Mimi ist eine „Plantmom“ und hat sogar schon ihre eigene Gemüsesorte gezüchtet. Sie engagiert sich leidenschaftlich in der Notübernachtung am Containerbahnhof der Berliner Stadtmission und kümmert sich dort um den Social-Media-Autritt. Darüber hinaus bietet sie den Gästen viele coole Aktionen an wie Pizza backen, nähen oder Bewerbung schreiben.

Im Interview erfahrt ihr außerdem, warum ein männlicher Gast mit Rock im Gottesdienst empört war und ein zurückgezogener Gast kurz aufblühte.

Wer bist du und was machst du, wenn du dich nicht gerade engagierst?

Ich bin Mimi, liebe es kreativ zu sein und bin eine Plantmom, wie sie auf Insta steht. Mein Homejungle besteht aus fast 100 Pflanzen und dazu kommt noch mein Garten, in dem ich eine eigene Gemüsepflanze gezüchtet hab – den Kürzini! Er ist eine zufällige Kreuzung aus Hokkaido Kürbis und Zucchini. Meiner Meinung das perfekte Gemüse. Ich bin gerade nach Kreuzberg gezogen, um dort ein soziales Wohnprojekt mit Freunden zu starten; Leben im, mit und für den Kiez sozusagen. Aktuell kuriere ich eine Kreuzband-OP aus und beschäftige mich viel mit Social Media und Quatsch. Wenn ich nicht gerade ans Bett gefesselt bin, unternehme ich auch gerne Kurztrips mit ‚Florence the machine‘, meinem kleinen Mitsubishi L300 Bus und hänge natürlich mit Freunden ab. Berufsmäßig arbeite ich in der Evangelischen Kirche und versuche Jugendarbeit neu zu gestalten. Shoutout an das Beste Team von UNBOX Berlin 😉

Wo oder für was engagierst du dich?

Mein Hauptengagment liegt auf der Notübernachtung am Containerbahnhof der Berliner Stadtmission. Das ist eine ganzjährige Notschlafstelle für ca. 100 obdachlose Männer, Frauen, and all in between, die sogar ihre Haustiere mitnehmen können. Außerdem ist die Halle als eine derwenigen in Berlin barrierefrei, was uns sehr wichtig ist. Vor ein paar Jahren habe ich hauptamtlich im Leitungsteam und als Sozialarbeiterin dort gearbeitet. Auch wenn sich mein Job geändert hat, bin ich nie ganz losgekommen.

Was sind dabei deine Aufgaben?

Ich kümmere mich um den Social Media Auftritt, versuche Kontakte zu knüpfen und so viele Spenden wie möglich zu akquirieren. Vor 2 Jahren kam mir die Idee der Amazon-Wunschliste, auf die die Mitarbeiter*innen und Gäst*innen Wünsche stellen können. Die werden dann an mich geschickt und ich bringe sie in die Notübernachtung. Das funktioniert nun schon so lange erstaunlich gut und macht mich sehr sehr glücklich. 
Ansonsten habe ich mit ein paar Mitarbeiter*innen in unserer Freizeit hinter der Halle einen Gemüsegarten angelegt und ein Gewächshaus gebaut. Dort haben wir mit ein paar Gäst*innen gegärtnert und selbst gezogenes Gemüse geerntet. 
Ansonsten mache ich ab und zu Führungen mit Jugendgruppen oder Spender*innen, damit die Hauptamtlichen genug Zeit für ihre Aufgaben haben, bringe Lebensmittel von Foodsharing vorbei und helfe, wo ich gebraucht werde. Manchmal biete ich auch Aktionen außerhalb der Reihe an wie Nähen, Pizza backen oder Bewerbungen schreiben.

Volunteer des Monats: Engagement ist notwendig

Wieso engagierst du dich?

Mein Herz schlägt für soziale Gerechtigkeit, für Menschen ohne Lobby. Eine der vulneralsten Gruppen von Menschen in Deutschland sind Obdachlose. Häufig sind sie krank (psychisch und/oder physisch), großer Gewalt ausgesetzt und enorm vom Leben gebeutelt. In der Arbeit mit Obdachlosen sieht man, wie lose unser Hilfsnetz in Deutschland sein kann und wie schwierig es ist, aus eigener Kraft wieder Fuß zu fassen. Es tut mir weh zu sehen, dass Obdachlose häufig entmenschlicht werden und unsichtbar für die Gesellschaft sind. Ich will mich dafür einsetzen, dass Berührungsängste abgebaut werden. Außerdem ist ein großes Ziel von mir, dass Ehrenamt und soziales Engagement wieder en vogue wird. Leute sollen nicht fragen, OB man sich ehrenamtlich engagiert, sondern WO bzw WIE <3.

In einem Wort: Engagement ist

notwendig.

Und zum Schluss: Hast du vielleicht eine schöne/lustige/inspirierende…Geschichte während deines Engagements erlebt? Wenn ja, teile sie doch gern mit uns:

Lustige und schöne Geschichten hab ich wie Sand am Meer, ich könnte eine komplette Stand-Up Show nur mit Stories aus der Notübernachtung füllen. 😀 (btw. Ne ziemlich gute Idee… Stand-Up for Charity)

Wir hatten einen älteren männlichen Gast, der gerne kurze Röcke getragen hat. Eines Tages saß er mit weit gespreizten Beinen im Gottesdienst – und hatte nichts drunter. Ich hab ganz vorsichtig zu ihm gesagt, dass er vielleicht die Beine ein wenig zusammentun soll, weil er keinen Schlüpfer an hat. Er protestierte lautstark, dass er sehr wohl einen Schlüpfer an hätte, woraufhin ich ihm mit Nachdruck widersprach. Er beugte sich komplett nach vorne über, um demonstrativ unter seinen Rock gucken zu können und stellte fest, dass ich Recht hatte. Daraufhin beschwerte er sich, dass wir ihm ja keinen kleinen Damenschlüpfer gegeben hätten, er den aber lieber mag. Gut, dass wir jetzt Damenschlüpfer auf unserer Amazon Liste haben :D.

Eine Geschichte, die mich traurig und nachdenklich stimmte, ist folgende: Ich habe meine Nähmaschine mit in die Halle gebracht, um mit den Gästen kleine Nähprojekte zu machen. Ein Mann, der sich vorher sehr distanziert und grumpy verhielt, blieb neben mir stehen und starrte die Nähmaschine an und fragte, ob es meine sei. Ich bejahte und lud ihn ein mitzumachen. Er zögerte kurz, fragte dann aber ob er mir etwas zeigen dürfte. Ich ließ ihn an die Maschine und er erklärte mir haarklein, wie man eine eingelassene Tasche für Sakkos näht. Seine Bewegungen waren dabei unglaublich schnell und smooth – so etwas hatte ich noch nicht gesehen. Ich war sehr beeindruckt und er erzählte mir mit strahlenden Augen, dass er früher Modedesigner war und viele verschiedene Dinge genäht hat. Dann wurde er traurig und sagte, dass das lange her sei. Ich wollte ihn ermutigen, Nähen nochmal in Erwägung zu ziehen. Er sagte nur bitter: „Look at me. I’m nobody. I work at the construction area. How can someone like me do this?“. Daraufhin zog er sich zurück und redete den ganzen Abend kein Wort mehr mit mir.

Mimis Engagement hat dich inspiriert? Dann finde auch DU dein Herzensprojekt und mach die Welt ein kleines Stückchen besser. Jetzt in der App von letsact nach Engagementmöglichkeiten in deiner Umgebung suchen.


Das Interview wurde geführt von Charis Antolovic für letsact – Volunteering-App für Deutschland

Der Originalartikel kann hier besucht werden