Anmerkung: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung befinden sich noch sechs der sieben jungen Menschen im Hungerstreik.

Seit dem 30.08.2021 befinden sich sieben junge Menschen im „Hungerstreik der letzten Generation“. In ihrer Erklärung erläutern sie, dass sie sich in einem lebensbedrohlichen Klimanotfall befänden, die Parteien hierbei versagten und ein Wandel trotz vorhandener Lösungen aus wirtschaftlichen Interessen blockiert werde. Sie fordern von den Kanzlerkandidat*innen ein sofortiges Gespräch sowie das Versprechen, einen (neuen) Bürger*innenrat einzuberufen, der Sofortmaßnahmen gegen die Klimakrise bespricht.

Als Menschen der Eltern- und Großelterngeneration sind wir äußerst bestürzt und zutiefst besorgt, dass diese jungen Menschen durch die Untätigkeit der Politik inzwischen so verzweifelt sind, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, als ihre Gesundheit und evtl. ihr Leben durch einen Hungerstreik zu riskieren, um sich Gehör zu verschaffen.

Wir, die wir uns bei Parents for Future engagieren, unterstützen die Forderung der jungen Menschen nach ambitionierter klimagerechter Politik und setzen uns energisch dafür ein, die Zukunft der jungen (und folgender) Generation(en) zu sichern. Wir möchten, dass es unseren Kindern und allen Kindern dieser Welt gut geht – jetzt und in Zukunft! Entsprechend besorgt blicken wir auf den Entschluss, den diese sieben jungen Menschen getroffen haben. Bei allem Verständnis für die Beweggründe wird die Wahl des Hungerstreiks als Protestform in unseren Reihen sehr kontrovers diskutiert. Wir alle fragen uns jedoch:
Was muss denn bitte noch passieren, bis unsere Politik endlich konsequent handelt?

Die aktuelle Klimapolitik bekämpft die Klimakrise nicht, denn die aktuellen politischen Zusagen zum Pariser Abkommen befördern uns in eine 3-4 Grad heißere Welt. Artensterben, der Zusammenbruch von Nahrungsketten und in Zahl und Stärke zunehmende Extremwetter werden den Gesellschaften derart zusetzen, dass Bürgerkriege und Hungersnöte unausweichlich sind, wenn die Klimapolitik nicht sofort die notwendigen Maßnahmen durchsetzt.
Aller Protest wurde bisher mit Symbolpolitik, viel zu laschen Maßnahmen und leeren Versprechungen abgetan. Trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse und technischen Errungenschaften und wider sämtlicher Verträge, Selbstverpflichtungen und Urteilen muss die junge Generation mit ansehen, wie ihr Wohlergehen aufs Spiel gesetzt wird. Einfach so – obwohl die Lösungen sofort realisierbar wären und die Klimakrise schon in Deutschland katastrophale Auswirkungen hat, die seit 40 Jahren prognostiziert wurden.

Zusätzlich zur Sorge um die Zukunft unserer Kinder und der nachfolgenden Generationen sind wir spätestens jetzt auch mit der Frage konfrontiert, was die Klimakrise und das Versagen der Politik bereits jetzt mit ihnen macht. Sieben junge Menschen sind bewusst in einen Hungerstreik getreten – sie leiden, um ihr Leid auszudrücken. Und so furchtbar wir es finden, was diese jungen Menschen sich in ihrer Verzweiflung antun – wir können ihre Beweggründe nachempfinden und bedauern zutiefst, dass ihre Zukunft trotz all unserer Möglichkeiten zur Bewältigung der Klimakrise, noch immer unklar ist. Wir hoffen, dass diese Protestform keine Nachahmer*innen findet und dass dieser Hungerstreik sehr bald ein gutes Ende finden kann. Wir brauchen jede*n Einzelnen so gesund und kraftvoll wie möglich, um sich auch die nächsten Jahre weiter für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder auf diesem Planeten einsetzen zu können.

Wir sehen, dass es unseren Kindern – und mit ihnen viel zu vielen Kindern auf der ganzen Welt – schlecht geht, dass sie völlig zurecht Angst um ihre Zukunft, Angst um ihr Leben haben, teilweise an Depressionen erkranken und zunehmend verzweifelter werden. Sie haben allen Grund dazu. Uns geht es ähnlich.

Wir haben Sorge, wie es diesen sieben jungen Menschen ergehen wird und dass noch mehr junge Menschen nach verzweifelten Mitteln greifen, da sie immer noch nicht ausreichend beachtet werden. Und wir verzweifeln allmählich selbst an der Frage, was wir noch alles tun müssen, um der Zerstörung unserer Lebensgrundlage Einhalt zu gebieten.

Unser Appell an alle erwachsenen Menschen, einschließlich unserer Politiker*innen – unserer Bundestagskandidat*innen – kann nur lauten: Tut alles in Eurer Macht stehende, um die Klimakrise zu stoppen, es geht um nicht weniger als unsere Existenz als Menschen! Um die Zukunft dieser sieben Hungerstreikenden, aller jungen Menschen dieser Welt und derer, die noch kommen. Wir haben wirklich nur diese eine Erde und wollen leben!

Hinweis: Menschen, die Klimaangst und evtl. eine ähnliche Verzweiflung empfinden, sollten damit nicht alleine sein! Die Psychologists for Future bieten unbürokratische, kostenfreie und bei Bedarf auch anonyme Hilfe an, bitte nutzt sie! Die Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen würden weder zu dieser Aktionsform aufrufen noch sie ausreden wollen, wenn sich jemensch dazu entschieden hat.
https://www.psychologistsforfuture.org/unterstuetzung-fuer-engagierte/

 

Der Originalartikel kann hier besucht werden