Der Mangel an sauberem Süßwasser wird immer dramatischer. Darauf machte die chilenische Wasser- und Umweltorganisation MODATIMA aufmerksam, die im September auf Einladung der Lateinamerika Nachrichten und anderer Organisationen nach Deutschland reiste. In der Veranstaltungsreihe „Bis zum letzten Tropfen“ betonten die Aktivist*innen immer wieder die chilenische, aber auch die globale Dimension des Problems.

Von LN-Redaktion

Chile ist in Bezug auf Wassermangel ein besonders drastischer Fall. Im Zuge der Neoliberalisierung während der Militärdiktatur wurde Wasser privatisiert. Bis heute hat sich daran nichts geändert: Statt als Grundrecht der Bevölkerung wird es als Ware behandelt. Es fließt reichlich in den Bergbau, in die Forst- und die Landwirtschaft, so auch in den Anbau von Avocados für den europäischen Markt.

Während transnationale Unternehmen so fette Gewinne einfahren, geht den lokalen Gemeinden das Trinkwasser aus. Die Bewohner*innen ganzer Regionen werden in Chile mit Wasserlieferungen nur unzureichend versorgt. „Diejenigen, die über das nötige Geld verfügen, haben Zugang zu Wasser. Die normale Bevölkerung geht leer aus“, klagt Victor Bahamonde von MODATIMA. Profitmaximierung für Wenige statt menschenwürdige Lebensbedingungen für die Vielen.

Mitverantwortlich für den Wassermangel ist in Lateinamerika oft auch die Wirtschaftspolitik Deutschlands. So wie in La Guajira im Nordosten Kolumbiens. Ein großer Teil der Kohle, die bei uns verstromt wird, kommt von dort. 2022 erhöhte Deutschland die Importe kolumbianischer Steinkohle auf das Dreifache im Vergleich zum Vorjahr. Der Steinkohletagebau El Cerrejón, Teil des Schweizer Multis Glencore, verbraucht in der niederschlagsarmen Region täglich 24 Millionen Liter Wasser – eine Menge, die ausreichen würde, um 15.000 Menschen zu versorgen.

Dagegen wehrt sich auch der Umweltaktivist Samuel Arregocés. „Wir können unser Wasser nicht weiter El Cerrejón überlassen“, erklärte er gegenüber LN. In La Guajira sind infolge des Bergbaus bereits mehr als 17 Wasserläufe ausgetrocknet, der Tagebau hat 30 Flüsse umgeleitet. Sollten weitere Flüsse umgeleitet werden, wäre das „das Ende der Guajira“, ist sich Arregocés sicher. Die Wasserknappheit in La Guajira zeigt, wie die deutsche Regierung ihre miserablen Klima- und Umweltbilanzen vertuscht: Die Folgen des auf dem Raubbau an der Natur basierenden Wirtschaftsmodells werden in den Globalen Süden auslagert. Hierzulande verkündet sie gleichzeitig die „grüne Wende“.

Wassermangel ist allerdings schon lange nicht mehr nur ein Problem anderer Weltregionen. Auch in Deutschland wird das Nass knapp. Jedoch nicht für alle: Während das Versorgungsunternehmen WSE in Brandenburg 2022 damit begann, das Wasser für Privathaushalte zu rationieren, bedient sich der Großkonzern Tesla in Grünheide weiter am Grundwasser. In dem wasserarmen Bundesland wurde die Großfabrik für den Bau von Elektroautos 2020 trotz Protesten eröffnet.

Jetzt soll die Fabrik in Grünheide noch erweitert werden. Dagegen organisierte ein breites Bündnis aus Klimaaktivist*innen und Anwohner*innen am 16. September ein „Wald- und Wasserfest“. Mitglieder von MODATIMA betonten dort während ihrer Rede, Umweltaktivist*innen weltweit müssten angesichts der sich zuspitzenden Lage voneinander lernen. Der Kampf um den Zugang zu Wasser verbinde die lokale Bevölkerung in allen Erdregionen. Victor Bahamonde forderte: Auch wenn das Thema Wasser in den reichen Ländern noch wenig als Problem wahrgenommen werde, sollte es eine zentralere Rolle in den Kämpfen für Klimagerechtigkeit einnehmen. Bewegungen wie das Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“ sind dafür ein wichtiger Schritt.

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