Am Samstagnachmittag um 15:00 Uhr versammelten sich etwa 90 Menschen auf dem Schweinfurter Marktplatz, um dem 2019 in Polizeigewahrsam verstorbenen Rooble Warsame zu gedenken und eine umfassende Aufklärung seines Todes zu fordern. Die Kundgebung wurde von der Kampagne #Justice4Rooble organisiert.
Den Auftakt machte die Cousine des Verstorbenen mit eindringlichen Worten: „Rooble war ein junger Geflüchteter aus Somalia, voller Hoffnung auf Sicherheit und Würde. Er suchte Bildung und Chancen – doch statt Anerkennung erfuhr er Feindseligkeit und Gewalt. Sein Leben wurde in Polizeigewahrsam ausgelöscht.“
In weiteren Redebeiträgen erinnerten Initiativen an weitere Opfer von Polizeigewalt und machten deutlich, dass es sich nicht um Einzelfälle handele, sondern um ein strukturelles Problem. Auch der Bruder von Oury Jalloh – der 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte – sprach auf der Kundgebung: „Dessau, Schweinfurt, Hamburg, Berlin, Frankfurt, München, Halle, Kiel, Hanau, Dortmund, Magdeburg – überall wurden Leben genommen. Die Brutalität, die Gewalt und die Verbrechen, die von der Polizei begangen werden, sind eine Tatsache. Ebenso wie ein System, das die Täter schützt und die Opfer zum Schweigen bringt. Nicht nur durch direkte Gewalt, sondern auch durch institutionelle Ignoranz und Nachlässigkeit.“
Mit Sprechchören wie „No Justice, No Peace“ forderten die Versammelten Gerechtigkeit, Aufklärung und Rechenschaft von den Verantwortlichen.
Gegen 17:30 Uhr zog die Demonstration in einem Trauermarsch zur Polizeiwache, in der Rooble Warsame vor sechs Jahren starb. Vor dem Gebäude legten die Teilnehmenden Blumen und Kerzen nieder und hielten eine Schweigeminute ab.
Ein zentrales Element der Gedenkveranstaltung war eine Performance von Warsames Angehörigen. Sie stellten die offizielle Suiziddarstellung der Staatsanwaltschaft in Frage: Cousine und Onkel des Verstorbenen versuchten mit bloßen Händen, eine Decke zu zerreißen – vergeblich. Erst mit einer Schere gelang es ihnen. Ihre Botschaft: „Wie soll Rooble eine angeblich reißfeste Decke zerrissen haben, ohne Zugang zu Werkzeugen? Wir weigern uns, den Aussagen der Polizei zu glauben, bis wir plausible Antworten auf unsere Fragen erhalten haben.“
Beteiligte Initiativen: Unterstützt wurde die Demonstration von der lokalen Antifa-Gruppe Schweinfurt, der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, dem Solidaritätskreis Ibrahima Barry, dem Solidaritätskreis Justice for Biriq!, der Initiative in Gedenken an Sheku Bayoh, der Initiative Schwarzer Menschen Deutschland Nürnberg, der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt Berlin, CopWatch FFM, der Deaths in Custody-Kampagne, SemraFAM Frankfurt sowie dem Black and Migrant Café München.
Hintergrund: Der Fall Rooble Warsame
Rooble Warsame, ein 22-jähriger Asylsuchender aus Somalia, wurde am 26. Februar 2019 um fünf Uhr morgens in Polizeigewahrsam genommen. 2,5 Stunden später war er tot. Die Staatsanwaltschaft ging von einem Suizid aus, doch die Familie zweifelt diese Darstellung an. Widersprüche und Ungereimtheiten in den offiziellen Erklärungen haben zu Forderungen nach unabhängiger Aufklärung geführt. Die Kampagne #Justice4Rooble arbeitet mit den NGOs Recherchezentrum e. V. und Forensis e. V. zusammen, um den Fall weiter zu untersuchen.
Weitere Informationen:
http://www.justice4rooble.com
https://www.instagram.com/justice4rooble/
https://taz.de/Tod-in-Polizeigewahrsam/!5695327/