Der höchstrangige Offizier der US-Streitkräfte, Generalstabschef Mark Milley, spricht öffentlich erneut von einem „multipolaren internationalen Umfeld“, wobei sowohl die USA als auch China und Russland die wichtigsten Mächte der Welt seien. Wegen Peking und Moskau könnte Washington mit zunehmenden Herausforderungen im Sicherheitsbereich konfrontiert werden.

Von Alexander Männer

Der einflussreiche und medienwirksame US-Generalstabschef Mark Milley hat kürzlich ein weiteres Mal seine umfassende Einschätzung über die internationale Lage mit der Öffentlichkeit geteilt und dabei auch die sich verändernde Weltordnung thematisiert. In Washington erklärte er vor US-Militärstudenten am vergangenen Donnerstag unter anderem, dass sie mit einem „multipolaren internationalen Umfeld“ konfrontiert sein würden, das weitere Herausforderungen mit sich bringen werde.

In seiner Rede an der US-amerikanischen National Defense University (zu dt: Nationale Verteidigungsuniversität, Zentrum für militärische Bildung der USA in Washington, D.C) konstatierte Milley, der im September von seinem Posten im US-Militär abtritt, dass die Welt heute nicht mehr unipolar sei, sondern multipolar, und dass es gegenwärtig drei Großmächte auf der internationalen Bühne gebe – die Vereinigten Staaten, China und Russland. „Die geopolitische Situation ändert sich auf eine sehr grundlegende Weise. Es wird immer deutlicher, dass wir uns wirklich in einem multipolaren internationalen Umfeld mit mindestens drei Großmächten befinden: den Vereinigten Staaten, China und Russland; und drei sind komplizierter als zwei und sicherlich viel komplizierter als eine“, sagte Milley.

Wobei Peking und Moskau seiner Ansicht nach in den kommenden Jahrzehnten zahlreiche Herausforderungen für die USA im Sicherheitsbereich darstellen würden. Während China nämlich beabsichtige, so Milley, in diesem Jahrzehnt seine Hegemonie im Westpazifik und in Asien zu etablieren und bis Mitte des Jahrhunderts das militärische Potenzial der USA zu übertreffen, werde Russland hingegen wahrscheinlich noch viele Jahre eine „Bedrohung für den Frieden in Europa bleiben“.

Wie eingangs erwähnt, thematisiert Milley nicht zum ersten Mal öffentlich die These, dass die globale Ordnung nicht mehr ausschließlich von den USA bestimmt werde. So hat er sich vor wenigen Wochen zur heutigen Entwicklung in der globalen Politik in einem Interview mit dem US-Magazin „Foreign Affairs“ geäußert, das als Podcast ausgestrahlt wurde. Laut diesem Podcast sagte er, dass das Kräfteverhältnis zwischen den besagten „drei Großmächten“ sowie die Beziehungen zwischen China und Russland heute aus Sicht der USA einen zentralen Aspekt darstellt. Obwohl Milley das derzeitige Niveau der chinesisch-russischen Beziehungen – vor allem im militärischen Bereich – als „sehr bescheiden“ bezeichnete, machte er dennoch deutlich, dass Washington alles tun sollte, um sicherzustellen, dass Peking und Moskau keine strategische Militärallianz bilden. Auch wenn sie sich der militärischen Macht der USA bewusst seien und keine direkte Konfrontation mit Washington wünschen, wie er meint.

Diesbezüglich hatte Milley übrigens schon 2021 erklärt, dass sich in naher Zukunft eine tripolare Weltordnung etablieren könnte. In einem Interview mit dem Sender NBC hatte er prognostiziert: „Die Vereinigten Staaten, Russland und China sind Großmächte. Meiner Meinung nach treten wir in eine tripolare Welt ein, die aus strategischer Sicht potenziell instabiler sein wird als das, was wir in den vergangenen 40, 50, 60 oder 70 Jahren erlebt haben.“

Dass er diese Einschätzung nun schon zum zweiten mal öffentlich bekräftigt, ist bemerkenswert und verdeutlicht zudem, dass die US-Führung bestimmte Entwicklungen sehr ernst nimmt. Und zwar, dass China seinen Aufstieg zum führenden Akteur der Weltpolitik trotz der Corona-Pandemie fortsetzt und dass Russland angesichts der Spannungen mit dem kollektiven Westen unerwartet erfolgreich auftritt. Zudem ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Kooperation und das Engagement dieser beiden Länder auf der internationalen Ebene sowie im sicherheitspolitischen Bereich die Position des Westens respektive der USA global inzwischen erheblich geschwächt haben.

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