Anlässlich dieses internationalen Tag der Gewaltfreiheit, der durch die UNO Generalversammlung ins Leben gerufen wurde A/RES/61/271, gedenken wir Mahatma Gandhis Geburtstag.

Im Zuge der COVID-19 Pandemie in der Welt richtete UN Generalsekretär António Guterres einen Appell an die Weltgemeinschaft für einen sofortigen weltweiten Waffenstillstand l… “schickt bewaffnete Konflikte in den Lockdown und konzentriert euch auf den wahren Kampf für das Leben.“

Dieser Aufruf stieß leider weitgehend auf taube Ohren. Kriege, Konflikte und geplanter Völkermord stellen weltweit den Kampf gegen die Pandemie in den Schatten.

“Gewaltfreiheit ist die stärkste Kraft, die der Menschheit zur Verfügung steht. Sie ist mächtiger als die mächtigste Waffe zur Zerstörung, die durch die menschliche Erfindungsgabe jemals hergestellt wurde“, sagte Mahatma Gandhi.

Aktivistinnen erheben ihre Stimme für Gewaltfreiheit

Friedensaktivistinnen und Frauen, die für Veränderungen stehen, engagieren sich in vorderster Front der brutalsten Konflikte. Heute erheben sie ihre Stimmen für Gewaltfreiheit gegen die Macht der Kriege in Syrien, Yemen, Lybien, Kongo, Südsudan, Nagorno-Karabakh gegen politische Instabilität in Venezuela, Irak, Libanon, Ägypten, Mali, islamistische Präsenz in Pakistan, Konflikte zwischen Israel and Palästina, Indien und Pakistan, Türkei und kurdische Gruppen, Krisen in der Zentralafrikanischen Republik, Nigeria, Mexico, Somalia, Myanmar/Burma und andere.

Muna Luqman (Bild: wilpf.org)

Seit dem Beginn des Jemenkrieges 2014, hat eine menschengemachte humanitäre Krise über 16 Millionen an den Rand der Hungersnot gebracht. Muna Luqman Direktorin der jemenitischen Organisation Food4Humanity, Gründerin des Frauensolidaritätsnetzwerks Women’s Solidarity Network, und Mitglied der Women’s Alliance for Security Leadership (WASL) glaubt, “die Gewalt im Jemen wird aufhören, wenn wir die Interessen der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellen und nicht die der Elite, der Warlords. Denken wir nur an das Elend, die Zerstörung, den hohen Blutzoll, den diese verursacht haben und an eine ganze Generation von Kindern, die ihre Gegenwart und Zukunft verloren haben! Wenn wir erkennen, dass diejenigen, die die Gewehre haben, irgendwann von ihnen getötet werden, dass Gewalt noch mehr Gewalt hervorbringt und Rache ein grausamer, endloser Kreislauf ist.“

In den letzten Septembertagen hat ein Angriff durch aserbeidschanische und türkische Militärs in der schmalen Enklave Nagorno-Karabakh (ein historisch von Armenier*innen besiedeltes kleines Gebiet) über 100 Tote und Hunderte verletzter Zivilisten zurückgelassen. Der Krieg geht weiter, obwohl zahlreiche führende Politiker*innen auf der Welt zur sofortigen Einstellung aller Feindseligkeiten aufgerufen haben (“immediate cessation of hostilities”) – der französische Präsident Macron verlieh seiner Befürchtung Ausdruck, dass „syrische Söldner durch türkische Sicherheitskräfte nach Aserbeidschan transportiert worden seien.“

Amalya Yeghoyan

„Im 21. Jahrhundert eines technologischen Zeitalters müssen wir jegliche Gewalt – insbesondere Gewalt gegen Frauen und Kinder – unmissverständlich verurteilen. Ich teile die Stimmen aller armenischen Frauen weltweit, die zur Verbreitung des Friedens in der Welt aufrufen. Parallel zur traurigen Realität in allen Teilen der Welt erheben internationale Organisationen ihre Stimme zur Stärkung der Rolle der Frauen und zum Schutz der Kinder“, sagt  Amalya Yeghoyan, Direktorin des Gyumri IT Center (GITC) in Armeniens zweitgrößter Stadt, Projektmanagerin im Unternehmen Incubator Foundation (EIF).

„Wir müssen uns alle gemeinsam darum bemühen, eine sichere und friedliche Umgebung zu schaffen, und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Wir müssen Anstrengungen unternehmen, um die Gewalt gegen gefährdete Kinder und friedliche Bevölkerungsgruppen zu beenden. Ich rufe alle Frauen auf, den Virus der Güte, der Liebe und des Friedens zu verbreiten – damit wir kein Kind des blauen, friedlichen Himmels berauben.

Das südostasiatische Land Myanmar (früher Burma) mit 54 Millionen Einwohner*innen hat über 100 ethnisch Gruppen. Unter der Führung der National League for Democracy (NLD) der Menschenrechtsaktivistin, Friedensnobelpreisträgerin und Politikerin Aung San Suu Kyi–haben die ethnischen Gruppe der Rakhine, Rohingya und Chin militärische Angriffe Folter, außergerichtliche Tötungen, Vergewaltigungen und massenhafte Vertreibung erlitten.

Khin Ohmar (Bild von Maina Kiai from Nairobi, Kenya – Cropped | CC BY 2.0 wikimedia commons)

“Gewaltfreiheit st die grösste uns zur Verfügung stehende positive Kraft, die wir einsetzen können, um Lösungen für unsere Bedürfnisse zu finden und Differenzen durch Respekt und Anerkennung von Unterschieden und Vielfalt, durch Verständnis, Vertrauen und Vertrauensbildung, Empathie und Mitgefühl zu überwinden und gleichzeitig Gerechtigkeit und Strafverfolgung für die Opfer und Überlebende von Gewalt anzustreben und zu gewährleisten“, erklärt sagt Khin Ohmar, Gründerin und Leiterin von Progressive Voice und Gründerin der Frauenliga von Burma (WLB). “Das ist der einzige Weg, den Kreislauf der Gewalt zu beenden, damit unsere Friedensarbeit Früchte trägt und der Frieden nachhaltig wird.”

Überall in Kenia hat der Pandemie-Lockdown sexualisierte Gewalt massiv verstärkt, wobei über 45% der Frauen und Mädchen bereits vorher Gewalt erfahren hatten. Mit ethischen Konflikten, der weltweit höchsten HIV-Rate, 250.000 von Armut betroffene Straßenkinder (250,000 poverty-stricken), Kenias weitverbreiteter Steuerverweigerung und schwachem Justizsystem drängten die moderne Zersiedelung Nairobis bis an den Rand der expandierenden Slums.

Rose Mbone

Die 30 jährige Rose Mbone, Gründerin der The Legend Kenya in Korogocho, eines der größten Elendsviertel mit 200,000 Bewohner*innen im Nordosten Nairobis, betont “wenn wir nur einen Moment für den Frieden innehalten würden, würde uns die Welt geduldig und erfreut zuhören.“

„Wenn wir wirklichen Frieden in dieser Welt lehren wollen und wenn wir einen wirklichen Krieg gegen den Krieg führen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen“, Mahatma Gandhi.

In Beirut sind in der Folge der Explosion am 4. August fast 200 Menschen gestorben, über 6.500 wurden verletzt, 300.000 verloren ihre Heimat und der Schaden wurde mit 15 Milliarden Dollar beziffert. In der Folge weiterer bisher unerklärter Explosionen und Feuer wurden 50,000 Häuser, 9 Krankenhäuser und etwa 178 Schulen schwer beschädigt. In der Zwischenzeit fanden Gespräche zwischen Israel und Libanon unter der Federführung der Vereinten Nationen für ein Rahmenabkommen (“framework agreement”) statt.

Shirine Jurdi

“Eine gewaltfreie Welt ist die ultimative Win-Win Situation, wo sich finanzielle und menschliche Ressourcen mit langfristigen nachhaltigen Zielen verbinden. Gewaltfreiheit ist eine Entscheidung dafür als Weltgemeinschaft aktiv zu werden. Sie bringt ehrliche, klare und nicht konfrontative Argumente in die Verhandlungen ein, bei denen beide Parteien ihre Fürsorge und Bereitschaft teilen, einen Streit unter Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu beenden – und schließlich den Weg für menschliche Sicherheit zu beschreiten, in Anerkennung der Segnungen, die wir haben“, sagt Shirine Jurdi von der Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF) und Teamleiterin der Kampagne Stop Killer Robots im Libanon.

In Ägypten wurde der von den Saudis gedeckte ehemalige General Abdel Fattah el-Sisi’s Präsident und rechtfertigt (justifies) staatlich sanktionierte Jungfräulichkeitstests für weibliche Gefangene “um die Mädchen vor Vergewaltigung und die Soldaten und Offiziere vor der Vergewaltigungsanklage zu schützen.” Seit 2014 hat die islamische Militärdiktatur in Ägypten den Frauen die meisten Rechte vorenthalten.

“Viele von uns kennen Gewalt nur allzu gut – wir sind in einer Kriegszone genauso in der Falle wie bei friedlichen Protesten, in dem Regierungswaffen auf uns gerichtet wurden. Es ist sicher schwierig, sich Gewalt vorzustellen, wenn man sie nicht erlebt hat. Für Friedensaktivistinnen ist es unendlich wichtig, den Tag gegen Gewaltfreiheit zu feiern, ist gerade für Friedensstifterinnen von entscheidender Bedeutung, die in den meisten Fällen Gewalt aus erster Hand miterlebt und ihr Leben der Aufgabe gewidmet haben, sie trotz der Härten und Bedrohungen ihres Lebens zu stoppen. Wenn Sie sich am Tag der Gewaltlosigkeit den Luxus leisten können, der Gewalt nicht beizuwohnen, sprechen Sie mit einer Person, die Zeug*in war, unterstützen Sie sie und stehen Sie zu denen, die Frieden schaffen““, sagt Rana Allam, Senior Editorial Adviser and Strategic Communications Director for International Civil Action Network (ICAN) und von der Organisation Women Alliance for Security Leadership (WASL).

Gulnara Shahinian (Bild: UN Geneva via Flickr)

Die frühere Sonderberichterstatterin der vereinten Nationen zu modernen Formen der Sklaverei und Menschenrechtsexpertin Gulnara Shahinian aus Armenia, Gründerin und Vorsitzende der NRO Democracy Today glaubt an die Möglichkeit “wenn man sich regelmäßig trifft und miteinander die schwierigsten Themen anspricht, hilft das zu einem besseren Verständnis und die Gewalt zurückzudrängen. Auch in den schwierigsten Gesprächen ist immer eine Gelegenheit, Gemeinsamkeiten zu entdecken. Wenn wir Gewalt in einem Konflikt eliminieren wollen, müssen wir besser begreifen, was Frieden uns bringen kann. Gewaltfreiheit und eine ehrliche Auseinandersetzung sind Schlüssel dafür eine Lösung zu finden. Gewalt führt nie zum Frieden, nur Zuhören, Verstehen und Verhandeln. Wenn die Verhandlungen Frauen einschließen, kann der Frieden dauerhaft und die Gewalt zurückgedrängt werden.

Feiern wir also und nehmen wir uns Gandhis Gründe für die Ablehnung von Gewalt zu Herzen.

„Ich lehne Gewalt ab, denn wenn sie scheinbar Gutes tut, ist das Gute nur vorübergehend, das Böse, das sie anrichtet, ist dauerhaft.“


Der Artikel von Jackie Abramian erschien unter dem TitelOn International Day Of Non-Violence Women Peace Builders Raise Their Voices“ auf Forbes und ist von Heidi Meinzolt aus dem Englischen übersetzt worden. Wir danken der Jackie Abramian für die Zustimmung zur Veröffentlichung des Beitrags auf Pressenza.