Ich hatte das Glück, einige Jahre bei meiner Großmutter Miandabu Wa Kabwela zu leben, die eine vertikale Linie von der Stirn bis zum Kinn und zwei horizontale Punkte unter ihrem linken Auge hatte. Wie sehr bedaure ich, dass ich von ihr nicht gelernt habe, was das bedeutet!

Die einzige Spur, die ich habe, ist die Geschichte über die Migration ihres Volkes, der Luba, vom Sudan in das heutige Kasai im Zentrum der Demokratischen Republik Kongo. Jahre später wurde mir klar, dass Tätowierungen, wie auch Frisuren, eine Art Identitätsausweis sind. Alles hat eine Bedeutung, ob es nun mündlich oder schriftlich überliefert wird. Befragen wir also die Vergangenheit zu diesem Thema, welches die Gegenwart und Zukunft bestimmt.

Ursprünge

Der große nigerianische Fotograf Auger Kere und der aus Guadeloupe stammende Ägyptologe, Schriftsteller und Spezialist für afrikanische Mathematik Nioussérê Kalala Omotunde haben in dieser Hinsicht viel geleistet. Das von ihm gegründete Anyjart-Institut für afrikanische Geschichte mit Niederlassungen u. a. in Guadeloupe, Kanada, Guyana, Martinique und Haiti hat sich zum Ziel gesetzt, das kulturelle, geistige und intellektuelle Erbe Afrikas wiederzugewinnen. Omotunde zeigte die Verbindungen zwischen den Perücken der Könige der Großen Seen, die als Mwami bekannt sind, und denen der ägyptischen Pharaonen, sowohl bei Männern als auch bei Frauen, auch wenn sich spätere Muster durch Hinzufügen anderer Materialien weiterentwickelten.

Von Nubien bis Ägypten zeigen viele Darstellungen Ausare und Asata (Osiris und Isis) mit kohlschwarzem Teint, eines der antiken Schönheitsideale. In der Tat kann man die Frisuren nicht von der Hautfarbe trennen, die vor der großen Hitze in vielen Teilen des Kontinents geschützt werden musste. Auch auf Malereien in verschiedenen Tempeln sind Dreadlock-Frisuren zu sehen.

Es wurden tätowierte ägyptische Mumien entdeckt, die 5.000 Jahre alt sind. In Ägypten und Nordafrika galten Tätowierungen als Heilmittel gegen Krankheiten, als Schutz vor bösen Geistern und – im Falle von Frauen – als Symbol der Fruchtbarkeit. Sie wurden auch verwendet, um die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stamm zu zeigen. Im Allgemeinen weisen afrikanische Tätowierungen wunderschöne Muster und Symbole auf, die auch heute noch verwendet werden.

Antike Kämme

Wie archäologische Funde belegen, spielte der Kamita-Kamm eine wichtige Rolle bei der Haarpflege von Männern und Frauen; alle trugen verschiedene Frisuren, immer begleitet von Tätowierungen. Die Frauen fügten dann Perlen und andere Verzierungen hinzu, die auch dazu dienten, Prinzessinnen, Prinzen, Richter usw. zu erkennen, also den Rang einer Person. Die Herstellung aufwendiger Frisuren erforderte stundenlange Arbeit, manchmal sogar ganze Tage. Derjenige, der die Haare flocht, leistete einen Dienst für die Gemeinschaft, ohne eine Gegenleistung zu verlangen, und galt als weise und respektable Persönlichkeit. Es war eine rituelle Geste, eine Kunstform, die von älteren Frauen an die nächste Generation weitergegeben wurde.

Man glaubte auch, dass das Haar eine spirituelle Bedeutung hatte und mit großen Kräften ausgestattet war. Aufgrund ihrer Position an der höchsten Stelle des Körpers bildeten die Haare den Kanal, über den die Götter und Geister die Seele erreichten.

Haare und Symbole

Heutzutage rasieren sich viele afrikanische Männer die Haare vollständig ab, doch in der Vergangenheit wurde dies mit Trauer assoziiert. Im Gegensatz dazu war weißes, krauses Haar ein Symbol für Weisheit und Erfahrung.

Die französische Historikerin und Soziologin Juliette Sméralda hat die Probleme im Zusammenhang mit der Haarglättung bei afrikanischen und afro-karibischen Völkern als eine Form der Diskriminierung und Entfremdung von ihrer Vergangenheit und als Erbe der Sklaverei und des Kolonialismus untersucht. Im Laufe der Zeit gingen die mit der Hautfarbe verbundenen Schönheitsstandards verloren und wurden durch Produkte ersetzt, die dunkle Teints aufhellen und krauses Haar glätten sollten.

Alte Muster kehren wieder

Glücklicherweise haben Sängerinnen wie Miriam Makeba, Nina Simone und viele andere sowie Aktivistinnen wie Angela Davis diese Muster bewahrt, indem sie betonten, dass „Afro“-Haar nicht nur eine Mode ist, sondern eine Möglichkeit, eine Identität zurückzuerobern, die im Laufe der Jahrhunderte ausgelöscht und verunglimpft worden war. Dank ihres Einflusses kehren immer mehr junge Menschen in Afrika und im Westen zu diesem Stil als Quelle des Stolzes und der Einheit über den kamitischen Kontinent hinaus zurück.

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Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anja Schlegel vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!