche Orte gibt, die es ermöglichen, sich einer anderen Kultur anzunähern und eine fremde Sprache zu lernen. Marcela Rodríguez Castañeda ist Kolumbianerin. Seit fünf Jahren versucht sie, sich in Berlin einzuleben. Sich zu integrieren fiel ihr schwer, war wie ein kompletter Neuanfang. „Frauen machen Druck“ ist für Castañeda ein Ort, an nicht nur Kunst gemacht wird, sondern wo auch Leute aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenkommen, um sich auszutauschen. Sie alle eint die Kunst, aber es geht nicht nur um Grafik. Es geht auch darum, sich an einem fremden Ort zu begegnen, sich einer Gemeinschaft anzuschließen.
„Frauen porträtieren Frauen“ entstand im Zusammenhang mit dem Porträt einer Palästinenserin, Fada Iraki. Sie war Großmutter einer der Teilnehmerinnen des Grafikworkshops. Fada lebte als Geflüchtete in Berlin. Sie musste Palästina 1948 wegen des Krieges verlassen. Hier starb sie, ohne ihre Heimat je wiedergesehen zu haben. Die Idee zum Projekt entstand, weil Laila Iraki ihre Großmutter mit einem Porträt ehren wollte. „Deshalb hatte sie sich an uns gewandt, da auch die meisten von uns Migrantinnen sind. Und so begannen wir, uns gegenseitig zu porträtieren“, erklärt Yili Rojas.
„Frauen machen Druck“ geht in die Welt
Und nun reist das Projekt um die ganze Welt, nach Belgien, Ägypten, Mexiko und Brasilien, erzählt Rojas weiter und berichtet von ihren Erfahrungen bei der Präsentation in den verschiedenen Ländern: „Die Druckgrafik ist eine mächtige Kunstform. Das sah ich in São Paulo, wo wir vor Fachpublikum in einer Galerie für Druckgrafik ausgestellt haben. Dasselbe in Oaxaca, in Kairo, vor anderem Publikum, das aber auch tief bewegt war. Der Eindruck, den die Arbeiten hinterlassen haben, ist überwältigend. Das erreicht man nicht mit einer einzelnen Grafik, das schafft nur eine kollektive Arbeit“. Die Kraft, die „Frauen machen Druck“ aus ihrer Arbeit zieht, lässt sie stets neue Projekte anschieben. So wurde vor kurzem ein Buch vorgestellt, und es entsteht gerade ein Kalender. Trotz der vielen Verpflichtungen wird es aber immer Zeit für Frauen geben, die sich anschließen möchten. Alle Migrantinnen, die frisch Angekommenen und die, die schon eine Weile in Berlin leben, sind willkommen. Sie können kommen, um Druckgrafik zu erlernen, ihr Deutsch zu verbessern oder Unterstützung in jeglicher Hinsicht zu finden. Der Grafikworkshop findet donnerstags zwischen 17:00 und 21:00 Uhr in der Schokofabrik in der Mariannenstraße 6 in Berlin Kreuzberg statt. „Frauen machen Druck“ sind auch unter ihrem Namen in den sozialen Medien zu finden und haben eine eigene Webseite: www.frauenmachendruck.wordpress.com.
Den Artikel in spanischer Sprache findest du hier.
Den Bericht über das Projekt gibt es auch um Anhören: auf Deutsch und Spanisch.









