Wie verheerend sich die Gleichschaltung des deutschen Journalismus auswirkt, wurde durch das Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin in Helsinki deutlich.

Die Revolutionäre in Mittel- und Südamerika, die es zumeist mit Regierungen oder Diktaturen zu tun hatten, die die Interessen der USA und ihrer Konzerne wahrnahmen, hatten ein einfaches, aber wirksames Konzept entwickelt. Sie gingen davon aus, dass die Marionettenregimes ins Wanken gerieten, wenn es gelänge, die Streitkräfte, die Schulen und die Presse für sich zu gewinnen.

Zugegeben, im Gegensatz zu einem Land wie Deutschland hatten diese Gesellschaften eine geringe Komplexität. Aber unter dem Strich sind die wesentlichen, materiellen, spirituellen und mentalen Faktoren der Macht sehr gut benannt.

Um Tacheles zu reden: In einem Land wie Deutschland, das über Streitkräfte verfügt, die in keiner Weise mit der ökonomischen Potenz und dem daraus abgeleiteten Anspruch in der Welt korrespondieren, und in der das Schulsystem im Sinne staatlich-nationaler Identitätsstiftung immer mehr erodiert, kommt es darauf an, die Presse, d. h. die Medien zu dominieren, um einen Staatsstreich einzuleiten.

Man muss den amerikanischen Think Tanks zugestehen, dass sie die Situation brillant analysiert und die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen haben. Seit Jahren haben sie daran gearbeitet, das gesamte „Who is who“ des öffentlich-rechtlichen Journalismus in ein Netzwerk zu weben, das gespeist wird von der Doktrin des US-Weltdominanz-Papstes Zbigniew Brzeziński.

Zbigniew Brzeziński an der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 (Bild: Tobias Kleinschmidt | CC by 3.0 via Wikimedia Commons)

Nach seiner Philosophie sind die USA das Imperium schlechthin. Und nach seiner Meinung gehört zu einer nachhaltigen Sicherung dieses Anspruches die Beherrschung Russlands mit seiner kontinentalen Dimension und seinen Ressourcen.

Mit den wachsenden Problemen, die das US-Imperium seit der Weltfinanzkrise von 2008 zu Gesicht bekommt, ist das Weltgefüge in Bewegung geraten. Die Instabilität der USA korrespondiert mit dem Erstarken Chinas. Die Konsequenz der Think Tanks, denen alle namhaften Politredakteure zum Beispiel der deutschen Fernsehanstalten angehören, ist die aggressive Mobilmachung gegen Russland. Dass die tief gespaltene amerikanische Gesellschaft mittlerweile einen Präsidenten hervorgebracht hat, der den Kodex und die geostrategische Philosophie seiner Vorgänger negiert, hat die Aktivitäten der Think Tanks eher beflügelt als gehemmt.

Anhand des Treffens zwischen Trump und Putin in Helsinki wird deutlich, wie verheerend sich die Gleichschaltung des deutschen Journalismus auswirkt. War es zu früheren Zeiten, in denen der Bipolarität, immer ein gutes Zeichen, wenn sich die Vertreter der Supermächte trafen, um miteinander zu reden, so wurde hier nur Gift und Galle gespuckt und ein weiterer Konfrontationskurs als ein Muss für den amerikanischen Präsidenten gefordert.

Die sogenannte Berichterstattung hatte alle Attribute eines ausgewachsenen Kriegsjournalismus. Von der Spekulation über die Verwendung nicht erwiesener „Tatsachen“ bis zur ununterbrochenen Befeuerung von Feindbildern wurde alles mobilisiert, was die Branche zu bieten hatte.

Egon Bahr, der Ghostwriter einer aus heutiger Sicht glücklichen Phase der Entspannung, sprach einmal davon, man solle den Raum verlassen, wenn Politiker damit begännen, von Werten zu faseln. Das bestimmende Motiv von Politik seien die Interessen.

Anhand der Agenda des vereinigten Think-Tank-Journalismus stellt sich die Frage, wem es eigentlich nützt, wenn Deutschland sich in Europa isoliert und als Lehrmeister aufspielt, wenn es die Konfrontation gegen Russland weiter treibt und auch noch den Chinesen erklärt, wie die Welt zu funktionieren hat?

Deutschland ist bereits isoliert wie nie und trägt das groteske Attribut des Scharfmachers vor sich her. Mit der viel gepriesenen Verantwortung hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. Die feindliche Übernahme des medialen Staatsmonopols durch die Falken vom Potomac ist praktisch vollzogen.


Über den Autor: Gerhard Mersmann studierte Politologie und Literaturwissenschaften, war als Personalentwickler tätig und als Leiter von Changeprozessen in der Kommunalverwaltung. Außerdem als Regierungsberater in Indonesien nach dem Sturz von Haji Mohamed Suharto. Gerhard Mersmann ist Geschäftsführer eines Studieninstituts und Blogger. Auf Form7 schreibt er pointiert über das politische und gesellschaftliche Geschehen und wirft einen kritischen Blick auf das Handeln der Akteure. Sein Beitrag erschien erstmals auf seinem Blog.

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