Wir publizieren den offenen Brief an die Wettbewerbskommissarin der Europäischen Union, der von einem breiten Bündnis aus über 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus ganz Europa unterzeichnet wurde. Sie stehen für Millionen von EU-Bürgern, deren Stimme einmal mehr ignoriert worden ist.

Erstmals publiziert von Forum Umwelt & Entwicklung

Offener Brief an Margrethe Vestager, EU-Wettbewerbskommissarin

20. März 2018

Wir, die unterzeichnenden Organisationen, fordern die Europäische Wettbewerbskommission auf, die Übernahme von Monsanto durch Bayer aus wettbewerbsrechtlichen Gründen abzulehnen. Wir fordern insbesondere Sie als Wettbewerbskommissarin auf, die Bildung neuer Monopole durch die Kombination von Saatgut und Pestiziden (vertikale Konzentration) und im Bereich der Digitalisierung (durch die Integration von Saatgut, Pestiziden, Gensequenzierung und Datenplattformen) zu verhindern. Wir möchten Sie dringend bitten, fairen Zugang, Innovation und Wettbewerb in der Landwirtschaft sicherzustellen.

Wir befürchten, dass die bislang vorgeschlagenen Maßnahmen Bayer dennoch einen übermächtigen und unfairen Marktvorteil ermöglichen würden – mit negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb (besonders im Saatgutbereich), faire Preise und wirkliche Innovationen für LandwirtInnen und ZüchterInnen.

Es wird nichts an der Marktkonzentration, der Unternehmenskontrolle und dem Mangel an Wettbewerb im Agribusiness ändern, wenn Bayer erlaubt wird, Teile seines Saatgut- und Pestizidgeschäfts an andere große Konzerne aus demselben Marktbereich, wie etwa BASF, zu verkaufen. Neben den negativen Auswirkungen der Fusion auf den Saatgut- und Pestizidmarkt sowie auf Innovationsmöglichkeiten für nachhaltigere Ernährungssysteme betrachten wir die Folgen der Übernahme auf den Bereich der digitalen Landwirtschaft als besonders besorgniserregend. Durch die Fusion würde Bayer-Monsanto zum wichtigsten Akteur bei der Sammlung, Analyse und wirtschaftlichen Nutzung landwirtschaftlicher Daten. Daher äußern wir folgende Bedenken:

  • Bayer-Monsanto würde zum größten Akteur im Bereich von Datenplattformen und Datensammlung. Dies birgt für Bauern und Bäuerinnen ähnliche Risiken und Probleme, wie sie bereits durch Datenplattformen wie Google, Amazon und Facebook entstanden sind. Die rasante Entwicklung landwirtschaftlicher Datenplattformen schafft eine neue Dynamik, durch die Unternehmen in den nächsten Jahren ihre ökonomische Macht vergrößern und gleichzeitig Innovation und Wettbewerb einschränken können. Kein anderer Wettbewerber hat in diesem Bereich vergleichbare Investitionen und Know-How. Es ist absolut ungenügend, BASF Zugang zur Bayer-Plattform zu ermöglichen, denn die Daten, das Know-How und der Algorithmus blieben in den Händen von Bayer-Monsanto.
  • Bayer-Monsanto könnte sein Datengeschäft mit Saatgut, Pflanzenmerkmalen und Agrarchemie verbinden, um eine neue Plattform zu schaffen. Durch diese könnte der Verkauf eines Produktes zum Verkauf weiterer Produkte genutzt und alle Geschäfte integriert werden. Dadurch würde Innovation verhindert und Wettbewerber verdrängt.
  • Die kombinierten Datenoperationen von Bayer und Monsanto würden dem Unternehmen eine Pionier-Position im Sektor geben und eine einzigartige Möglichkeit schaffen, um Wettbewerber zu verdrängen und/oder den Markt zu lenken (für Saatgut und Pestizide ebenso wie entlang der Wertschöpfungskette von Beratungsdienstleistungen bis hin zu Verkaufskanälen). Monsantos Software begrenzt schon heute die Auswahl der Bauern und Bäuerinnen bei Hybridsaatgut und zukünftige Datenalgorithmen werden sehr wahrscheinlich nur Lösungen anbieten, die auf den eigenen Produkten basieren.
  • Aktuell gibt es weder einen Rechtsrahmen auf nationaler oder EU-Ebene, um die Verwendung der durch die Agrarkonzerne gesammelten Daten zu kontrollieren, noch vereinbarte Grenzen für deren wirtschaftliche Nutzung und Handelbarkeit. Sowohl Bayer als auch Monsanto sind bereits weit fortgeschritten bei der Einführung von digitaler Landwirtschaft in Europa. Monsanto etwa bringt 2018 in 8 EU-Ländern seine digitalen Plattformen auf den Markt.
    Ohne einen Rechtsrahmen zur Datensammlung und –nutzung würde die Fusion zulassen, dass Bayer-Monsanto große Mengen landwirtschaftlicher Daten sammelt, kontrolliert und wirtschaftlich nutzt.

Es gibt sehr wenig öffentliche Unterstützung für diese Fusion und eine kürzlich durchgeführte Meinungsumfrage zeigt, dass die Mehrheit der BürgerInnen will, dass die Kommission die Fusion untersagt. Der Vorschlag, die Fusion zu genehmigen, wird das Gefühl der politischen Machtlosigkeit in der Bevölkerung verstärken. Wir erwarten von der Europäischen Kommission, dass sie das öffentliche Interesse in diesem Anliegen vertritt und verteidigt.

Daher fordern wir die Europäische Kommission auf, die Bayer-Monsanto-Fusion zu untersagen, um eine weitere Konzentration des Saatgut- und Pestizidmarktes sowie die Schaffung einer dominanten Marktposition im Bereich landwirtschaftliche Daten zu verhindern.

Die englische Originalversion des offenen Briefes gibt es hier.

Unterzeichner:

Friends of the Earth Europe
WeMove.EU
Oxfam
PAN Europe
Greenpeace
Save Our Seeds
Birdlife Europe
European Coordination Via Campesina (ECVC)
Slow Food
ARC2020
EEB
IATP Europe
Food & Water Europe
Compassion in World Farming
Corporate Europe Observatory
CIDSE
Fair Trade Advocacy Office (FTAO)
CONCORD Europe
ACT Alliance EU
IFOAM EU
COAR)))
Navdanya International
EcoNexus
SEEDS ACTION NETWORK
Rettet den Regenwald
INKOTA-netzwerk e.V.
FDCL e.V.
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, AbL
Companions for Hope
Arche Noah VEREIN
FOCSIV
Aktion Agrar
Werkstatt Ökonomie e. V.
Goliathwatch
Forum Umwelt und Entwicklung // German NGO Forum on Environment and Development
Sustain
Die Freien Bäcker
Biovision
MISEREOR
Brot für alle
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Stop Bayer Monsanto
Zahony pro skolky
Asociace socialniho zemedelství
Asociace místních potravinových iniciativ, o.p.s.
Ecologistas en Acción
Solidarity Sweden – Latin America
Red Semillas Aragon-España
GMWatch
CCFD – Terre Solidaire
Aardewerk vzw
Biofuelwatch
MedSOS
mpOC
CERAI, Centre for Rural Studies and International Agriculture
GM Freeze
Ekumenická akademie
ASEED Europe
CEPTA – Centre for Sustainable Alternatives
LA ROUTE DU SEL ET DE L’ESPOIR
CARI – Centre d’Actions et de Réalisations Internationales
CooLAND
Prijatelji prirode Eko Element
Gen-ethethisches Netzwerk
EKO-Leonardo
Eko Udruga Majski Cvijet
Centar za krš i speleologiju
UG EKO FORUM Zenica
LIR Evolucija / LIR Evolution
A Sud – Ecologia e Cooperazione
CDCA – Documentation Centre on Environmental Conflicts
Both ENDS

 

Mehr zum Thema: Bayer-Monsanto-Fusion: EU zementiert überholtes Landwirtschaftsmodell

Der Originalartikel kann hier besucht werden