Der Aufstieg autoritärer Politik bedroht auch in Europa die Errungenschaften der LGBTQIA+ Bewegung für Gleichstellung und Toleranz. In Ungarn versucht die Regierung Orbán, Demonstrationen wie die Pride zu verbieten. Auch in der Schweiz sind die Rechte der Community vermehrt unter Druck. Diskriminierung und Gewalt gegen trans und intergeschlechtliche Menschen nehmen zu, während queere Geflüchtete um Schutz und Aufnahme kämpfen müssen. Amnesty International und Queeramnesty rufen dazu auf, an den Prides Zürich und Bern ein starkes Zeichen für die Menschenrechte von LGBTQIA+ zu setzen.

An den beiden grössten Prides der Schweiz – am 21. Juni in Zürich und am 2. August in Bern – wird Queeramnesty gemeinsam mit queeren Geflüchteten teilnehmen. Die Aktivist*innengruppe von Amnesty Schweiz zeigt dabei ihre Solidarität mit der LGBTQIA+ Community in Ungarn.

«UNSERE TEILNAHME AN DEN SCHWEIZER PRIDES IST EIN AKT DER SOLIDARITÄT MIT DEN BEDROHTEN LGBTQIA+ PERSONEN IN UNGARN.» Marc Schmid, Queeramnesty

«Seit 30 Jahren steht die Budapest Pride für Sichtbarkeit und Freiheit der LGBTQIA+ Bewegung. Heute ist sie ein Symbol des Widerstands gegen eine Regierung Orbán, die queere Menschen aus dem öffentlichen Leben verdrängen will», sagt Marc Schmid von Queeramnesty. «Unsere Teilnahme an den Schweizer Prides ist ein Akt der Solidarität mit den bedrohten LGBTQIA+ Personen in Ungarn.»

Die ungarische Regierung verfolgt – nach dem Vorbild autokratisch regierter Staaten wie Russland und die Türkei – seit Jahren eine gezielte Strategie, um die Rechte von LGBTQIA+ Personen sukzessive abzubauen. Der Angriff auf ihre Versammlungsfreiheit unter dem Deckmantel des Kinderschutzes ist der jüngste Versuch, Menschen ihre Identität abzusprechen und ihre Anliegen zu delegitimieren. Im März verabschiedete das Parlament im Eiltempo ein Gesetz, das Versammlungen verbietet, die gegen das Anti-LGBTQIA+ «Propaganda-Gesetz» verstossen. Es enthält vage Formulierungen, die dem russischen Gesetz gegen «Homosexuellenpropaganda» von 2013 nachempfunden sind, und erlaubt willkürliche Zensur sowie den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware zur Überwachung und Bestrafung von Teilnehmenden.

Das drohende Verbot der Pride ist Teil einer perfiden Strategie: Seit 2020 werden in Ungarn gezielt Rechte von LGBTQIA+ Menschen eingeschränkt – dazu gehört das Verbot der rechtlichen Anerkennung von trans Personen, das Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Paare und die Verbannung von LGBTQIA+ Inhalten aus Schulen oder dem Fernsehen», warnt Marc Schmid. «Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir hierzulande auf die Strasse gehen und unsere Solidarität zeigen.»

Gegen queerfeindliche Gewalt

«Auch in der Schweiz ist der Schutz von LGBTQIA+ Rechten wieder dringlicher geworden. Vor allem trans und intergeschlechtliche Menschen sind mit Vorurteilen, Intoleranz und Gewalt konfrontiert. Besonders verletzlich sind queere Geflüchtete, die um Aufnahme und Schutz kämpfen müssen», sagt Marc Schmid.

«AUCH IN DER SCHWEIZ IST DER SCHUTZ VON LGBTQIA+ RECHTEN WIEDER DRINGLICHER GEWORDEN.» Marc Schmid

Eine 2024 von gfs.bern im Auftrag von Amnesty Schweiz und LGBTQIA+ Organisationen durchgeführte Studie zeigt: Die Schweizer Bevölkerung steht der Community grundsätzlich offen und auch wohlgesinnt gegenüber. Befeuert durch politische Stimmungsmache erfahren aber besonders trans und intergeschlechtliche Menschen Vorurteile, Intoleranz und Gewalt.

Hetze und Diskriminierung in den USA

Amnesty Schweiz und Queeramnesty engagieren sich seit vielen Jahren für die Rechte geflüchteter LGBTQIA+ Personen. Sie warnen auch vor zunehmender Hetze und Diskriminierung in den USA. Eines der ersten Dekrete der Regierung Trump schuf die Grundlage, um trans Menschen aus dem Sport zu verbannen, und die neue US-Einreisepolitik sieht vor, dass Menschen, deren Geschlecht im Pass nicht mit jenem bei der Geburt zugeordneten übereinstimmt, kein Visum für die USA erhalten.

Besonders prekär ist die Lage für queere Asylsuchende in den USA wie der Fall von Andry José Hernández Romero bezeugt. Der Venezolaner wurde aufgrund falscher Anschuldigungen unter dem
«Alien Enemies Act» aus den USA nach El Salvador in ein Hochsicherheitsgefängnis ausgeschafft. Seine Familie und sein Rechtsbeistand bangen um seine physische und psychische Unversehrtheit.

Zur Hetze gegen trans Menschen in den USA lesen Sie den Artikel aus dem aktuellen AMNESTY-Magazin: Gegen die Entrechtung.

HINTERGRUND

Die Gruppe Queeramnesty ist an den Prides in Zürich und Bern mit einer Laufgruppe vertreten.


Mehr Infos zu Queeramnesty:
https://queeramnesty.ch/

https://queeramnesty.ch/frontalangriff-auf-queere-rechte-in-den-usa/

https://queeramnesty.ch/die-autokratie-ist-der-groesste-feind-fuer-queere-menschen/

Der Originalartikel kann hier besucht werden