Das Wort Zeitenwende hat Konjunktur. Bundeskanzler Scholz sprach von Ihr, auf des letzten Generalversammlung der UNO, ohne zu sagen, was er genau meint. Recht hat er, Veränderungen anzumahnen. Weltweit bereiten die Kämpfe mit Toten in der Ukraine große Sorgen. Ebenfalls die Flüchtlinge in aller Welt und die Obdachlosen in „reichen“ Ländern.

Den chinesischen Weg zum Sozialismus sieht der Sozialdemokrat Scholz sicher nicht als eine geeignete Wende für Deutschland an, auch nicht soziale Teile des Systems der DDR als geeignet, obwohl der ehemalige Staat seit 2021/2023 wieder häufiger in den Medien erscheint. Nach 1990 wurde der Sozialismus der DDR über viele Jahre mit den Worten marode, verschuldet, Unrechtsstaat, Stasi, verleumdet. Arbeitnehmer wurden mit dem Wort Staatsnähe in die Ecke gestellt.

Gegenwärtig drucken die Blätter häufiger Meinungen von Zeitzeugen der DDR-Verhältnisse ab. Bücher mit einem DDR-Bezug werden medial besprochen. Mehrfach unfertige Gedanken von der Berliner Zeitung veröffentlicht. Möglicherweise war Corona durch eine andere Herangehensweise mit der Impfpflicht Ursache, die DDR ins Spiel zu bringen. Oder die Anzahl der „Russlandversteher“ im Zusammenhang mit der Tragik der Ukraine, beunruhigen die Regierungsparteien. Die deutsche Regierung sorgt sich, dass 34 Jahre nach der Wende noch so viele positive Meinungen zur DDR kursieren, trotz mehrerer Ostbeauftragte.

Die Berliner Zeitung vom 6. Mai 2023 titelt einen ernstzunehmenden Textbeitrag: „Die Geschichte der DDR ist gerade extrem relevant“. Wie liest das Ausland solche Nachrichten?

Mit Kopfschütteln wurden die medialen Wortschöpfungen der Nachwendezeit, etwa marode u.s.w. zur Bezeichnung gesellschaftlicher Umstände wahrgenommen. Haben doch alle Umstände einen ambivalenten Charakter.

So braucht die Beschreibung, was gegenwärtig alles in Deutschland marode ist, viel Papier. Stichworte wären das Gesundheitswesen, die Bildungseinrichtungen, Straßen, Brücken, die Arbeitswelten, die Gleichberechtigung. Das Wort Staatsnähe, dass seit 34 Jahren für die Rentenkürzung missbraucht wird und Einstellungsverbote hervorbrachte, bedeutet auch das Einverständnis der Bürger mit der Staatsaufgabe für Recht und Ordnung zu sorgen, Bildungs- und Gesundheitswesen zu organisieren, Kultur und Wissenschaften ihren Platz zu schaffen, für die Mobilität auf Straße und Bahn zu sorgen. Jeder Staat, unabhängig vom System, hat darüber hinaus die Aufgabe, für Recht und Ordnung zu sorgen.

Das Wort Unrechtsstaat passt bei mehreren Rechtstiteln im modernen Deutschland. Bevölkerungsgruppen werden juristisch und sozial in der Gesetzgebung nicht gleichberechtigt behandelt. Steuerfluchten, CUM-Ex-Geschäfte sind möglich. Gerichtsurteile werden im „Rechtsstaat“ Deutschland nach Zugehörigkeit zu den Schichten unterschiedlich behandelt. Zwei Beispiele: Rechtsvergehen der großen Unternehmen enden überwiegend mit Vergleichen, statt mit Strafurteilen. Die Zahl von 16 §§ im Wirtschaftsstrafgesetzbuch steht gegen 209 §§ im Sozialgerichtsgesetz. Der Wert der universellen Charta der Menschenrechte ist unvermindert hoch. Der Stand der Realisierung nach 76 Jahren ihrer Verkündung zeigt Defizite auch in Deutschland. So für Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit (ART.1), dem Recht auf Arbeit und gleichen Lohn (ART.23), Recht auf Gedankenfreiheit (Art. 18), Recht auf soziale Sicherheit (Art. 22). Die Stasi, eine für allen Staaten legale Geheimdienst-Einrichtung der DDR wurde ausschließlich ideologisch betrachtet. Im Widerspruch zu den Menschenrechten, wurden Mitarbeiter diskriminiert, ohne mögliche Einzelvergehen juristisch zu untersuchen. Der finanzielle Verschuldungsvorwurf wurde angesichts der eigenen negativen Bilanzen schnell ins Archiv gesteckt. Alle Systeme funktionieren nur mit Kreisläufen von Investitionen mit Schuldkrediten und Rückzahlungen.

Hinter dem Konzept der „Unworte“ steckte die Absicht, die DDR für immer in den Orkus des Vergessens zu schicken. Das materielle Volkseigentum wurde privatisiert oder physisch vernichtet. Die geistigen Werte bleiben als Erfahrungen im Gedächtnis. Bedeutsame positive und negative Erfahrungen werden vom Menschen und andere Lebenswesen nicht vergessen, lehrt das Gesetz der Evolution und des Fortschritts (s. Darwin, Marx u.a.).

Die politische Wende in Deutschland 1990 brachte für die ostdeutsche Bevölkerung die Erfahrung, mit der Arbeitslosigkeit im Land leben zu müssen. Städte und Dörfer wurden schöner und saniert. Das war kein Akt des Wohlwollens. Die Preise für Mieten stiegen um das 8-fache im Osten. Grundnahrungsmittel, der öffentlichen Verkehr, Leistungen im Bildungs- und Gesundheitswesen wurden nach der Streichung von Subventionen um ein Vielfaches teurer. Wohnungs- und Obdachlose wurden zu neuen Erscheinungen in Ostdeutschland. Auf der Gewinnerseite der Wende stand die Freiheit, ins Ausland ohne besondere Genehmigung reisen zu können. Pkw konnten mit kurzen Lieferfristen erworben werden. Die Angebote für den Konsumbereich wurden vielfältiger.

Was die Bevölkerung im Osten erst mit einer stärkeren Inflation spürte, war die wachsende Pro-Kopfverschuldung in Deutschland, die sich in den 30 Jahren mehr als verdoppelt hat.

Die sozialen Unruhen der Gegenwart gehen bis zum abhängigen Mittelstand und erreichen die Familien der Akademiker. Aber die evolutionäre Entwicklung kennt kein Zurück zum alten Zustand, meint der Soziologe Andreas Renckwitz (Berliner Zeitung Nr. 130)

Der über 60 Jahre bestimmende Neoliberalismus hat mit seiner Gewinnlogik als Kern, trotz großer technologischer Fortschritte, sein Ende erreicht. Er ist nicht in der Lage, die neuen Umstände aus Flüchtlingsströmen, dem Klimawandel oder einer globalen Epidemie ohne staatliche Planung und Bilanzierung der Hauptkomponenten zu meistern. Die Regierungen kontrollieren aktuell bedeutend weniger als 40 % des verfügbaren Kapitals über ihre Aufsichtsorgane (Bafin, SEC u.a.). Unkontrollierte Banken und Fonds z.B. BlackRock (Herr Merz lässt grüßen) steuern die Geschicke der Gesellschaft je nach Aussicht auf Gewinn. Die sichtbare und verdeckte Finanzwirtschaft lenkt aktuell indirekt je nach Haushaltslage die Gesellschaft und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben (Bildungs-, Gesundheits-, Verkehrswesen, die Kultur u.s.w.). Eingeschränkt wird der Spielraum für die Regierungen vor allem über die Staatsverschuldungen in nie gekannter Höhe. Deutschland 2,3 Billionen Euro, USA 31,3 Billionen Dollar, Großbritannien 34,8 Billionen Pfund. Kreditverlängerungen (Umschuldung) oder Erhöhungen werden auf fataler Weise von den Privatbanken und Fonds gesteuert. Die Handlungsfähigkeit der Regierungen wird beschränkt. Die neoliberale Konstellation der Abhängigkeit der Regierung über den Staatshaushalt vom Großkapital zeigt eine weitere Facette. Das Geldkapital zerstört die repräsentative Demokratie, die in Richtung Autokratie mutiert. Staatsschulden bieten auch Vorteile: Sie sind ein sicherer und gewinnbringender Parkplatz für das Privatkapital. Die Familien der Großen brauchen nicht mehr als 3 Privatflugzeuge oder Luxusvillen in den besten Lagen der Welt.

Realhandlungen der Menschen bleiben im Gedächtnis haften und sie werden in Archiven bewahrt. Auch, dass die Präsidenten der USA und ihre Follower seit Jahren eine „Kehrtwende“ des Sozialismus in der Welt und in Russland organisieren. Sie nennen es Regime Change. Das beweisen die Truman-Doktrin, Buschs Länderordnung mit „Guten“ und „Bösen“, die Stationierung der guten NATO an den Grenzen Russlands, jährliche Militärmanöver nahe China und Korea, sowie der Vietnamkrieg. Kuba, Chile sind besondere Beispiele antihumaner Aktionen alter Machthaber.

Präsident Biden fühlte sich 2021 mit seiner NATO stark genug, auch die VR-China als Feind einzuordnen und als Staat des Bösen zu betrachten, als ob die Welt nicht Frieden und Vertrauen brauchte. Vernommen hat die Öffentlichkeit seine fatale Botschaft bei den Gipfeln-Treffen der G7 in England, Deutschland und Japan.

Die Gläubigen der Welt bitten seitdem ihre Götter, die Feindschaft mit China nicht in militärischer Gewalt umschlagen zu lassen. Für die Übrigen bleibt die Hoffnung auf ein ausreichendes Denkvermögen der Mächtigen beider Gegenpole, hin zu Vernunft und Toleranz. Ein friedlicher wirtschaftlicher Wettbewerb und ein Ringen zur Schaffung der jeweils besten Lebensgrundlagen für ihre Bevölkerungen entspräche dem Sinn des Lebens. Keinesfalls eine Hegemonie mit Feindschaften.

Eine ökologisch notwendige und humanistisch orientierte Zeitenwende steht wohl an. Das erfordern die aktuellen Widersprüche in der globalen Welt, die den Sinn des evolutionären Lebens gefährden. Anstehende Bundestagswahlen können zu neuen Realitäten führen. Doch Achtung: Versprochen wird viel, um Plätze im gesetzgebenden Bundestag zu gewinnen.

27 Weltklimakonferenzen haben keine anhaltenden Veränderungen bewirkt. Die Erderwärmung steigt weiter. Der Streit der Länder wird zu oft auf formelle Fragen gelenkt. Die menschengemachte Kriegsfurie tötet weiter und belastet vielseitig die Umwelt.

Der Mensch hat mit seinem Denkvermögen den Fortschritt in der Welt bisher über tausende von Jahren vorangetrieben. Bessere Lebensgrundlagen wurden in der langen Zeit geschaffen, wenn auch noch nicht in allen Ländern. Platon hat das Denkvermögen in 3 Bestandteile gegliedert: Der Wille, die Vernunft und die Begierde. Es mangelt aktuell an Wille und Vernunft der Mächtigen gegenüber den Gesetzen der Natur, sowie den zurückgeblieben und abhängigen Menschen und Staaten. Wille und Vernunft der Politiker reicht nicht, die Handlungsfreiheit in der Wirtschafts- und Finanzwelt, sowie der Werbung und Konsumenten im Interesse der Evolution, des Fortschritts einzuschränken. Die Begierde von Teilen der Welt des Homo sapiens hat zum Kolonialismus geführt, zu Weltkriegen und multiplen verbrecherischen Handlungen, die nicht der Wertvorstellung des Menschen entsprechen.

In der Vergangenheit hat der Mensch Fehlhandlungen gegen den Mitmenschen und der Natur begangen, sowie die Zeichen der Zeit übersehen. Wenn evolutionäre Reformen nicht mehr ausreichten, sah er sich in der Geschichte zu 3 Revolutionen gezwungen: Den Sklavenaufstand (73/72 v.d.Z.), die Große Französische Revolution (1789) und die Oktober Revolution (1917). Revolutionär einzuordnen wäre auch das Mailänder Toleranzedikt im Jahr 313. Es beendete die lange, oft tödliche Bekämpfung der Christen. Die Religionsfreiheit wurde im mächtigen römischen Reich eingeführt. Die Aufhebung der Staatsreligion war ein scharfer Bruch in der römischen Geschichte. Ein Edikt der Toleranz könnte für die Beendigung des Ukraine-Konflikts hilfreich sein.

Die gegenwärtigen Waffen- und Munitionslieferungen der NATO-Länder, die Einweisung der ukrainischen Soldaten in westlicher Kampftechnik, das Bereitstellen von Kapital u.ä. deuten eher auf den Willen der Politik der USA und der EU, einen langen militärischen Konflikt zu führen. Die Berliner Zeitung vom 11.05.2023 titelt einen Textbeitrag „Mit voller Kraft in den Untergang“. Der juristische Streit, wer das Recht zum Krieg hat, ist im Moment für die Toten und die Zerstörungen müßig. Waffen müssen schweigen, und nicht geliefert werden!

Es lohnt sich 2 Jahre vor der Bundestagswahl wieder die Programme der Parteien zu lesen. Wer für den Frieden steht, für die Gleichberechtigung, für den Schutz der Natur.

Greta, die Jugend der „Letzten Generation“, die Bevölkerung aller Länder haben ausreichende Gründe eine Wende von den Politikern zu fordern. Alle brauchen die Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft, mit ewigen Frieden und sozial-ökonomischer Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert.