In einem offenen Brief wenden sich Wirtschaftsstudierende aus aller Welt an die Lehre. Sie kritisieren, dass das Ökonomie-Studium sie nicht auf die Krisen des 21. Jahrhunderts vorbereitet.

Pandemie, Klimakrise, Ungleichheit – verschiedene Krisen dominieren gleichzeitig das Weltgeschehen. Und doch fühlen sich zahlreiche Studierende der Wirtschaftswissenschaften nicht ausreichend darauf vorbereitet, an den Lösungen für diese Probleme mitzuarbeiten. Sie wenden sich nun in einem offenen Brief an die Lehre. Darin kritisieren sie, dass der Wandel der ökonomischen Wissenschaft nicht Schritt hält mit den aktuellen Krisen.

Zwei Kritikpunkte stehen im Mittelpunkt des offenes Briefes: die ökonomische Bildung und die Ökonom:innen selbst. Die Studierenden kritisieren die im Studium vermittelten Fehlannahmen, fehlende Interdisziplinarität der Lehre sowie mangelnde Bescheidenheit in der Wissenschaft. Anderseits legen globale Player die Spielregel der ökonomischen Forschung fest, die die Lebensrealität marginalisierter Gruppen und gesellschaftliche Machtstrukturen ignorieren. All das führt zu einem Tunnelblick in Forschung und Lehre, der keinen (selbst-)kritischen Diskurs zulässt, sowie zu politischen Maßnahmen, die nicht allen gesellschaftlichen Gruppen Rechnung tragen.

An der Entstehung des offenen Briefes haben Studierende aus verschiedenen Ländern mitgewirkt. Sie rufen ihre Kommiliton:innen in aller Welt dazu auf, sich an ihren Universitäten für plurale Ökonomik einzusetzen. Auch adressieren sie die Lehrenden im offenen Brief: Sie werden dazu aufgerufen, sich für interdisziplinäre Inhalte zu öffnen und die Sorgen ihrer Studierenden ernst zu nehmen. Die Initiator:innen des offenen Briefes gehören dem internationalen Netzwerk Rethinking Economics an.
Für das Netzwerk Plurale Ökonomik hat Luisa Jentsch am offenen Brief mitgewirkt. Sie sagt: „Egal ob aus Indien, Nigeria oder dem Vereinigten Königreich: Wenn ich mit anderen VWLStudierenden aus der ganzen Welt spreche, bin ich immer wieder erstaunt, wie ähnlich enttäuscht wir von unserer Ausbildung sind, weil unsere Erwartung, dass wir dafür gewappnet werden, aktuelle Herausforderungen ökonomisch einordnen zu können, nicht
erfüllt wird.“
Den offenen Brief finden Sie hier in deutscher Übersetzung und hier in seiner englischen Originalfassung.

Der Originalartikel kann hier besucht werden