Mark Farner’s Karriere hat im Laufe der Jahrzehnte viele Facetten. Als Gitarrist und Lead-Sänger der Band Grand Funk Railroad schrieb er Geschichte. Wie so oft war es das „schicksalhafte dritte Album“, das ihnen 1970 den Durchbruch brachte. Der Titelsong „Closer To Home“, eine Hymne der Anti-Vietnam-War-Generation, eröffnet mit den berühmt gewordenen Zeilen:

Everybody, listen to me, and return me, my ship
I’m your captain, I’m your captain, although I’m feeling, mighty sick…

Grand Funk spielten in der Folge in ausverkauften Stadien und hatten Welthits wie z.B. „We’re an American Band“. Zweimal löste sich die Band auf, Anfang der 1980er und Ende der 1990er Jahre gab es jeweils kurze Revivals, nach einem unrühmlichen Rechtsstreit zwischen Mark Farner und dem Rest der Band um die Jahrtausendwende macht diese seitdem ohne ihren früheren Frontmann weiter. Mark Farner hatte zwischenzeitlich eine „christliche Phase“, mutierte im Gefolge von 9/11 zum „Patriot Rocker“, hat jedoch im Gegensatz zu seinen früheren Band-Kollegen im Lauf der Jahre immer wieder mal durchaus hörenswerte neue Songs veröffentlicht.

Nun liegt mit Closer To My Home“ der erste Longplayer von Mark Farner seit 2006 vor. Das Cover zeigt eine zweifelhafte Idylle irgendwo im mittleren Westen, „Red, White and Blue“ ist allgegenwärtig. Die Songs indes hinterlassen einen durchaus zwiespältigen Eindruck: Hier beharrt ein alter Rebell starrsinnig auf seinen alten Idealen. Gleich im Eröffnungstrack „Anymore“ bringt Mark Farner auch zum Ausdruck, dass er seinen alten Band-Kumpels vergeben hat. Auch „Friends Forever“ sprüht vor Altersmilde wie überhaupt Farner, in aktuellen Interviews sein Album als Plädoyer für die Liebe definiert, die in unserer Zeit verloren gegangen ist. Kehrt hier also ein Alt-Hippie zu seinen Wurzeln zurück? Diese Antwort kann und soll jede/r für sich entscheiden.

Man kann Farners Aussagen, wie z.B. im Song „Real“ durchaus als Synonym für den aktuellen Zustand der Spaltung Amerikas sehen, indem „gute alte Zeiten“ heraufbeschworen werden: das Gitarrenriff, die Stimme und der Refrain haben Hit-Potential wie in bester Grand-Funk-Manier, der Elefant im Raum wird zwar nie erwähnt, aber er ist gelegentlich doch präsent, wenn es in besagtem Liedtext etwa heißt:

„We used to have freedom, freedom Lord and liberty, yeah
Now we just have taxes, and the state of poverty…“

Gerade dieser Song ist jedoch meines Erachtens auch das beste Beispiel dafür, dass es lohnt, Künstler und Kunstwerk getrennt zu beurteilen. Farner kritisiert hier, wie auch einst auf seinem ersten Solo-Album 1977 (eine Wieder-Entdeckung wert!) das „Social Disaster“ der Vereinigten Staaten von Amerika, ohne jedoch die wahre Ursache, nämlich den Kapitalismus, zu benennen.

Spätestens beim Anhören des letzten Titels des Albums, dem Remake von „Closer To Home“, bestätigt sich einmal mehr: dieser Mann hat Melodien für die Ewigkeit geschrieben, und Fans von Grand Funk (mich eingeschlossen) dürfen weiterhin auf eine Reunion hoffen, handelt es sich doch um eine der wenigen Classic-Rock-Bands, bei der noch alle Akteure am Leben sind…