Die Schweizer Rüstungsindustrie hofft auf Bombengeschäfte: Sie möchte die Erlaubnis, Waffen auch in Länder liefern zu dürfen, in denen Krieg herrscht.

Die Schweizer Waffenindustrie klagt wieder einmal über schlecht laufende Geschäfte und fordert eine weitere Lockerung der Waffenexportkontrolle. Dreizehn Rüstungsfirmen haben sich an die Sicherheitskommission des Ständerates gewandt. Die Unternehmen fordern «gleich lange Spiesse» wie die europäische Konkurrenz: Sie möchten die Erlaubnis, Waffen auch in Länder liefern zu dürfen, in denen Krieg herrscht.

Die Geschichte zeigt beispielhaft, wie Politik in der Schweiz funktioniert. Am Anfang stand eine Volksinitiative der «Gruppe für eine Schweiz ohne  Armee», die ein totales Verbot von Waffenexporten forderte. Um der Initiative vor der Abstimmung den Wind aus den Segeln zu nehmen, verschärfte der Bundesrat im Jahr 2008 die Waffenexportkontrolle mit zwei neuen Regeln. Die Volksinitiative wurde in der Abstimmung abgelehnt. Seither macht die Waffenlobby stetig Druck, um die  Verschärfungen, die der Bundesrat eben eingeführt hat, wieder zu beseitigen. Und ist Schritt für Schritt erfolgreich.

Die erste Regel des Bundesrates wurde von Anfang an nicht respektiert. Obwohl Waffenexporte nicht bewilligt werden dürfen, wenn das Land in einen «bewaffneten Konflikt verwickelt ist», liefert die Schweiz weiterhin Waffen an die USA, Deutschland und weitere NATO-Staaten, die in Afghanistan und anderswo Krieg führen. Ein Protest von 70 RechtsprofessorInnen änderte daran: nichts.

Die zweite Regel, dass keine Waffen in ein Land geliefert werden dürfen, das die «Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt», wurde vom Parlament im März 2014 gelockert, nach intensivem Lobbying von Wirtschaftskreisen. Seither kann eine Bewilligung trotzdem erteilt werden, wenn «ein geringes Risiko besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial zur Begehung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird».

Der nächste Schritt folgte – wieder nach entsprechendem Lobbying – im April 2016, als der Bundesrat das Waffenexport-Moratorium für den Jemen-Krieg aufhob und gleich noch eine Neuauslegung der Kriegsmaterialverordnung vornahm. Das Verbot, Waffen in Länder zu liefern, die in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind, soll nur noch dann gelten, wenn «im Empfängerland selbst» ein bewaffneter Konflikt herrscht. Seither dürfen Waffen wieder an Saudi-Arabien und andere Golfländer geliefert werden, die den Jemen zurzeit in Schutt und Asche bomben.

Damit sind die Verschärfungen der Exportkontrolle, die der Bundesrat 2008 – im Vorfeld der Abstimmung über die Waffenexportverbot-Initiative – eingeführt hatte, wieder weitgehend beseitigt. Doch geht das den Schweizer Waffenfirmen noch immer nicht weit genug. Sie möchten Waffen auch direkt an Kriegsländer wie Jemen, Syrien oder Süd-Sudan verkaufen.

Krieg wird weltweit wieder zur Normalität. Vier der fünf permanenten Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates führen zurzeit Krieg, ebenso 10 der 15 weiteren Mitglieder dieses Gremiums, das für die «Wahrung des Weltfriedens» zuständig ist. Das sind beste Aussichten, wieder mehr Schweizer Waffen für mehr Kriege verkaufen zu können.

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