In den segensreichen Zeiten, in denen unser Dasein noch nicht völlig vom Auto vereinnahmt wurde, gelangte man zu den Häusern über eine Allee, einen gepflegten Garten und eine Freitreppe unter einem Schutzdach.

Heute ist die Visitenkarte eines Hauses seine Garage, die uns die Zähne zeigt und einen völligen Mangel an Ästhetik zur Schau stellt. Sie ist wie das Haar in der Suppe, sie beherrscht die ganze Vorderseite des Hauses und verdeutlicht uns, wie viel Hässlichkeit in unsere Leben gedrungen ist. Sie verschandelt die Fassaden und drängt die Gärten Stück für Stück zurück.

Das Zeitalter der Panzer

Ja man muss zugeben, im Laufe der Zeit hat das Auto seinen Charme verloren, ebenso wie seine empfindliche und glänzende Karosserie. All unsere derzeitigen Karossen sind austauschbar und zeigen einen völligen Mangel an Vorstellungskraft seitens ihrer Designer: plump und aggressiv sind sie immer massiver und scheußlicher geworden. Sie sind letztendlich nichts als fette Panzer, die hauptsächlich in der Stadt gefahren werden und deren luftverpestende Auspuffrohre umso mehr Lärm und Luftverschmutzung verursachen, je zahlreicher sie sind. Und wenn in Quebec ein Auto als „Panzer“ bezeichnet wird, so fehlt es hier weder an einer passenden Bezeichnung noch an Humor, wie so oft bei ihnen. Und mit diesen großen Maschinen stürzen wir uns also ins Zeitalter der Elektromobilität, obwohl doch dafür leichte Fahrzeuge benötigt würden? Was für ein Irrweg!

Die Autokultur

Nichts läge mir ferner, als die frühen Automobile zu verherrlichen, die den Weg in die jetzige Hegemonie von Fahrzeugen aller Art geebnet haben. Auch wenn es ihnen nicht an einem gewissen, fortan als altmodisch geltendem Aussehen und Charme gemangelt hat, haben sie zu nichts Geringerem beigetragen als zum Beginn einer vom Auto beherrschten Ära, die unsere heutige Zivilisation prägt. Indem wir uns vom Auto völlig abhängig, um nicht zu sagen komplett versessen darauf gemacht haben und die Infrastruktur darauf eingestellt wurde, wird alles dafür getan, dass wir das Auto nehmen – ob wir es nun wirklich brauchen oder nicht. Und wir liefern uns mit Haut und Haar dem Wunder der Freiheit aus, die es zu geben verspricht: auf den täglichen Fahrten im Alltag wie auf langen Reisen. Diese sogenannte Freiheit basiert auf einem Extraktivismus, der das Dasein unzähliger Menschen sabotiert. Können wir sie wirklich in Anspruch nehmen, wo wir doch um die ganzen Auswirkungen der Ölförderung oder der Biokraftstoffe auf die Natur und die Lebensräume sowie auf die Gesundheit der betroffenen Bevölkerungsgruppen wissen? Können wir weiter die Augen vor den Plantagen verschließen, die den Amazonas zerstören, um sogenannten „Bio“kraftstoff herzustellen zu können oder vor den Kornkammern der Ukraine, mit denen unsere Speicher gefüllt werden, anstatt die Hungernden zu versorgen (die wir übrigens durch die Spezialisierung der Länder auf bestimmte Produkte vom Weizen abhängig gemacht haben – aber das ist eine andere Geschichte)?

Das Mittel für Notfälle

Das Auto könnte Notfalldiensten vorbehalten werden, wie ÄrztInnen, Hebammen, Feuerwehr, Polizei und Menschen mit Beeinträchtigungen, die wirklich darauf angewiesen sind. Oder Lieferdiensten, KünstlerInnen, Taxis – kurz, auf eine eng gefasste Gruppe von Personen, anstatt es wie ein Geschenk des Himmels zu verteilen. Wir vergessen, dass es ein Werkzeug ist – gewiss ein praktisches, das sich jedoch so wie das Smartphone ungeniert in unser aller Leben gedrängt und dem wir uns ergeben haben.

Ja, man muss zugeben, dass das Auto für einige Sachen sicher nützlich ist. In der Stadt jedoch ist das Fahrrad größtenteils von Vorteil: keine Staus, keine Parkplatzprobleme (in einem Viertel auf der Suche nach einem Parkplatz seine Runden zu drehen kann einen völlig wahnsinnig machen!), keine Benzinkosten, keine Versicherungen oder Steuern und nur so wenig für den Unterhalt! Keine verantwortungslose Luftverschmutzung und, ganz besonders, ein Pluspunkt für die Gesundheit!

Ein neuer Köder, mit dem wir gelockt werden sollen

Angesichts des Runs auf die Elektroautos – das neue Allheilmittel, das uns vor der Katastrophe bewahren und uns unsere künftige Mobilität schmackhaft machen soll, obwohl doch die Sparsamkeit im Kern aller Diskurse stehen sollte – kann ich nichts als Haken an diesem neuen Köder finden:

  • Die Energiemenge, die für den Bau all dieser Autos benötigt wird, egal ob sie elektrobetrieben sind oder nicht, wird nie mit einkalkuliert.
  • Der Anstieg der Benzinkosten, der diejenigen bestraft, die wirklich für die Arbeit auf ihr Auto angewiesen sind zugunsten derer, deren SUVs Straßen, Parkplätze und Autobahnen verstopfen und dabei mit jedem Meter die Luft verschmutzen.
  • Der Bau von immer mehr Straßen, deren Notwendigkeit Bundeskanzler Olaf Scholz während einer Ansprache am Ende des Sommers 2022 betont hat.
  • Die Mikroplastikpartikel, die wir durch den Abrieb der Reifen aufnehmen.
  • Ganz zu schweigen von den hochgiftigen PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen), die in den Autos enthalten sind.

Und ich habe sicher noch etwas vergessen.

Versiegelung der Böden

Wir produzieren Autos im Überfluss. Auf versiegelten Böden, die kein Regenwasser mehr aufnehmen können, wird dadurch die Landschaft verschandelt, wohin das Auge reicht. Gemeint sind potthässliche Gewerbegebiete, oder Parkflächen vor den Produktionsanlagen, wie in La Janais südlich von Rennes in der Bretagne, wo ausschließlich Citroëns und aktuell SUVs von Citroën und Peugeot produziert werden. Oder ich denke hier an Bremerhaven an der Wesermündung als Drehscheibe für den Automobilexport. Diese ganzen neuen Autos, die herumstehen – werden sie alle einen Käufer finden? Und wenn nicht, was passiert mit ihnen?

Der Lebensstandard wächst, die Zahl der Autos folgt

Die deutsche Website Businessinsider stellt fest, dass der weltweite Anstieg der Menge der Autos mit dem Anstieg des Lebensstandards einhergeht: je höher er ist, umso mehr Autos gibt es. Man kann sagen, dass es der Autoindustrie mit Ausnahme von Skandinavien und den Benelux-Staaten gut geht. Zum Teufel auch, das sind alles Arbeitsplätze! Das muss man ernst nehmen! Hat denn aber diese Industrie den Schuss noch nicht gehört, um endlich die Richtung zu ändern? Aber nicht doch, sie machen weiter wie bisher, das Gleiche wie mit den fossilen Energien. Das Fazit – das Übel vermehrt sich, statt kleiner zu werden.

Ein subventionierter Haufen Schrott

Laut ADAC ging der Gebrauchtwagenverkauf in Deutschland Ende 2022 zurück und laut Bayerischem Rundfunk ist er sogar unter Druck: weniger neu gekaufte Autos bringen weniger verfügbare Gebrauchtwagen mit sich, die sich dadurch bis zu 20% verteuert haben.

Und habt Ihr schon die Schrotthalden an Autos gesehen? Oder die endlosen Reihen von alten klapprigen Autos, die nur noch zur Erinnerung taugen, habt Ihr sie Euch angesehen? Dort werden die Blechhaufen aufgetürmt, Schrott, der bis wann da liegt? Bis zum Ende aller Tage? Und die Abwrackprämie – bis wann werden wir damit noch mit Schrott überhäuft?

Und die internationalen Automessen, die uns ihre grandiosen Bemühungen für eine nachhaltige Entwicklung anpreisen. Ehrlich gesagt, damit wollen sie uns doch ein X für ein U vormachen, oder? Wie bei der letzten Automobilausstellung in München 2021. So ein bisschen Greenwashing hat doch noch niemandem geschadet, oder? Aber immer noch mit Sexismus gewürzt, denn Werbetradition verpflichtet!

Öko-Fundamentalistin?

Nein, damit habe ich nichts am Hut. Ich bin nur realistisch, denn auch ich hatte meine Autophase, die ich schlichtweg mit gesundem Menschenverstand beenden konnte und auch deshalb, weil mir all diese Gedanken im Kopf herumschwirrten und die einzige Methode, dieses Gedankenkarussell zum Stillstand zu bringen, der Verzicht auf das Auto war. Und stattdessen heißt es für mich Aufs Fahrrad! –wie es schon Yves Montand besungen hat. Damit lebe ich im Einklang mit meinen Aussagen.

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Silvia Sander vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!