Die freischaffende Künstlerin Samara Louise erzählt ihre Geschichte

Die Pandemie 2020 hat bei Studenten und Berufsanfängern in neuen Bereichen Ängste hervorgerufen, wie die Zukunft für sie aussehen wird. Angehende Künstler – vor allem Performer, bildende Künstler, Sänger, Schriftsteller und Videofilmer – in einem Bereich, der schon früher mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, sind unsicher, wie sie diese Herausforderungen bewältigen sollen. Während sich viele in den Zeiten des Lockdowns zur Unterhaltung und zum Trost an kreative Medien wandten, führten diese Einschränkungen auch zu einem zunehmenden Mangel an Arbeitsplatzsicherheit für Kreative. Die aufstrebende, vielseitige Künstlerin Samara Louise berichtet von ihren Erfahrungen, wie sich ihre Karriere durch die schlimmsten Auswirkungen von COVID-19 in Australien verändert hat.

Louise ist eine 23-jährige freischaffende Künstlerin aus Meanjin (Brisbane), die sich auf die Bereiche Bühnenmanagement, Regie, Schauspiel und Schreiben spezialisiert hat. Neben ihrer Arbeit absolviert sie gerade den Bachelor of Fine Arts (Drama) an der Queensland University of Technology. Sie ist die Autorin von The Love That Remains, das 2022 veröffentlicht wurde, und ist als Sängerin in Heart Says No und Pockets zu sehen, die von MKMGA geschrieben und produziert wurden. Derzeit ist sie Regieassistentin für das Ad-Astra-Stück Top Girls und schreibt ein Stück namens Set Me On Fire. Zu den jüngsten Produktionen gehören ihr Regiedebüt in Very Still & Hard to See (2023), ihre Rolle als Regisseurin in The Violent Outburst That Drew Me To You (2022) und ihr Auftritt in der Rolle des „Robin“ in The Last Poem (2022).

Pressenza: Kannst du uns etwas über deine Arbeit als freischaffender Kreativer erzählen? Wie sieht ein Tag im Leben von dir aus?

Samara Louise: Ich bin Theatermacherin, Sängerin und Autorin. Der Begriff ‚Theatermacherin‘ bedeutet, dass ich viele verschiedene Dinge im Theater mache – ich bin Schauspielerin und Regisseurin und übernehme auch Produktionsaufgaben wie Bühnenmanagement. Für mich ist kein Tag wie der andere, deshalb ist es schwer, diese Frage zu beantworten.

Wie lange bist du schon als freischaffende Künstlerin tätig?

Ich schreibe seit etwa fünf Jahren, sowohl in kreativer als auch in nicht-fiktionaler Form. Ich habe 2019 mein Studium des Kreativen Schreibens an der Mcquarie University begonnen. Letztes Jahr im November habe ich meinen ersten Gedichtband „The Love That Remains“ im Selbstverlag veröffentlicht. Singen betreibe ich professionell seit 2017, als ich anfing, live aufzutreten. Ich nehme seit zwei Jahren Musik auf, meine erste Single war Heart Says No und meine zweite war Pockets, die erst dieses Jahr veröffentlicht wurde. Mit dem Theaterspielen habe ich so ziemlich direkt nach meinem Abitur 2018 begonnen, und in den letzten zwei Jahren auch professionell.

Wie haben sich deine Erfahrungen mit dem Studium und der Arbeit in der Kreativbranche vor, während und nach der COVID-19 verändert?

Vor COVID war es viel einfacher, die Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften einzuhalten, vor allem im Theater. Die Leute gingen viel leichtfertiger mit ihnen um, was sowohl positiv als auch negativ gesehen werden kann. Ich erinnere mich noch daran, dass von mir erwartet wurde, zur Arbeit zu kommen, wenn ich einen kleinen Schnupfen hatte, wenn ich nicht auf der Bühne stand. Heute hingegen kann man das nicht mehr erwarten, weil man vielleicht an COVID erkrankt ist. Während COVID-19, als ich mein sechsmonatiges Journalismus-Praktikum beim Happy Magazine in Newtown, Warrane (Sydney) absolvierte, war ich einen Tag pro Woche im Büro, den Rest habe ich von zu Hause aus gearbeitet.

Das hat es für dich schwieriger gemacht, zu lernen, wenn das Praktikum ursprünglich so konzipiert war, dass es komplett persönlich durchgeführt wurde, nehme ich an?

Ja, es war schwierig, weil es einfacher ist, Ideen an andere weiterzugeben, Dinge schnell zu überprüfen und so weiter, wenn es persönlich stattfindet. Ich fand das also wirklich sehr, sehr schwierig.

Wie hat sich das auf deine Erfahrung als Theatermacherin ausgewirkt?

Während der COVID-Zeit waren Online-Musicals sehr beliebt, und ich konnte nie ganz mitmachen, weil es zwar einfach war, Castings durchzuführen und Proben abzuhalten, aber es war eine Herausforderung, das alles zusammenzufügen.

Wie sah das Endprodukt dieser Musicals aus?

Am Ende haben die Leute ihre Parts einfach in ihren Schlafzimmern oder irgendwo in ihrem Haus mit guter Akustik aufgenommen. Wir haben versucht, die gleiche Akustik für alle zu erreichen, und wir brauchten alle einen weißen Hintergrund.

Wow! Das hat alle anderen Rollen wie Bühnenbild, Beleuchtung und Kostümdesign überflüssig gemacht.

Auf jeden Fall! Wir konnten zwar immer noch Kostüme entwerfen, aber es hat uns definitiv aus der Welt des Theaters herausgeholt und in die reale Welt versetzt. Es war auch unrealistisch. Wenn man von allen verlangt, dass sie einen weißen Hintergrund haben, ist das für das Publikum so langweilig, aber gleichzeitig sitzt jeder dort, wo er sich wohlfühlt, und das lenkt zu sehr ab. Im Jahr 2021, als wir aus COVID herauskamen, war ich in einer High School Musical Live-Produktion in Warrane (Sydney). Vor unseren Aufführungsterminen stand die zweite großen Lockdowns in New South Wales an, und das war schwierig, weil sich dadurch die Zuschauerzahlen änderten, die wir haben konnten. Als die Beschränkungen das erste Mal endeten, war es wirklich schwer, Arbeit zu finden, aber seit es eine Weile her ist, haben sich die Dinge irgendwie verbessert.

War die Arbeit in deinem Bereich direkt nach dem Ende der großen Beschränkungen schwieriger als währenddessen? Ich habe das Gefühl, dass das Hauptproblem jetzt darin besteht, dass niemand weiß, wie der Alltag aussehen wird und wie man die langfristigen Auswirkungen bewältigen kann.

Als es noch Online-Musicals gab, wurden viele Kosten eingespart, denn der Veranstaltungsort ist der teuerste Teil einer Produktion. Die Leute haben sich angepasst, weil es finanziell einfacher war, eine Show online zu produzieren, während die Sitzplatzkapazitäten in den Theatern nicht ausreichten, um das Budget zu füllen, als wir aus COVID herauskamen. Meistens erhielten wir nur die Hälfte der angestrebten Einnahmen. Das führte dazu, dass nicht viele Shows produziert wurden, weil es sich finanziell nicht lohnte und es deshalb gab es keine Arbeit. Im Grunde war es also einfacher, während des COVID Jobs zu finden als direkt danach.

Hat sich durch COVID19 und die Lockdowns die Art und Weise verändert, wie du selbst mit anderen kreativen Medien umgegangen bist?

Ich habe viel mehr audivisuelle Medien gesehen, was mich dazu gebracht hat, die Dinge aus einer filmischen Perspektive zu betrachten, was sowohl gut als auch schlecht war. Es hat mir die Augen für eine andere Perspektive geöffnet, aber in gewisser Weise auch mein Verständnis von Theater getrübt. Wenn ich jetzt Theaterstücke schreibe, fällt es mir schwerer, über die Art und Weise, wie man ein Drehbuch schreibt, hinauszublicken, weil es sich um zwei sehr unterschiedliche Dinge handelt. Jetzt stelle ich mir die Dinge eher wie einen Film als eine Live-Produktion vor, was ich vor COVID, glaube ich, nie getan habe. Was das Schreiben im Allgemeinen angeht, so habe ich während der Lockdown-Phase viel mehr geschrieben, aber das war nicht unbedingt von irgendetwas inspiriert, denn ich habe nur geschrieben, weil ich nichts anderes zu tun hatte. Jetzt habe ich nicht mehr so viel Zeit, aber dafür mehr Stoff zum Schreiben.

Glaubst du, dass du nach den nachteiligen Auswirkungen von COVID-19 in deiner Karriere angemessene Unterstützung erhalten hast?

Nicht direkt, aber andere aufstrebende Künstler, die es auf die sichere Seite geschafft haben, haben sich zusammengetan, um sich gegenseitig Arbeitsmöglichkeiten zu verschaffen.

Welchen Rat hast du schließlich für andere aufstrebende Künstler, die sich mit den Problemen beschäftigen, die COVID19 für die kreative Gemeinschaft mit sich gebracht hat?

Wenn du keine Möglichkeiten finden kannst – schaffe sie.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Alina Kulik vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!