Regierungsnahe Kräfte in den USA weiten ihre Unterstützung für die extreme Rechte in der EU aus – nicht zuletzt zugunsten der AfD, deren Kanzlerkandidatin sich gezielt bemüht, die Partei koalitionsfähig zu machen.
Regierungsnahe politische Kräfte in den USA weiten ihre Unterstützung für die extreme Rechte in Europa, darunter die AfD, aus. Am Wochenende sind auf der jüngsten Generalversammlung der europäischen Partei Patriots for Europe (PfE), denen unter anderem Viktor Orbáns Fides, Marine Le Pens Rassemblement National (RN) oder die FPÖ von Österreichs Bundeskanzler in spe Herbert Kickl angehören, nicht bloß US-Präsident Donald Trump sowie Elon Musk gefeiert worden. Führende PfE-Politiker trafen darüber hinaus mit dem Präsidenten der US-amerikanischen Heritage Foundation zusammen, die vorab ein Programm für die Trump-Administration entwickelt hat (Project 2025) und der der künftige US-Botschafter bei der EU entstammt. Ende Mai wird zudem erneut die CPAC Hungary stattfinden, der europäische Ableger eines US-Events, das als eine Art Massenfestival der US-Republikaner gilt. Auf der CPAC Hungary vernetzen sich seit 2022 US-amerikanische und europäische Rechte. Die Bestrebungen der US-Rechten, die extreme Rechte in Europa hoffähig zu machen, kommen auch der AfD zugute, deren Kanzlerkandidatin Alice Weidel sich um Koalitionsfähigkeit bemüht.
Patriots for Europe (PfE)
Im Windschatten der heftigen Rechtsverschiebung der US-Politik unter Präsident Donald Trump hat die europäische Partei Patriots for Europe (PfE) am Wochenende in Madrid ihre jüngste Generalversammlung abgehalten. Den PfE gehören insgesamt 14 Parteien aus zwölf EU-Staaten an; im Europaparlament stellen sie mit derzeit 86 Abgeordneten die drittstärkste Fraktion. Den Reihen der PfE entstammen ein Ministerpräsident (Viktor Orbán, Fidesz/Ungarn), zwei stellvertretende Ministerpräsidenten (Matteo Salvini, Lega/Italien und Fleur Agema, Partij voor de Vrijheid/Niederlande) sowie ein potenzieller Ministerpräsident (Herbert Kickl, FPÖ/Österreich). Hinzu kommen Politiker wie Andrej Babiš (ANO 2011/Tschechien), der nach dem weithin prognostizierten Wahlsieg seiner Partei im Oktober ebenfalls Ministerpräsident werden könnte, und Marine Le Pen (Rassemblement National/Frankreich), die als mögliche Siegerin bei den Präsidentenwahlen in Frankreich im Jahr 2027 gilt. Aus den Europawahlen ging in Belgien das PfE-Mitglied Vlaams Belang als Wahlsieger hervor. Das spanische PfE-Mitglied Vox wiederum war schon in mehreren der insgesamt 17 Autonomen Regionen Spaniens an Regierungskoalitionen beteiligt. Martin Helme, Vorsitzender der PfE-Partei Eesti Konservatiivne Rahvaerakond (EKRE), amtierte von 2019 bis 2021 als Finanzminister Estlands.
„Tornado Trump“
Trumps Wahlsieg und seine ersten Maßnamen im Amt des US-Präsidenten sind auf der PfE-Generalversammlung begeistert gefeiert worden – vor allem auch wegen ihrer für die extreme Rechte weltweit mobilisierenden Wirkung. „Der Tornado Trump“ habe „die Welt in wenigen Wochen verändert“, stellte Orbán in einer Rede vor den 2.000 Teilnehmern der Veranstaltung in Madrid fest; politische Kräfte – wie die PfE –, die zuvor als „Ketzer“ bezeichnet und als Überbleibsel vergangener Zeiten abgetan worden seien, würden nun als Vorboten der Zukunft eingestuft.[1] Orbán wurde beklatscht, als er sich im Nachhinein für die Unterstützung bedankte, die die Franco-Diktatur 1956 dem damaligen Aufstand in Ungarn hatte zukommen lassen. Vox, die Partei, die die Madrider Veranstaltung organisiert hatte – sie wird von PfE-Präsident Santiago Abascal geführt –, steht in der Tradition des Franco-Regimes. Abascal wiederum plädierte vor den Teilnehmern der Veranstaltung dafür, auf EU-Ebene die Reihen mit anderen relevanten Parteien der extremen Rechten zu schließen. Er nannte explizit die Partei der European Conservatives and Reformists (ECR), in denen die Fratelli d’Italia (FdI) der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gegenwärtig den Ton angeben, und die AfD, deren Kanzlerkandidatin Alice Weidel er für die kurz bevorstehende Wahl „den Sieg“ wünschte.[2]
„Make Europe Great Again“
Während in Madrid Trump als Vorbild gepriesen wurde – die Generalversammlung stand unter dem Motto „Make Europe Great Again“ (MEGA) –, dankten mehrere Anführer extrem rechter Parteien insbesondere auch Elon Musk. „Die neuen Technologien beginnen mit der Schlacht für die Freiheit zusammenzuarbeiten“, hielt PfE-Präsident Abascal fest; seien die in der spanischen Hauptstadt versammelten Parteien lange Zeit Objekt einer „unerbittlichen Zensur“ gewesen, damit niemand „ihre Botschaft höre“, so habe sich dies insbesondere dank Musk und seinem Medium X gewandelt.[3] Die PfE-Fraktion im Europaparlament und die Fraktion Europe of Sovereign Nations (ESN), der die AfD angehört, hatten Musk im vergangenen Jahr gemeinsam für den Sacharow-Preis für geistige Freiheit nominiert, den das Europaparlament jährlich verleiht. Ihr Vorstoß blieb jedoch erfolglos: Der Preis ging letztlich an zwei venezolanische Oppositionelle.[4] Die Beziehungen zu Musk reichen längst über ideologische Nähe hinaus. So befürwortet Italiens stellvertretender Ministerpräsident Matteo Salvini, Vorsitzender der italienischen PfE-Partei Lega, die Vergabe eines Milliardenauftrags an Musks Satellitendienst Starlink. Demnach sollen in Zukunft staatliche Stellen in Italien, darunter womöglich Militär und Geheimdienste, für sensible Kommunikation Musks Satelliten nutzen.[5]
Die Heritage Foundation
Die konkreten Beziehungen, die die PfE in die US-amerikanische Rechte entwickelt haben, reichen mittlerweile über Musk hinaus. Eine Delegation der europäischen Partei nahm am 20. Januar in Washington an Trumps Amtseinführung teil; sie war die einzige Partei aus der EU, die eine Einladung erhalten hatte.[6] Die Delegation nutzte ihren Aufenthalt in der US-Hauptstadt für Zusammenkünfte mit einer Reihe von Politikern, Stiftungen sowie weiteren Institutionen.[7] Insbesondere tauschte sie sich mit Repräsentanten der Heritage Foundation aus, einer der einflussreichsten rechten Denkfabriken im US-Establishment. Die Heritage Foundation hat im vergangenen Jahr im Rahmen ihres Project 2025 Konzepte und Strategien für die Trump-Administration entwickelt, an die der US-Präsident punktuell anzuknüpfen begonnen hat. Mit Andrew Puzder hat Trump einen Mitarbeiter der Heritage Foundation zum neuen US-Botschafter bei der EU nominiert.[8] Am Freitagabend trafen führende Vertreter der PfE am Rande der PfE-Generalversammlung in Madrid mit Kevin Roberts zusammen.[9] Roberts ist Präsident der Heritage Foundation. Er hatte bereits Ende November 2022 den ungarischen Ministerpräsidenten Orbán in Washington empfangen und die politische Entwicklung Ungarns unter ihm ausdrücklich gelobt.
Die CPAC Hungary 2025
Einen weiteren Schub für den Ausbau der Beziehungen zwischen der US-amerikanischen und der europäischen extremen Rechten wird Ende Mai die nächste CPAC Hungary bringen. Die CPAC (Conservative Political Action Conference), 1974 in den USA als Vernetzungstreffen des rechten Flügels der US-Republikaner gegründet, hat sich seit den 2000er Jahren zur Massenveranstaltung entwickelt und folgt seit 2017 dem Kurs des damals gerade zum US-Präsidenten gewählten Donald Trump. Gleichfalls seit 2017 gründet sie politische Ableger im Ausland; 2022 fand in Budapest erstmals die CPAC Hungary statt. Beteiligt waren neben US-Politikern Repräsentanten verschiedener Organisationen der Rechten und der extremen Rechten in Europa, darunter nicht zuletzt von Parteien, die heute den PfE angehören, so etwa Vox, die niederländische Partij voor de Vrijheid und der belgische Vlaams Belang. Zeitweise waren auch Vertreter der Fratelli d’Italia von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sowie Mitglieder der AfD präsent.[10] Auf der CPAC Hungary 2025 wird Ministerpräsident Orbán erneut eine der Hauptreden halten.[11] Mitorganisator ist auf US-Seite der Vorsitzende der American Conservative Union, Matt Schlapp. Schlapps Ehefrau Mercedes Schlapp arbeitete in Trumps Wahlkampagne vor der Präsidentenwahl im November 2020 als Beraterin für Strategische Kommunikation.
Auf dem Weg zur Koalitionsfähigkeit
Aufwind bringt die US-Unterstützung – in ihrem Fall durch Elon Musk – weiterhin der AfD, die in Umfragen mittlerweile bei mehr als 20 Prozent liegt. Die Wahlen seien für die deutsche Rechte „eine historische Chance“, urteilte auf der Madrider PfE-Generalversammlung der stellvertretende italienische Ministerpräsident Salvini.[12] Als Vorbedingung für die Regierungsbeteiligung extrem rechter Parteien wird inzwischen weithin ein neuer cordon sanitaire genannt, der drei Elemente enthalten soll – Zustimmung zur EU, Rechtsstaatlichkeit, Zustimmung zur NATO.[13] AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel hat mittlerweile erkennen lassen, zu den erforderlichen Zugeständnissen bereit zu sein. So erklärte sie kürzlich in einer Talkshow, die offizielle Forderung ihrer Partei, die D-Mark wieder einzuführen, sei obsolet: „Für einen Austritt aus dem Euro ist es viel zu spät“.[14] Die AfD hat in ihrem Wahlprogramm zudem eine relative Annäherung an die USA in Aussicht gestellt und sich für eine transatlantische Kooperation im NATO-Rahmen vorsichtig geöffnet (german-foreign-policy.com berichtete [15]). Damit nähert sich die Partei nach den Maßstäben des neu definierten cordon sanitaire der Koalitionsfähigkeit an.
Mehr zum Thema: Die transatlantische extreme Rechte.
[1], [2] Miguel González: La ultraderecha europea celebra en Madrid la vuelta a la Casa Blanca de su “compañero de armas” Donald Trump. elpais.com 08.02.2025.
[3] Sandrine Morel, Allan Kaval: A Madrid, l’extrême droite européenne s’inscrit dans les pas de Donald Trump. lemonde.fr 09.02.2025.
[4] Mathieu Pollet: The EU far right wants to give Elon Musk a free speech award. politico.eu 26.09.2024.
[5] Salvini: “Musk può essere utile all’Italia. Trump da Nobel se riesce a ottenere la pace”. repubblica.it 06.02.2025.
[6] Miguel González: Abascal reúne en Madrid a los líderes de la ultraderecha europea bajo la sombra de Trump. elpais.com 07.02.2025.
[7] Patriots.eu delegation in Washington. patriots.eu 27.01.2025.
[8] Heritage Foundation Applauds Nomination of Andrew Puzder as Ambassador to EU. heritage.org 23.01.2025.
[9] EU far-right parties rally in Madrid behind slogan ‘Make Europe Great Again’. france24.com 08.02.2025.
[10] S. dazu Ein Oligarch für die AfD.
[11] CPAC Hungary 2025: The Age of Patriots is Here! cpachungary.com.
[12] Trump-style victory the aim for Europe’s far right as leaders praise US president at Madrid conference. news.sky.com 08.02.2025.
[13] S. dazu Die Brandmauer bricht.
[14] „Für Austritt aus dem Euro viel zu spät“. tagesschau.de 03.02.2025.
[15] S. dazu Widersprüchliche Annäherung.