Die erneut aufflammende Gewalt in Südafrika passt wohl nicht in unser Bild vom schönen Urlaubsland Südafrika. Anders ist das große Schweigen der einheimischen Medien kaum zu erklären.

Zuerst dachte ich, es handele sich um Bilder der Ereignisse von 2008. Doch dann begriff ich schnell, dass die Bilder, die meine südafrikanischen Freunde in den letzten Tagen auf Facebook posteten, nicht die Opfer der xenophobischen Gewalt von 2008, sondern von neuen fremdenfeindlichen Übergriffen zeigten.

Vor etwa zwei Wochen fing es an, und Anfang der Woche ist es eskaliert. Wütende Mobs von Südafrikanern attackierten afrikanische Ausländer (meist aus Zimbabwe, Somalia, Äthiopien und dem Kongo) mit Steinen und Macheten in Durban, der drittgrößten Stadt des Landes. Insbesondere auf deren kleinen Geschäfte in den Townships hatte es die aufgebrachte Menge abgesehen. Diese wurden mit Steinen beworfen, geplündert und in Brand gesteckt. Einige der Angegriffenen formieren sich nun zu Gruppen, die Gegenwehr leisten. Bis jetzt hat die Gewalt 5 Todesopfer gefordert.

Es scheint nun, dass diese erneute Welle der Gewalt auf die Hauptstadt Johannesburg übergreifen würde. Es handelt sich allem Anschein nach nicht um spontane, sondern wie 2008 um orchestrierte Aktionen, bei denen gezielt die Geschäfte von afrikanischen Ausländern geplündert, die Menschen angegriffen und vertrieben werden. Parolen wie „Ausländer sollen ihre Sachen packen und unser Land verlassen“ werden skandiert.

Das alles an sich ist schon schlimm genug. Doch was erfährt man in den heimischen Medien bis jetzt darüber? Fast nichts. Man muss schon in die internationale Presse, wie beispielsweise den britischen Guardian oder die BBC schauen, um etwas mehr über diese Ereignisse zu erfahren. Nur auf der Website der Tagesschau fand sich gestern ein aktueller Artikel zum Thema.

Da stellt sich einem als Beobachter die Frage, warum so wenig darüber berichtet wird. In unserer sensationslüsternen und vernetzten Welt, in der sich die Presse normalerweise auf jedes Ereignis in jedem Winkel der Welt stürzt, hört und sieht man bis jetzt fast nichts von diesen Ereignissen, wenn man nicht gerade gezielt nach Informationen dazu sucht.

Als jemand, der bis vor Kurzem fünf Jahre in Südafrika gelebt hat, stehe ich natürlich der typischen Afrika-Berichterstattung sehr kritisch gegenüber: entweder geht es um „Traumurlaube“ (sprich Safaris), oder um Korruption, Gewalt, und die angebliche Unfähigkeit der Menschen in Afrika, sich selbst zu helfen und zu regieren.

Doch insbesondere in Zeiten, wo bei uns die Menschen den Aufrufen von ausländerfeindlichen Gruppen folgen und gegen Zuwanderung protestieren, verwundert es schon, dass man gewaltsame Ausbrüche gegen Fremde in anderen Ländern weitgehend ignoriert. Außerdem haben deutsche Leitmedien wie der Spiegel oder die Süddeutsche Zeitung eigene Büros oder Korrespondenten in Südafrika.

Was sind also die Gründe für das Schweigen der deutschen Medien? Passen solche Szenen nicht in unser typisches Denkmuster? Interessieren sie uns einfach nicht, da doch „nur“ schwarze Afrikaner von anderen schwarzen Afrikanern gelyncht werden, und die Europäer (d. h. die „Weißen“) nicht behelligt werden? Oder stecken womöglich wirtschaftliche Interessen dahinter? Immerhin ist Südafrika eines der beliebtesten Reiseziele für Deutsche, und man will ja auf keinen Fall potentielle Urlauber verschrecken…

Es kann sich nun jeder seine eigene Meinung zu den Ereignissen, und insbesondere zu der nicht-existenten Berichterstattung bilden.

Ich warte nur darauf, bis irgendwann wieder einmal ein Weißer einem Verbrechen in Afrika zum Opfer fällt, und sich dann die Medien wie die Aasgeier darauf stürzen werden.

Bis dahin hoffe ich, dass meine südafrikanischen Brüder und Schwestern sich weiterhin solidarisch zeigen und den marodierenden Mobs bald Einhalt gebieten können. Und dass in Südafrika endlich nachhaltige Lösungen erarbeitet werden, um den wiederholten Gewaltausbrüchen gegen Ausländer endlich ein Ende zu setzen. Dann wird es auch wieder gute Nachrichten aus der Regenbogennation geben. Ob man davon in der hiesigen Presse erfährt, steht wiederum auf einem anderen Blatt…

Christoph Hügel