Österreichische Grüne: Die Umsetzung des EU-Kommissionsvorschlags lässt rechtliche Fragen offen 

Ein Gutachten, das die Grüne Bundestagsfraktion bei der Rechtsanwaltskanzlei GGSC in Auftrag gegeben hat, macht deutlich: Das in der EU-Verfassung verankerte Vorsorgeprinzip – ein Grundpfeiler in der EU-Umweltpolitik – wird durch den Vorschlag der Europäischen Kommission massiv erodiert. Damit verstößt der Kommissionsvorschlag gegen Vorgaben aus dem Vertrag von Lissabon und gegen das Cartagena-Protokoll. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass eine Klage vor dem EuGH Aussicht auf Erfolg hätte.

„Das Vorsorgeprinzip gibt es aus gutem Grund: Es soll Auswirkungen der Neuen Gentechnik auf Gesundheit und Umwelt vorab prüfen und Risiken ausschließen. Wenn das jetzt auf Druck der Agrarlobby fallen soll, wäre das ein Skandal“, betont Clemens Stammler, Landwirtschaftssprecher der Grünen.

Zu den Vorsorgemaßnahmen, die für die neue Gentechnik abgeschafft werden sollen, gehören zum Beispiel die einzelfallbasierte Risikoprüfung, die Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, und die Kennzeichnung von neuen gentechnisch veränderte Organismen (GVO). Darüber hinaus zeigt das Gutachten auf, dass der Kommissionsvorschlag in der Praxis einer Abschaffung des bisherigen Gentechnikrechts gleichkäme. Denn nahezu alle derzeit in Entwicklung befindlichen Gentechnikanwendungen würden unter den weiten Anwendungsbereich der neuen Verordnung fallen.

„Damit fällt auch das nationale Anbauverbot. Gleichzeitig verunmöglicht der Kommissionsvorschlag sinnvolle Koexistenzregeln. Es gibt keine Überwachung der Freisetzung, kaum Kennzeichnungsregeln und keine Vorgaben zur Vermeidung der Auskreuzung auf benachbarte Felder. Es wird also der Bio-Landwirtschaft überlassen, sich zu überlegen wie sie weiterhin die Gentechnikfreiheit gewährleisten kann. Damit kehrt die Kommission das Verursacherprinzip um und setzt mit dem hohen Vertrauen in die Bio-Landwirtschaft einen wesentlichen Eckpfeiler des Green Deal aufs Spiel“, erklärt Stammler.

„Am Ende bleibt der Eindruck, dass die EU-Kommission hier in Windeseile den Forderungen der Agrarindustrie nachgegeben hat. Anders lassen sich die zahlreichen Inkonsistenzen nicht erklären. Wir müssen nun gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament alles daran setzen, die Umsetzung dieses Vorschlags zu verhindern“, fordert Stammler.

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