Deutschland stellt den Philippinen militärische Ausbildungshilfen in Aussicht. Manila ordnet sich seit Mitte 2022 den USA unter und öffnet sein Territorium den US-Streitkräften als Aufmarschbasis gegen China.

Deutschland wird die Philippinen, die sich zur Zeit in das antichinesische Bündnissystem der USA am Pazifik einreihen, militärisch unterstützen und im September zwei Kriegsschiffe nach Manila entsenden. Dies wurde beim Besuch von Präsident Ferdinand Marcos Jr. am Dienstag in Berlin diskutiert. Demnach tauschten sich Marcos sowie Bundeskanzler Olaf Scholz unter anderem über künftige Ausbildungshilfen der Bundeswehr für die philippinischen Streitkräfte aus. Marcos, der sein Amt am 30. Juni 2022 angetreten hat, hat die Philippinen auf US-Kurs gebracht und den USA Militärstützpunkte nahe umstrittenen Inseln im Südchinesischen Meer und vor allem nahe Taiwan zur Verfügung gestellt. Zudem hat er gemeinsame US-amerikanisch-philippinische Manöver gestärkt und begonnen, die Militärkooperation mit anderen US-Verbündeten am Pazifik zu intensivieren, insbesondere mit Japan und mit Australien. Manila wird in den nächsten Jahren 35 Milliarden US-Dollar in die Aufrüstung investieren. Als Waffenlieferanten kommen auch deutsche Waffenschmieden in Betracht. Im September sollen zudem zwei deutsche Kriegsschiffe auf einer ausgedehnten Asien-Pazifik-Fahrt in Manila Station einlegen.

Die „Speerspitze“ der Philippinen

Die Grundlage der Außenpolitik, die die Philippinen seit dem Amtsantritt des derzeitigen Präsidenten Ferdinand „Bongbong“ Marcos am 30. Juni 2022 verfolgen, ist ein Schwenk von einer Politik des Ausgleichs zwischen China und dem Westen hin zu einer Unterordnung unter die Vereinigten Staaten. Marcos hat den USA im vergangenen Jahr die Erlaubnis erteilt, zusätzlich zu den fünf Militärstützpunkten vor allem im Zentrum und im Süden des Landes, die sie bis dahin nutzen durften, vier weitere zu überlassen, einer davon nahe umstrittenen Inseln im Südchinesischen Meer, drei im äußersten Norden der Philippinen nahe Taiwan. Das jährlich gemeinsam von den USA und den Philippinen abgehaltene Manöver Balikatan war 2023 mit rund 17.600 Soldaten das bislang größte seiner Art; ein Teil der Kriegsübung wurde in den Batanes abgehalten, der nördlichsten philippinischen Inselgruppe, die bis auf rund 150 Kilometer an Taiwan heranreicht. Verteidigungsminister Gilberto Teodoro äußerte kürzlich, die Batanes-Inseln seien die „Speerspitze“ der Philippinen. Im November haben die USA und die Philippinen in den Batanes erstmals gemeinsame Patrouillen zu Wasser und in der Luft unternommen.[1] Damit schreitet der US-Militäraufmarsch südlich von Taiwan voran.

Teil des US-Bündnissystems

Parallel binden sich die Philippinen systematisch in das gegen China gerichtete US-Bündnissystem in der Asien-Pazifik-Region ein. So haben sie im September vergangenen Jahres eine „strategische Partnerschaft“ mit Australien geschlossen, die unter anderem jährliche Zusammenkünfte der Verteidigungsminister der beiden Länder umfasst.[2] Zudem weiten Manila und Canberra ihre gemeinsamen Manöver aus; im November 2023 führten sie, nur wenige Tage nach dem Beginn der philippinisch-US-amerikanischen Patrouillen in den Batanes, gemeinsame Patrouillen zu Wasser und in der Luft im Südchinesischen Meer durch. Parallel intensivieren die Philippinen ihre Kooperation mit Japan. Anfang vergangenen Jahres schlossen beide Länder zunächst ein Abkommen über eine Streitkräftezusammenarbeit im Fall von Naturkatastrophen. Im November nahmen sie Verhandlungen über eine erheblich weiter reichende Vereinbarung auf, die zum Beispiel den Aufenthalt ihrer Soldaten im jeweils anderen Land während gemeinsamer Manöver regeln soll.[3] Im November 2023 nahmen philippinische Militärs zum ersten Mal – allerdings zunächst bloß als Beobachter – an einem von Japan geführten Manöver teil, das die Interoperabilität der japanischen Streitkräfte mit denjenigen der USA und Australiens stärken sollte.

Gegen China

Die militärische Einbindung der Philippinen in das antichinesische Bündnissystem der USA hat schon jetzt die Spannungen im Südchinesischen Meer verschärft. Im Mittelpunkt steht zur Zeit das Second Thomas Shoal, ein Riff, das zur Inselgruppe der Spratly Islands gehört. Die Philippinen beanspruchen es für sich und haben dies bereits 1999 markiert, indem sie ein ausgemustertes Kriegsschiff, die Sierra Madre, auf es gerammt haben; dort sind stets mehrere Soldaten stationiert. Vietnam, China und Taiwan erkennen den philippinischen Anspruch nicht an. Beijing geht seit Februar 2023 offensiver gegen ihn vor und hat mehrmals etwa Wasserkanonen gegen philippinische Versorgungsschiffe eingesetzt. Erst kürzlich kollidierten dabei ein chinesisches und ein philippinisches Schiff.[4] Auch Taiwan selbst wird immer deutlicher zum Gegenstand des Konflikts. Mitte Januar gratulierte Präsident Marcos nach den Präsidentenwahlen auf Taiwan dem Wahlsieger Lai Ching-te, einem klaren Anhänger einer Abspaltung der Insel von China, mit Formulierungen, wie sie gegenüber regulären Staatschefs verwendet werden.[5] Beijing legte scharfen Protest ein und warnte Manila – wie schon zuvor und auch später wieder –, nicht „mit dem Feuer zu spielen“.

Deutsche Militärhilfe

Die Einbindung der Philippinen in Washingtons antichinesische Front wird auch von Berlin unterstützt. Bereits im Januar hatte Außenministerin Annalena Baerbock Manila besucht, der dortigen Regierung deutsche Rückendeckung in ihren Auseinandersetzungen mit China zugesagt und die Lieferung weiterer Aufklärungsdrohnen an die philippinische Küstenwache versprochen.[6] Am Dienstag empfing Bundeskanzler Olaf Scholz nun Präsident Marcos in Berlin. Dabei ging es unter anderem um den Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und um die Anwerbung philippinischen Pflegepersonals für das deutsche Gesundheitswesen. Diese wird bislang dadurch gehemmt, dass eine klare Mehrheit der Angeworbenen sich über rassistische Diskriminierung beklagt (german-foreign-policy.com berichtete [7]). Manila bemüht sich außerdem um militärische Ausbildung durch die Bundeswehr. Marcos teilte mit, darüber habe er mit Scholz „einen intensiven Austausch“ geführt; man habe sich „geeinigt, dass wir das ausweiten wollen“.[8] Denkbar sei außerdem, dass Manila in Zukunft Waffen in Deutschland beschaffe. Die philippinische Regierung will im kommenden Jahrzehnt für bis zu 35 Milliarden US-Dollar aufrüsten.[9] Unter anderem ist vom Kauf von U-Booten die Rede – der Sache nach für einen möglichen Krieg gegen China.

Sich zum Schlachtfeld machen

Davon unabhängig werden Berichten zufolge im September zwei deutsche Kriegsschiffe im Rahmen ihrer bevorstehenden Asien-Pazifik-Fahrt im Hafen von Manila Station machen.[10] Die Fregatte Bayern, die im Sommer 2021 für rund ein halbes Jahr im Indischen und im Pazifischen Ozean kreuzte, hatte die Philippinen, deren damaliger Präsident Duterte noch auf Ausgleich zwischen China und dem Westen setzte, gemieden. Das ändert sich mit dem neuen Kurs unter Marcos. Mit seiner klaren Unterordnung unter die ehemalige Kolonialmacht USA, bei deren Vernichtungsfeldzügen im Rahmen der Durchsetzung ihrer Kolonialherrschaft in den Jahren von 1898 bis 1902 mindestens 250.000, vermutlich aber bis zu eine Million Zivilisten zu Tode kamen [11], fällt Marcos in Südostasien allerdings aus dem Rahmen. Auch dort setzen die Regierungen in wachsendem Maß darauf, sich von den alten Kolonialherren im Westen unabhängig zu machen und einen außenpolitischen Kurs zu steuern, der ihnen zumindest eine relative Eigenständigkeit gewährt. Selbst in Singapur, das weiterhin recht eng mit dem Westen kooperiert, stößt die Bereitschaft Manilas, das Land als Aufmarschbasis gegen China zur Verfügung zu stellen, spürbar auf Verwunderung. Singapurs Premierminister Lee Hsien Loong fragte kürzlich in einer Diskussionsveranstaltung: „Seid ihr (Filipinos) sicher, dass ihr in einen Kampf ziehen wollt, in dem ihr das Schlachtfeld seid?“[12]

 

[1] David Rising: The US and the Philippines conduct joint air, sea patrols in South China Sea not far from Taiwan. apnews.com 22.11.2023.

[2] Sebastian Strangio: Australia, Philippines Agree to Upgrade Bilateral Relationship. thediplomat.com 11.09.2023.

[3] Jim Gomez, Mari Yamaguchi: Japan and Philippine leaders agree to negotiate defense pact and boost ties amid China’s aggression. apnews.com 03.11.2023.

[4] Jim Gomez: Philippine and Chinese vessels collide in disputed South China Sea and 4 Filipino crew are injured. apnews.com 05.03.2024.

[5] Sebastian Strangio: China Warns Philippines Over President Marcos’ Taiwan Remarks. thediplomat.com 17.01.2024.

[6], [7] S. dazu Drohnen gegen China.

[8] Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und Präsident Marcos Jr. beim Empfang des Präsidenten der Republik Philippinen in Berlin. bundesregierung.

[9] Cliff Venzon: Philippines Plan $35 Billion Defense Upgrade in Sea Claims Push. news.yahoo.com 01.02.2024.

[10] Daniela Braun: Präsident Ferdinand Marcos Jr. in Berlin. kas.de 06.03.2024.

[11] Luis H. Francia: A History of the Philippines. From Indos Bravos to Filipinos. New York 2014. S. 160ff.

[12] Richard Javad Heydarian: The Philippines in a lonely fight with China. asiatimes.com 15.11.2023.

Der Originalartikel kann hier besucht werden