Daniela Gschweng  für die Onlinezeitung Infosperber

Wer im Nachbarland To-go-Lebensmittel kauft, hat jetzt Anspruch auf eine Mehrwegverpackung.

Kaffee im Mehrwegbecher, Salat in der «Rebowl» und in kleinen Geschäften tut es die mitgebrachte Plastikschüssel: In Deutschland gilt seit dem 1. Januar die Mehrwegpflicht für Lebensmittel zum Mitnehmen.

Wobei «Pflicht» die Sache nicht ganz trifft. Kund:innen können immer noch zu Papierbecher und Wegwerfschale greifen. Wer im Nachbarland einkauft, hat nun aber Anspruch auf ein Mehrweggefäss für Kaffee und Kebap.

Auch die Kleinen müssen mitmachen

Restaurants, Bistros und Cafés sowie Supermärkte, Tankstellenshops und Catering-Betriebe, die Essen zum Mitnehmen verkaufen, sind seit Anfang Jahr verpflichtet, Mehrwegverpackungen anzubieten. Darauf müssen sie die Kundschaft deutlich hinweisen. Eine Depotgebühr ist erlaubt, das Produkt selbst darf dadurch aber nicht teurer werden.

Ausnahmen gibt es für kleine Geschäfte wie Imbisse und Kioske, wenn sie weniger als 80 Quadratmeter Fläche und weniger als fünf Angestellte haben. Diese müssen Lebensmittel aber auf Wunsch in mitgebrachte Behälter abfüllen.

Wer mit der Tupper-Box am Tresen steht, bekommt den Salat also abgefüllt, wenn der Laden keine Mehrwegbehälter anbietet. Das sei zwar günstig, könne aber zur hygiene- und lebensmittelrechtlichen Herausforderung werden, warnt das Branchenportal «Hogapage». Mitgebrachte Gefässe gelten als unhygienisch und dürfen teilweise nicht mit den Arbeitsflächen in Berührung kommen.

Gar keine Mehrwegoption anzubieten, kann teuer werden. Das Verpackungsgesetz sieht Bussen bis zu 100’000 Euro vor.

Keine Ausnahme für Ketten

Für Ketten, die kleine Kioske unterhalten und insgesamt mehr als fünf Angestellte haben wie Bäckereiunternehmen, gilt die Ausnahme nicht. Deutschland macht damit einen weiteren Schritt zur Müllvermeidung im To-go-Bereich.

Für die betroffenen Betriebe bedeute die Mehrwegpflicht bisher einen überschaubaren Aufwand, berichtet der MDR. Für einen Bäckereibetrieb, der auch Salate zum Mitnehmen anbietet, sei die Umstellung kein Problem gewesen. Das gelte auch für andere Betriebe, die bereits freiwillig ein Mehrwegsystem eingeführt hatten.

Für welche Art von Mehrweggefäss sich die Anbieter entscheiden, bleibt ihnen überlassen. Ob sie in mitgebrachte Becher und Schüsseln abfüllen, eigene Verpackungen nutzen, sich an ein Verbundsystem anschliessen oder an einem Poolsystem wie Rebowl oder Relevo teilnehmen, bei dem ein Dienstleister die Gefässe zur Verfügung stellt, ist ihre Sache.

DUH kritisiert fehlende Überwachung

An der Massnahme gibt es auch Kritik. Ein freiwilliges Angebot könne auf Dauer keine Lösung sein, sagt Barbara Metz, Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegenüber dem MDR. Sie würde eine Einwegsteuer vorziehen. Einige Betriebe warteten noch auf Regelungen in Detailfragen, berichtet der MDR.

Viele Betriebe hätten sich nicht rechtzeitig mit der Umstellung befasst, kritisiert Metz. Sie warteten erst einmal ab, wie ernst die Behörden die Sache nähmen. Kontrollen seien keine geplant, kritisiert sie.

Das Plastikverbot, das bereits seit einem Jahr gelte, werde nicht kontrolliert und viele verbotene Produkte wie Styropor-Boxen und Plastiktrinkhalme seien noch immer in Umlauf.

Am Ende hängt es von der Kundschaft ab

Bleibt zu hoffen, dass die Neuregelung zu einem deutlichen Schrumpfen des Einweg-Müllbergs führt. 2017 wurden in Deutschland 346’419 Tonnen Müll aus Einweggeschirr produziert (NABU). Jede Stunde landen 320’000 Einwegbecher im Abfall (DUH).

Für eine Bestandaufnahme ist es eine Woche nach Einführung zu früh. Über Erfolg und Misserfolg entscheide am Ende die Kundschaft, sagt Axel Klein, Geschäftsführer des Branchenverbands Dehoga in Sachsen, zum MDR.

Auch Lukas Grieser, Geschäftsführer der Bäckerei in Leipzig, die der Sender besucht hat, sagt: «Man würde sich nur wünschen, dass die Kunden Mehrweggefässe noch mehr nachfragen.» Er befürchtet insbesondere, dass die Gäste das Mehrwegpfand nicht bezahlen wollen.

Verpackungsgesetz und Abfallvermeidung in Deutschland

Seit 2022 sind in Deutschland alle Getränkeflaschen und -dosen pfandpflichtig – mit diversen Ausnahmen wie Wein, Spirituosen, Energydrinks und Gemüsesäfte. Für Milchgetränke gilt die Pfandpflicht erst ab 2024. Seit Anfang 2023 müssen Anbieter neben Einweg- auch Mehrwegbehälter führen. Ab 2025 sollen PET-Getränkeflaschen dann zwingend zu einem Viertel aus Recyclingplastik bestehen. Mehrwegflaschen aus Plastik erfüllen diese Quote nach Angabe der deutschen Bundesregierung schon jetzt.


Weiterführende Informationen

Der Originalartikel kann hier besucht werden