Margarethe von Trotta zeigt Luxemburg als leidenschaftliche Kämpferin, die von ihrer Liebe für die Menschen und ihrer politischen Vision angetrieben wurde. Nicht zuletzt wegen der Darstellung Barbara Sukowas bleibt der Film dem Zuschauer im Gedächtnis.

Unter den politischen Stimmen im deutschen Kaiserreich sind nur wenige so streitlustig und mutig wie die Rosa Luxemburgs (Barbara Sukowa). Zusammen mit Gleichgesinnten wie dem polnischen Revolutionär Leo Jogiches (Daniel Olbrychski) und dem Sozialisten Karl Liebknecht (Otto Sander) träumt sie von einem Europa des Friedens, der Freiheit und zugleich der Gleichberechtigung.Ihre feurigen aufrührerischen Reden stossen jedoch nicht nur bei den Staatsorganen auf sehr viel Widerstand, denn auch in den eigenen Reihen sind noch längst nicht alle so radikal, wie es Rosa gerne hätte, die ihnen vorwirft, viel zu bequem zu sein und durch die Mitarbeit in der deutschen Politik ihre Verpflichtung gegenüber dem Volk vergessen zu haben. Als es zum endgültigen Zerwürfnis zwischen ihr und den Sozialdemokraten kommt, wird die zur Mitbegründerin des Spartakusbundes, der im Laufe der Zeit zu einem Dorn im Auge der Nationalisten wird, die die „blutige Rosa“ um jeden Preis mundtot machen wollen.

Von den reinen Tatsachen befreien

Rosa Luxemburg gehört zu den bekanntesten Werken von Regisseurin und Drehbuchautorin Margarethe von Trotta, die für ihren Film unter anderem den Deutschen Filmpreis und Gold sowie den Gilde-Filmpreis in Gold entgegennehmen durfte. In einer Einführung zu Rosa Luxemburg erklärt sie, dass sie neben den historischen Fakten auch jene Ebene interessiere, die sich von den reinen Tatsachen entferne, was ihr bisweilen den Vorwurf der „Geschichtsklitterung“ einbrachte. Jedoch ist es gerade dieser Aspekt, der einen Film wie Rosa Luxemburg, vor allem im direkten Vergleich mit heutigen Biopics, anders und interessanter macht, da die Hauptfigur in ihren Konflikten, ihren Widersprüchen und ihren Träumen gezeigt wird, und somit meist nachvollziehbarer für den Zuschauer machen. Auch wenn der Film den ein oder anderen Zeitsprung zurück in die Kindheit und frühe Jugend Luxemburgs wirft, verfolgt die Handlung grob das Leben der berühmten Sozialistin von ihrer Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten, dem Zerwürfnis bis hin zu der Gründung von Spartacus sowie die Ermordung durch die Nazis. Zwischen diesen Ereignissen entsteht das Bild einer Person, für die das Private mit den politischen Zielen einherging und deren Leidenschaft in ihren Reden ebenso zu spüren ist wie in den Affären mit ihren Mitstreitern oder Bekannten.

Das Ungefähre oder vielmehr das Geschätzte, auf das Trotta in dem bereits erwähnten Statement zu sprechen kommt, gibt Luxemburg eine andere Dimension, die betont, wie sehr ihr Leben mit ihrer Vision für die Zukunft verbunden ist. Luxemburg wird zu einer Kämpferin und zu einer Getriebenen, die nicht anders kann als aufbegehren, was den Zuschauer vielleicht nicht unbedingt für ihre politischen Ziele einnimmt, doch vor dem man Respekt hat.

Zwischen Kohlmeisen und Politik

Anstatt mit ausladenden Szenen aufzuwarten, kann man Trottas inszenatorischen Ansatz stellenweise fast schon als Kammerspiel ansehen, was auch der Geschichte Luxemburgs geschuldet ist. Dies hebt den auf die Figur fokussierten Blick hervor und stellt damit die Darstellung Barbara Sukowas in den Vordergrund, die als Rosa Luxemburg eine der besten Leistungen ihrer Karriere hinlegt.

Ohne ins Melodramatische abzudriften sind es die grossen Gefühle, die Enttäuschung, die Wut, aber immer auch die Liebe, die diesen Charakter ausmacht. Immer hin und her gerissen zwischen den Menschen oder dem Schönen, den Kohlmeisen, wie Luxemburg an einer Stelle bemerkt, und auf der anderen Seite dem politischen Geschehen entsteht das Bild einer Kämpferin, die nicht still sein wollte und immer aufbegehrt hat, auch, als das Ende in Sicht war.

Rouven Linnarz
film-rezensionen.de

Rosa Luxemburg

Deutschland 1986  –  123 min.

Regie: Margarethe von Trotta

Drehbuch: Margarethe von Trotta

Darsteller: Barbara Sukowa, Daniel Olbrychski, Otto Sander

Produktion: Eberhard Junkersdorf, Regina Ziegler

Musik: Nicolas Economou

Kamera: Franz Rath

Schnitt: Dagmar Hirtz, Galip İyitanır

Der Originalartikel kann hier besucht werden