Tausende von an Hepatitis C lebensbedrohlich erkrankten Menschen werden in der Schweiz aufgrund der Richtlinien des Bundesamts für Gesundheit (BAG) nicht behandelt, um Kosten zu sparen.

Was ist Hepatitis C

Hepatitis C ist eine Viruserkrankung, die bei einem grossen Teil der Betroffenen mit der Zeit zu einer Leberschädigung führt (Leberfibrose, Leberzirrhose, Leberversagen und ein Teil davon auch Leberkrebs).

Neue, hochwirksame Medikamente verfügbar

Seit rund einem Jahr gibt es hochwirksame Medikamente zur Behandlung von an Hepatitis C erkrankten Menschen, die sogenannten direkten Virenhemmstoffe oder Proteasehemmer. Das erste dieser Art, das in der Schweiz seit 2014 zugelassen ist, war Sovaldi (mit dem Wirkstoff Sofosbuvir), das meist noch zusammen mit Ribavirin eingesetzt wird. Eine neue Generation wurde im Dezember 2014 zugelassen, Harvoni (das nebst Sofosbuvir auch Ledipasvir enthält) und gemäss Studien noch wirksamer ist. Es werden bei 12-wöchiger Behandlung 93 – 99% Heilungsraten erreicht, bei 24-wöchiger Behandlung 100%. Der Nachteil sind die hohen Kosten: eine 12-wöchige Behandlung kostet rund 60‘000 Fr., eine 24-wöchige 120‘000 Fr. Beide Medikamente werden vom US-amerikanischen Pharmariesen Gilead Sciences hergestellt.

Wer hat das Recht auf Behandlung und wer nicht?

Das BAG hat entschieden, Erkrankte erst ab dem Fibrosestadium F3 zu behandeln. Dabei stehen für F0 = keine Fibrose; F1 = leichte Fibrose; F2 = mässige, klinisch signifikante Fibrose; F3 = hochgradige Fibrose und F4 = Zirrhose (Endstadium). Nebst der medizinisch bekannten Gefährlichkeit der Erkrankung, die in zahlreichen Fällen letztendlich zum Tode führt, leiden zahlreiche Betroffene unter verschiedenen Symptomen, besonders über Abgeschlagenheit, Tagesmüdigkeit, Gliederschmerzen, Druckschmerzen im rechten Oberbauch, verminderte Leistungsfähigkeit).

Restriktive Zulassungspraxis in der Schweiz

Auch die Zulassungskriterien der neuen Medikamente lassen in der Schweiz viel zu wünschen übrig. So sind Daklinza von Bristol-Myers Squibb und Olysio von Janssen in den USA und der EU bereits zugelassen. Harvoni (von Gilead) ist in der EU auch für den Genotypen 4 zugelassen, in der Schweiz aber nur für den am häufigsten verbreiteten Genotypen 1 (bei den Genotypen handelt es sich um verschiedene Varianten des Virus, die auf Behandlungen unterschiedlich ansprechen).

Skandal der öffentlichen Gesundheit in der Schweiz und die Propaganda des BAG

Es ist ein Skandal, dass tausenden von Menschen aus Kostengründen nicht geholfen wird, obwohl es heute eine fast 100%-ige Medikation gibt! In den Stellungnahmen des BAG werden auch direkte Lügen verbreitet, um zu verhindern, dass die Öffentlichkeit sich nicht gegen diese unmenschliche Praxis mobilisiert. So schreibt Pascal Strupler, Direktor des BAG, in der Neuen Zürcher Zeitung vom 30.10.2014: „Es hat wenig Sinn, diejenigen zu behandeln, die einmal krank werden könnten, es aber noch nicht sind und vielleicht auch nie werden.“. Damit suggeriert er, dass hierzulande nur die noch Gesunden nicht behandelt werden. Die Patienten, die aber bereits eine Fibrose F2 entwickelt haben, sind bei weitem nicht mehr gesund, auch die mit Fibrose F1 nicht! Es wäre noch verständlich, wenn diejenigen, bei denen noch keine Fibrose nachweisbar ist, noch nicht behandelt werden. Aber bereits ab Fibrosestadium F2 ist eine Verweigerung der Medikamente schlicht unverantwortlich, inakzeptabel und unmenschlich. Er spricht weiter von 4,6 Milliarden Fr., welche eine Behandlung aller Hepatitis-C-Träger kosten würde. Auch hier lügt das BAG oder manipuliert zumindest gezielt die Öffentlichkeit. Es sind zur Zeit 33‘000 Fälle in der Schweiz bekannt. Wenn all diese bekannten Fälle behandelt würden, belaufen sich die Kosten auf rund 2 Milliarden. Herr Strupler rechnet hier bewusst mit der Zahl der „geschätzter“ Fälle. Wenn nun aber nur jene behandelt würden, die bereits eine Fibrose F1 entwickeln, dann wären wir bei noch viel tieferen Kosten, vermutlich bei 500 Mio. – 1 Mrd. Franken, was vom BAG bewusst unterschlagen wird. Seitens des BAG gibt es keine Zahlen, wie viele der registrierten Hepatitis-C Träger wirklich erkrankt sind und was also die tatsächlichen Kosten einer Behandlung aller Erkrankten wären.

Die meisten Hepatologen und Ärzte der Schweiz stehen nicht hinter diesem Entscheid des BAG. Dennoch versichert der Direktor des BAG, den Rationierungsentscheid „selbstverständlich in Absprache mit medizinischen Experten“ getroffen zu haben. Wie lange es wohl gedauert hat, bis diese „Experten“ gefunden wurden? Sicher aber hat das BAG keine Befragung der spezialisierten Ärzteschaft durchgeführt, und ist noch weniger bereit, auf Fachärzte zu hören.

Der Direktor des Bundesamts für Gesundheit sollte besser zurücktreten und sich im Wirtschaftsministerium bewerben, dort würde er der Schweizer Öffentlichkeit vielleicht bessere Dienste leisten.

Es bleibt zu hoffen, dass die von verschiedenen Seiten immer lauter vorgebrachten Forderungen bei den Schweizer Behörden bald Gehör finden:

  • Uneingeschränkten Zugang von Hepatitis-C-Erkrankten auf die Medikamente der neuesten Generation.
  • Sofortige Priorisierung aller Fälle ab Stadium F2.
  • Längerfristig auch Behandlung aller Hepatitis-C Trägern, um die Krankheit in der Schweiz auszurotten (so wie das z.B. im neuesten Plan der spanischen Regierung formuliert wurde).
  • Verstärkte Zusammenarbeit mit der EU und den USA betreffend der Zulassung der neuen Medikamente.

Weitere Infos: Stop Hepatitis C in der Schweiz
Kontaktaufnahme: stop-hepatitis-c@bluewin.ch

Daniel Horowitz