Vom Traum zur gesetzlichen Realität

Die Geschichte eines ethischen Kampfes, der einen Wendepunkt in der Verteidigung der Rechte unserer evolutionären Brüder und Schwestern markierte.

Fast zwei Jahrzehnte sind vergangen, seit eine als utopisch geltende Idee den Funken einer ethischen Revolution in Spanien entzündete. Im Jahr 2006 unternahmen wir vom „Proyecto Gran Simio” (PGS – deutsch: „Projekt Menschenaffen“) zusammen mit Paco Garrido, Philosoph und Abgeordneter sowie Gründer der Parlamentarischen Vereinigung für Tierrechte, und dem Naturforscher Joaquín Araújo einen historischen Schritt, indem wir im Abgeordnetenhaus zum ersten Mal einen Gesetzesentwurf vorlegten, der die Anerkennung der Grundrechte der Menschenaffen vorschlug. Es war ein Tag, den wir nie vergessen werden. Fernsehkameras, Journalisten und nationale Medien füllten die Flure des Kongresses. Es herrschten Spannung, Neugierde, aber auch Ungläubigkeit.

Als wir erklärten, dass Menschenaffen mehr als 98 % ihrer DNA mit uns teilen, dass sie Gefühle haben, sich ihrer selbst bewusst sind und rechtlichen Schutz vor Sklaverei, Missbrauch oder Folter verdienen, schauten uns viele skeptisch an. Die Gesellschaft war nicht bereit, zu akzeptieren, dass Rechte nicht ausschließlich Menschen vorbehalten sind. Was folgte, war eine Welle von Spott und Abwertungen.

Auf dem Bild sind Joaquín Araujo, Paco Garrido und Pedro Pozas bei der Vorstellung des Menschenaffenprojekts im Abgeordnetenhaus im Jahr 2006 zu sehen. (Bild von Pedro Pozas Terrados)

Viele Medien titelten ironisch, dass „Schimpansen das Recht auf Arbeit oder Wahlrecht haben könnten”. Sie machten sich über einen Vorschlag lustig, der eigentlich aus Wissenschaft, Ethik und Mitgefühl entstanden war. Selbst seriöse Organisationen wie Amnesty International, Vereinigungen der Guardia Civil oder LGTBI-Gruppen gaben Erklärungen ab, in denen sie versicherten, dass vor der Gewährung von Rechten für Affen zunächst die Rechte der Menschen garantiert werden müssten. Es wurden echte Ungeheuerlichkeiten gesagt. Doch hinter diesem Medienrummel wussten wir, dass wir einen Samen gesät hatten, der eines Tages keimen würde.

Trotz des Medienrummels wurde der Vorschlag nicht angenommen. Dennoch hallte die Debatte weltweit nach. Zum ersten Mal diskutierte ein nationales Parlament die Möglichkeit, anderen Spezies gesetzliche Rechte zuzugestehen.

Im Jahr 2007 wurde derselbe Vorschlag im Parlament der Balearen vorgelegt. Der Gesetzesentwurf wurde angenommen mit der Absicht, ein spezielles Gesetz zum Schutz der Menschenaffen auszuarbeiten. Es wurden jedoch keine weiteren Schritte unternommen. Das politische Engagement verlor sich zwischen Gleichgültigkeit und Bürokratie.

Bildmontage von Pedro Pozas Terrados.

Ein Jahr später, im Jahr 2008, legte der Abgeordnete Joan Herrera von der Grünen Partei Kataloniens einen weiteren nichtlegislativen Antrag zur Unterstützung des Menschenaffenprojekts vor. Dieser ähnelte dem Antrag von 2006 und wurde diesmal vom Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses unterstützt. Der Vorschlag wurde angenommen und für einen Moment glaubten wir, dass der Weg endlich frei sei. Doch der damalige Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero und die Umweltministerin Cristina Narbona legten ihn in einer Schublade im Regierungssitz La Moncloa ab. Da die Regierung nicht verpflichtet war, einen nichtlegislativen Antrag umzusetzen, kehrte wieder Stille ein. Und mit ihr das Vergessen.

Dieser institutionelle Verrat führte zu Jahren des Schweigens. Ein nichtlegislativer Antrag verpflichtet die Regierung nicht zum Handeln – und so geriet der Vorschlag unter dem Gewicht der Bürokratie und des Desinteresses in Vergessenheit. Doch die PGS vergaß ihn nicht. Die Sache blieb lebendig und wartete auf ihren Moment. Jahrelang kämpften wir weiter – allein, aber mit der festen Überzeugung, dass die wissenschaftliche und moralische Vernunft auf unserer Seite war. Die Gesellschaft begann sich zu verändern, doch die Institutionen blieben taub. Bis ein neuer Wind aus dem Ministerium für soziale Rechte, Verbraucherangelegenheiten und die Agenda 2030 wehte.

Bild von Jeff McCurry / PGS

Als „Podemos“ die Zuständigkeit für das Ministerium übernahm und die Generaldirektion für Tierrechte ins Leben gerufen wurde, spürten wir, dass sich eine neue Chance bot. Von Anfang an zeigte der damalige Generaldirektor Sergio García Torres eine klare Sensibilität für unsere Sache. In zahlreichen Treffen mit ihm und seinem Team brachten wir unseren Vorschlag für ein spezielles Gesetz für Menschenaffen ein und betonten, dass es sich dabei nicht um eine sentimentale Laune, sondern um eine ethische und wissenschaftliche Pflicht handelte.

Die Generaldirektion mit Ruth Manzanares als Schlüsselfigur in der Koordination erkannte die Bedeutung dieses Schrittes. Es wurde beschlossen, das Gesetz über Menschenaffen in die Gesetzesagenda aufzunehmen, obwohl die unmittelbare Priorität darin bestand, das Tierschutzgesetz voranzubringen.

Damals wurde eine Strategie entwickelt, die wir heute als einen unserer größten Erfolge ansehen: die Aufnahme einer zusätzlichen Bestimmung in das Tierschutzgesetz. Diese verpflichtete die Regierung ohne Ausweichmöglichkeit, innerhalb von drei Monaten nach dessen Veröffentlichung ein Gesetz zum Schutz der Menschenaffen auszuarbeiten. Das war unser stiller Sieg, die rechtliche Absicherung, die wir seit Jahren angestrebt hatten.

Bild von Jeff McCurry / PGS

Weder der Kongress noch der Senat wagten es, diese Bestimmung – die vierte Zusatzbestimmung – zu streichen, trotz der Änderungen und Kürzungen, denen andere Teile des Gesetzes unterzogen wurden. Dank des Engagements des Teams der Generaldirektion und der kontinuierlichen Unterstützung durch das Projekt Menschenaffen, das wir mit Beharrlichkeit und Dialog aufrechterhielten, wurde diese Bestimmung schließlich Gesetz.

Kurz darauf fanden allgemeine Wahlen statt. Und obwohl sich die politische Landschaft veränderte, wurde die vierte Zusatzbestimmung im Staatsanzeiger veröffentlicht. Damit war die Verabschiedung eines Gesetzes über Menschenaffen obligatorisch geworden, unabhängig davon, wer regierte. Es war ein entscheidender Schritt, eine Möglichkeit, die Zukunft abzusichern.

Doch die Zeit verging. Mit der neuen Generaldirektion und dem neuen Minister Pablo Bustinduy von der Partei Sumar kam das Gesetz zum Stillstand – ohne Fortschritte und ohne politischen Willen zur Verwirklichung. Da wurde uns klar, dass wir wieder auf die Straße gehen mussten, denn Macht wird nicht abgegeben, sondern muss eingefordert werden.

Marta Esteban, die Präsidentin von Animals Guardians, trieb zusammen mit uns vom Projekt Menschenaffen eine nationale Kampagne zur Wiederbelebung des Gesetzes voran. Zwei Monate lang arbeiteten wir unermüdlich, kontaktierten Verbände, Medien, Juristen, Experten und Bürger. Wir erhielten die Unterstützung von 150 Tierschutz- und Naturschutzorganisationen und sammelten mehr als 73.000 Unterschriften.

Schimpanse Monti im Zoo von Santiago de Estero (Argentinien). Er sollte aufgrund eines von PGS eingereichten Habeas Corpus freigelassen werden. Bevor das Urteil gefällt wurde, wurde er tot aufgefunden. (Bild von Pedro Pozas Terrados)

Der Druck nahm zu. Die Pressemitteilungen erreichten die Medien, die Debatten wurden wieder aufgenommen und nach und nach begann das Ministerium, den Druck der öffentlichen Meinung zu spüren. Parallel dazu erarbeiteten Marta Esteban, Ruth Manzanares und Pedro Pozas Terrados als Vertreter des PGS einen vollständigen Entwurf für das künftige Gesetz zum Schutz der Menschenaffen. Dieser wurde mit Rechtsanwälten und Spezialisten für Tierschutz und Primatenzentren abgestimmt. Das von uns erstellte Dokument zielt auf ein Gesetz mit Seele und Inhalt ab, nicht auf ein bedeutungsloses Gesetz. Es gab auch einen früheren, kürzeren Entwurf, den INTERCIDS 2024 vorgelegt hatte.

Angesichts des wachsenden Drucks sah sich der Minister schließlich gezwungen, ein Treffen mit den am stärksten betroffenen Verbänden einzuberufen. Doch selbst zu diesem Zeitpunkt tauchten Hindernisse auf. So wurden Animals Guardians und das PGS fälschlicherweise (so wollen wir es glauben) zu dem Treffen am Morgen des 16. Oktobers 2025 eingeladen, während die übrigen – darunter die wichtigsten Primatenzentren wie Rainfer, Fundación Mona, Primadomus und das Instituto Jane Goodall – für den Nachmittag einberufen wurden. Vermutlich fanden zwei Treffen mit dem Minister statt.

Bild von Jeff McCurry / PGS

Ich schickte eine E-Mail an die Generaldirektion, um zu fragen, ob es eine Verwechslung gegeben habe. Stunden später erhielten wir eine Antwort, in der sich für den Fehler entschuldigt wurde und in der wir ebenfalls zum Treffen am Nachmittag eingeladen wurden. Gab es eine Intrige, um uns vom Treffen mit dem Minister fernzuhalten? Marta Esteban kontaktierte mit ihrer Gelassenheit und ihrem Engagement direkt die Verantwortlichen der Primatenzentren und schlug vor, mit einer gemeinsamen Position zu erscheinen. Und so taten wir es.

Als wir das Treffen betraten, erwartete den Minister eine Überraschung: Alle Organisationen – von den aktivistischsten bis zu den wissenschaftlichsten – sprachen mit einer Stimme. Wir hatten ein gemeinsam abgestimmtes Dokument mit den wichtigsten Punkten für das Gesetz dabei. Die Überraschung des Ministers war offensichtlich. Vielleicht hatte er erwartet, dass wir uneinig sein würden, doch stattdessen fand er Einigkeit, Reife und ein gemeinsames Anliegen vor.

Dieser Tag markierte einen Wendepunkt. Der Minister verpflichtete sich öffentlich, das Gesetz zum Schutz der Menschenaffen, das den Namen „Jane-Goodall-Gesetz” tragen sollte – zu Ehren einer der Frauen, die weltweit Respekt für Primaten geweckt hat –, voranzutreiben. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatten wir das Gefühl, dass Gerechtigkeit in greifbarer Nähe war.

Diese Geschichte, die vor fast zwanzig Jahren zwischen Spott, Verachtung und Schweigen begann, ist auch eine Geschichte der Beharrlichkeit. Wir haben politische Gleichgültigkeit, verschlossene Türen, Manipulation durch die Medien, enttäuschte Hoffnungen und Versuche erlebt, unsere Stimme zum Schweigen zu bringen. Aber wir haben auch Solidarität, Zusammenhalt und die Kraft von Tausenden von Menschen erlebt, die wie wir glauben, dass Menschenaffen keine Objekte oder Ressourcen sind, sondern Wesen mit Bewusstsein, Emotionen und Würde.

Bild mit freundlicher Genehmigung des Ministeriums für soziale Rechte, Verbraucherangelegenheiten und die Agenda 2030: Am Nachmittag des 13. Oktobers 2025 fand ein Treffen mit dem Minister statt, bei dem Marta Esteban, die Präsidentin der Stiftung Animals Guardians, Pedro Pozas Terrados von Proyecto Gran Simio sowie Vertreter verschiedener Primatenzentren und Zoos anwesend waren.

Jetzt stehen wir vor einer historischen Chance. Wenn dieses Gesetz in seinem wesentlichen Inhalt verabschiedet wird – insbesondere, wenn es die Geburt von Menschenaffen in Gefangenschaft verbietet –, wird Spanien weltweit Vorreiter beim Schutz unserer evolutionären Brüder und Schwestern sein. Es wäre der Anfang vom Ende der Gefangenschaft als Modell und der Beginn eines ethischen und respektvollen Zusammenlebens zwischen den Arten. Das Ende einer Ära der Ausbeutung und der Beginn einer neuen Ära des Respekts, des Wissens und der Freiheit.

Die Anerkennung der Rechte der Menschenaffen ist kein Akt moralischer Schwäche, sondern ein Akt der menschlichen Evolution und evolutionären Gerechtigkeit. Es ist das Verständnis, dass wir nicht allein sind, sondern dass es andere Wesen gibt, die ebenfalls lieben, leiden, lachen, sich erinnern und weinen. Unser Kampf gilt nicht nur ihnen, sondern auch uns selbst, der Menschheit, die wir zu vertreten vorgeben.

Wir fordern mit der Kraft der Vernunft und dem Gewicht der Geschichte, dass dieses Gesetz nicht nur leere Worte sind. Es darf nicht zu einer symbolischen Geste verkümmern. Es muss ein lebendiges, gerechtes und mutiges Gesetz sein, das die Gefangenschaft und Ausbeutung derer beendet, die uns so viel über uns selbst gelehrt haben.

Bild von Jeff McCurry / PGS

Nach so vielen Jahren gehört dieser Kampf nicht mehr nur dem Proyecto Gran Simio oder denen, die ihn begonnen haben, sondern allen Menschen, die verstehen, dass Respekt vor Leben keine Grenzen kennt. Wenn wir erreichen, dass Menschenaffen als nichtmenschliche Personen mit Grundrechten anerkannt werden, als Rechtssubjekte, die von Menschen vertreten werden können, dann wäre das ein riesiger Schritt in unserer eigenen moralischen Entwicklung. Vielleicht ist die Geschichte hier noch nicht zu Ende.

Jeder Sieg für sie ist in Wirklichkeit ein Sieg für die Geschichte der Menschheit selbst.

 

Die Übersetzung aus dem Spanischen wurde von Kornelia Henrichmann vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!