Die aktuelle Gesundheitskrise hat gezeigt, dass auch eine Krise innerhalb der Pflege existiert, in der die Ungerechtigkeit, Ungleichheiten, Gewalt und Missbräuche zunehmen; in der sich die Sozialpolitik verringert, anstatt gestärkt zu werden; in der wir die älteren Personen vergessen, weil sie “nichts mehr beitragen”; in der nur ans Konsumieren gedacht wird und daran, dass unser Glück von materiellen Dingen abhängt und nicht vom Teilen und guten Zusammenleben mit unseren Mitmenschen.

Inmitten dieser Situation befinden auch wir uns – tausende Frauen, die im Haushalt und in der Pflege beschäftigt sind und denen die Staatsbürgerschaft nicht anerkannt wird – tausende Frauen ohne Papiere, vergessen in der Regellosigkeit, ohne Anerkennung unserer unentbehrlichen Arbeit und ohne das Recht auf eine Sozialversicherung, die oft stundenlang und ohne Pausen arbeiten und Misshandlungen, Übergriffen und Gewalt seitens der Arbeitgeber ausgesetzt sind. Die Ursache: das Einwanderungsgesetz, ein unmenschliches Gesetz, das unsere Rechte verletzt und das in einem Staat, der als demokratisch und um das Wohlergehen aller Menschen besorgt gilt, nicht existieren sollte.

Es ist wichtig, dass wir selbst diese Zustände anprangern, damit nicht andere für uns sprechen.

Ich habe keine Papiere und das ist kein Verbrechen. Ich habe keine Papiere, weil der Staat mir das Recht auf Anerkennung der Staatsbürgerschaft verweigert. Am 23. Oktober 2019 kam ich in Barcelona an, nachdem ich aus Kolumbien aufgrund der politischen Gewalt und auf der Suche nach einer Möglichkeit zur Verbesserung der ökonomischen Situation meiner Familie fliehen musste. Ich erinnere mich noch genau an meine erste Jobsuche, die für Frauen wie mich sehr schwierig war: Beleidigungen und erniedrigende und unanständige Angebote, die eher in Richtung Sexarbeit als in Richtung Putzen gingen. Sie sagten, dass sie mir mehr bezahlen würden, aber ich musste mich dieser Gewalt aussetzen, weil ich eine Frau und eine Migrantin ohne Papiere bin. Ich musste all das stillschweigend aushalten und von diesen Orten fliehen – verfolgt von der Angst, dass sie mir etwas antun würden.

Zurzeit pflege ich eine ältere Person – da ich keine Papiere habe jedoch ohne Vertrag und ohne Zugang zur Sozialversicherung. Es war sehr schwer, diese Stelle zu bekommen, weil unsere Möglichkeiten hier in Spanien aufgrund des Einwanderungsgesetzes stark eingeschränkt werden. Durch die Pandemie sind viele meiner Gefährten auf der Straße gelandet – ohne Arbeit, ohne jegliches Einkommen und ohne einen Ort, an dem sie die Zeit während der Ausgangssperre verbringen könnten. Andere haben befristete Jobs. Schon vor der Krise haben wir unter Rassismus, Ungleichheiten, Diskriminierung und Ungerechtigkeit gelitten. Durch die Pandemie ist es noch schlimmer geworden.

Alle sagen, wir sollen zu Hause bleiben. Aber wo sollen die bleiben, die kein zu Hause haben? Die Menschen, die uns die Zimmer vermieten, demütigen uns, weil wir keine Papiere haben, sie behandeln uns wie Tiere. Es sind Zimmer ohne Fenster, dunkel und sehr klein. Sie lassen uns nicht kochen, sie lassen uns nicht unsere Wäsche waschen und wir haben weder Internetverbindung noch können wir uns unter der jeweiligen Adresse registrieren lassen.

Die Ungewissheit, die wir erleben, wird durch diese Krise zusätzlich verschärft. Deshalb fordern wir die Regierung dazu auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Rechte von allen zu schützen und zu garantieren. Unsere Forderung nach Legalisierung ist keine Bitte um einen Gefallen – wir fordern unser Recht ein: nicht mehr illegal hier zu sein und die gleichen Möglichkeiten wie alle zu haben, um aus der Ungewissheit und der Ungerechtigkeit zu entfliehen. Es geht darum, dass wir Migranten wieder als Teil der Gesellschaft verstanden werden – zu der wir beitragen – und dass wir eine bessere Zukunft aufbauen wollen.

Papiere zu haben, ermöglicht es uns, Arbeitsverträge und bessere Arbeitsbedingungen zu erlangen. Vor allem können wir so jedoch einen Beitrag leisten, damit unsere Familien ein besseres Leben führen können. Wir sind alle wichtig – aber die, die sich um Pflegebedürftige kümmern, sind ein fundamentaler Bestandteil unserer Gesellschaft.

Aus dieser Pandemie werden wir nicht herauskommen können, wenn nicht alle Leben in dieser Gesellschaft gleich viel zählen. Unsere Situation zu legalisieren, bedeutet unsere Würde anzuerkennen und den Start in ein gutes Leben für alle zu ermöglichen; uns nicht mehr als ´andersartig´ zu betrachten und neue Umgangsformen zu erschaffen, die auf Sorgfalt und gemeinschaftlichem Teilen basieren.

Die Übersetzung aus dem Spanischen von wurde von Luna Jakob vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!