Ein spanischer Bischof hat das Drama um Migranten auf den Kanarischen Inseln angeprangert, indem er darauf drängte, sie menschlich zu behandeln, ihnen zu helfen und sie aufzunehmen.

Neu Angekommene wurden „ohne Nahrung, Getränke und Unterkunft“ zurückgelassen, nachdem sie von der Polizei aus einem Notlager ausgewiesen worden waren.

Der Bischof von Teneriffa, Bernardo Álvarez, sprach am 18. November im spanischen Radio, einen Tag nachdem die Polizei 225 neu Angekommene vom überfüllten Hafen von Arguineguín auf Gran Canaria verwiesen hat.

Die Migranten protestierten gegen die, wie ein Richter es nannte, „inhumanen“ Bedingungen in einem Notlager am Hafen. Ursache dafür ist zum großen Teil, dass die Zahl der Geflüchteten, die auf den Kanarischen Inseln gestrandet sind, im Vergleich zu 2019 um 1000% auf 16700 gestiegen ist.

Die Polizei führte die Anordnungen der spanischen Nationalregierung aus, die mit den hohen Zahlen an Migranten aus Nordafrika, nur 100 km von den Kanarischen Inseln entfernt, zu kämpfen hat.

Die Migranten wurden am Dienstag aus dem Camp ausgewiesen und „ohne Essen, Getränke oder eine mögliche Unterkunft“ zurückgelassen, so ein Mitglied der Lokalregierung. Selbst eine lokale Polizeigewerkschaft warnte, dass „Migranten nicht ohne jegliche Unterkunft oder Nahrung auf die Straße gesetzt werden könnten“.

Obwohl die lokalen Behörden später Busse bereitstellten, um die des Lagers verwiesenen Migranten in die Hauptstadt von Gran Canaria, nach Las Palmas zu bringen, zeigte doch die Ausweisung die Schwächen der spanischen Migrationspolitik auf den Kanarischen Inseln, die laut Forderung von  Bischof Álvarez angegangen werden müssen.

Gefahr einer zunehmenden „Abstumpfung“, doch „Liebe und Respekt gegenüber den Menschen müssen über allem stehen“Gefahr einer zunehmenden „Abstumpfung“, doch „Liebe und Respekt gegenüber den Menschen müssen über allem stehen“

In seinem Beitrag im Radio beklagte Álvarez, dass die abgewiesenen Migranten „einfach stehen gelassen wurden und sich selbst überlassen blieben“. Er dankte daher den „vielen“ Anwohnern, die mit Wasser und Essen zu Hilfe kamen.

„Das ist das Problem der Immigration – dass wenn Menschen hier ankommen und nichts unternommen wird, entweder indem man sie (auf andere Länder) auf dem Kontinent verteilt oder sie in ihre Länder zurückführt, eine Art Ghetto entstehen kann und das Risiko besteht, dass Menschen ohne Obdach auf der Straße landen und so eine soziale Destabilisierung entsteht“, so die Warnung des Bischofs.

In Álvarez‘ dringendem Anliegen bestand er darauf, dass Migranten „die kein Verbrechen begangen haben, freigelassen werden müssen“ und nicht in Haftlagern festgehalten werden dürfen. „Wir müssen sie menschlich behandeln, ihnen helfen und sie aufnehmen, denn Liebe und Respekt gegenüber den Menschen müssen über allem stehen“.

Der Bischof von warnte außerdem vor der Gefahr einer zunehmenden „Abstumpfung“ angesichts der Misere der Migranten. „Wenn bestimmte Ereignisse über einen längeren Zeitraum andauern neigen wir dazu, eine indifferente, überdrüssige Haltung einzunehmen – als wäre das alles normal. Wir kümmern uns weiter um unsere Angelegenheiten, wir gewöhnen uns daran und unsere Herzen verhärten“, so seine Warnung.

Der Prälat wies die Vorstellung einer migrantischen „Invasion, die bedeuten würde, dass sie kommen, um uns zu erobern“ zurück und missbilligte gleichzeitig das Schüren von Ängsten und die Fake News in einigen Bereichen der Gesellschaft hinsichtlich der Migranten sowie Einstellungen, die „weder nachvollziehbar noch respektvoll sind“.

„Gehen wir an die Arbeit, damit sich niemand marginalisiert oder abgelehnt fühlt“

Gemeinsam mit José Mazuelos, seinem Bischofskollegen auf den Kanarischen Inseln, veröffentlichte Álvarez am 13. November einen Hirtenbrief zum Drama der Migranten.

Von den 16700 Menschen, die bisher auf den Inseln angekommen sind, kamen 5500 von ihnen allein in den vergangenen beiden Wochen und auf der Route von Afrika zur Inselgruppe wurden 2020 mindestens 493 Tote registriert.

Diese Zahlen machen die Route zu den Kanarischen Inseln für Migranten sogar gefährlicher als der besser bekannte Weg über das zentrale Mittelmeer von Libyen nach Malta und Italien.

In ihrem Hirtenbrief richteten Mazuelos und Álvares einen eindringlichen Appell an die spanischen Politiker und Bürger, „an die Arbeit zu gehen, damit sich niemand marginalisiert oder abgelehnt fühlt, sondern dass jeder das Willkommen, die Aufmerksamkeit und den Respekt zeigt, den diese Menschen verdienen.“

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Silvia Sander vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!

Der Originalartikel kann hier besucht werden