In dieser Reihe der Neuen Humanistischen Psychologie haben wir uns auf verschiedene Aspekte der Funktionsweise unseres Bewusstseins konzentriert und Orientierungen gegeben, um aus der Welt des Leidens herauszukommen, zu einem kohärenten Leben voranzuschreiten und die Möglichkeit einer echten und tiefgreifenden Veränderung in uns selbst und in unserem Umfeld zu eröffnen.

Von Jordi Jiménez

Viele der behandelten Themen berührten das, was wir die „tiefen Räume“ des menschlichen Bewusstseins nennen: Themen wie Dankbarkeit und Bitten, innere Führung, Übungen mit der inneren Kraft und sogar die Prinzipien des gültigen Handelns. So einfach einige dieser Themen auch erscheinen mögen, sie können den Praktizierenden täglich in jene Räume führen, die im Alltag selten sind. Diese innere Reise hat wiederum die Fähigkeit, dasselbe Leben zu verändern, da die Veränderungen in den Tiefen des Bewusstseins stattfinden.

Andere Themen haben die Funktionsweise unseres Bewusstseins vom Standpunkt der Erfahrung aus betrachtet, von den Registern, die wir haben, von der Erfahrung, in einer Art Psychologie der Phänomene (phänomenologisch), die genau darauf basiert, auf der Erfahrung. Themen wie mentale Bilder, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Besessenheit oder Klima und Spannungen gehören zu diesem eher mentalen oder psychologischen Bereich.

In-der-Welt-Sein

Wir haben also einige Wege beschritten, die wir als spirituell bezeichnen könnten, und andere, die eher psychologisch sind. Aber wir dürfen etwas sehr Wichtiges nicht vergessen: Jedes menschliche Wesen und jede menschliche Erfahrung findet immer in einem Milieu, in einem Kontext statt. Der Mensch ist immer ein Wesen-in-der-Welt (also ein Begrff mit Bindestrichen). Es gibt absolut nichts in diesem Universum, das von seiner Umgebung isoliert ist. Selbst in der unendlichen siderischen Leere gehört jedes existierende Element zu seinem Kontext, selbst wenn dieser Kontext die totale Leere ist. Auch der lebende, existierende Mensch ist nicht von seiner Umgebung isoliert, so sehr manche auch versuchen mögen, ihn zu isolieren. Man kann sich zum Beispiel aus dem städtischen sozialen Umfeld entfernen und auf einer einsamen Insel leben, aber dabei muss man sich zweifellos auf irgendeine Weise mit dieser neuen Umgebung verbinden, denn das eigene Überleben hängt von der Beziehung ab, die man zu dieser natürlichen Umgebung aufbaut.

Nachdem wir die Unvermeidbarkeit der Beziehung zwischen dem Wesen und der Umwelt geklärt haben, können wir uns nun der Sache widmen. Viele von Euch, Psychologen und Spirituelle, wissen das bereits, aber es lohnt sich, daran zu erinnern: Es ändert sich nichts im Menschen, wenn er seine Beziehung zu seiner Umwelt, zu seinem sozialen, persönlichen und sogar materiellen Umfeld, nicht ändert. Heute habe ich im Radio einen sehr anschaulichen Witz gehört. Ein Mädchen erklärt ihrer Freundin, dass sie zu einem Psychologen gegangen ist und er ihr endlich eine Diagnose für das gegeben hat, was ihr passiert ist. Und was hat er bei dir diagnostiziert, fragt ihre Freundin? Er hat diagnostiziert, dass ich zu wenig Geld habe. In der Tat haben viele der Probleme, unter denen wir im Alltag leiden, mehr mit äußeren, sozialen Schwierigkeiten zu tun als mit inneren oder psychologischen Problemen. Die drohende Arbeitslosigkeit und Armut, die Arbeitserpressung, der Millionen von Menschen auf der ganzen Welt ausgesetzt sind, der Mangel an den grundlegendsten Elementen zum Überleben, das Fehlen eines Minimums an Gesundheits- oder Bildungsdiensten in weiten Teilen der Welt, die soziale Erpressung auf der Grundlage von Spekulationen mit Wohnungs- oder Lebensmittelpreisen, die unkontrollierte Gewalt, die sich überall ausbreitet… Wir könnten noch lange fortfahren, die erschütternden Situationen in vielen Zusammenhängen zu beschreiben, in denen sehr viele Menschen ihr tägliches Leben leben müssen. Nein Freunde und Freundinnen, manche Menschen haben keine psychischen Probleme, sie leben einfach in einem Umfeld von schrecklicher Sch…

Aber was ist zum Beispiel mit den Menschen, die in einer Wohlstandsgesellschaft leben, die alle ihre materiellen Angelegenheiten geregelt haben und die keine großen Sorgen oder Ängste in ihrem Alltag haben… und dann stellt sich heraus, dass sie es sind, die am häufigsten Selbstmord begehen.

Die immateriellen Werte

Wenn wir von sozialem Umfeld oder Kontext sprechen, beziehen wir uns nicht nur auf den materiellen Kontext, sondern auch auf einen Kontext, den wir „immateriell“ nennen könnten, auf den Bereich der Werte und Prioritäten einer Gesellschaft. Es gibt Kulturen, denen es materiell gut geht, in denen aber Werte wie extremer Individualismus, mangelnde Solidarität, übersteigerter Wettbewerb und fehlende Kommunikation gelebt werden, in denen Informationen manipuliert und Menschen schamlos getäuscht werden, in denen der Kampf um die Macht des Stärkeren der höchste Wert ist, in denen Autoritarismus und Unfreiheit, Rache, Diskriminierung und Intoleranz gegenüber Andersartigen herrschen … kurz gesagt, Gesellschaften mit grausamen, räuberischen und egoistischen persönlichen Beziehungen. Ja, liebe Marxisten, die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse macht nicht glücklich, und das liegt nicht daran, dass dies in einer kapitalistischen Gesellschaft geschieht. Wer kann sich in einem Kontext von unmenschlichen und gewalttätigen immateriellen Werten, die von den audiovisuellen Medien, ihren wirtschaftlichen Interessen oder ihren Machtinteressen gestärkt werden, mit psychischer Gesundheit und einem vernünftigen inneren Gleichgewicht brüsten?

Psychologische oder innere Probleme sind nicht nur persönliche Probleme. Man hat sie, weil sie Symptome eines sozialen Ungleichgewichts sind. Aber innere Probleme strahlen auch auf andere aus und wirken in einer ständigen Rückkopplungsschleife sozial. Und wir sprechen hier nicht von mehr oder weniger schweren psychischen Krankheiten, die ihren Ursprung in organischen Fehlern haben. Wir sprechen von innerem Widerspruch als Zeichen dafür, dass etwas in einem selbst nicht stimmt und dass es sich in vielen Fällen um nichts anderes handelt als um die Kontinuität des gesellschaftlichen Widerspruchs, der in einem geschlossenen Kreislauf auf den Einzelnen zurückwirkt.

In unserem heutigen Artikel wollen wir keine Ratschläge geben oder Praktiken für unser Wohlbefinden vorschlagen. Wir wollen heute nur das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer menschlicheren Welt schärfen, in der Frieden und Gewaltfreiheit voranschreiten. Das zentrale Problem ist die Gewalt in all ihren Formen, nicht nur die physische, sondern auch die wirtschaftliche, rassistische, religiöse, sexuelle und psychologische Gewalt mit all ihren Varianten, die sich daraus ableiten. Und diese Formen der Gewalt, die jeden Winkel der Welt durchdringen, sind sowohl Symptome als auch Ursachen für unsere innere Gewalt. Aber jeder von uns kann und muss die innere und äußere Gewalt überwinden, indem wir andere so behandeln, wie wir behandelt werden möchten, und indem wir uns mit uns selbst und mit anderen versöhnen. Jede/r von uns kann die Ketten der Gewalt so weit durchschneiden, wie seine/ihre Kraft reicht: zu seinem/ihrem Nachbarn oder der ganzen Welt, wenn das der Fall ist. Indem wir diese Rückkopplung durchschneiden, werden wir die Welt humanisieren und eine bessere Zukunft für unsere Nachkommen aufbauen.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Heike Pich vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!