Der enge Zusammenhang zwischen einer autoritären Theologie, patriarchal geprägten Gottesbildern, Liturgien und Sprachmustern einerseits und Gewalt in Kirchen, Gemeinschaften, Familien und Politik andererseits stellt eine Herausforderung für Kirchen und Gemeinden weltweit dar, wenn sie glaubhafte Friedensstifter*innen sein wollen. Darin waren sich die mehr als 100 Teilnehmenden der diesjährigen Konferenz von Church and Peace einig.

„Trotz und gerade wegen der aktuellen Dramen – fortschreitende Klimakatastrophe, besorgniserregender politischer Rechtsruck in vielen Ländern, Menschenrechtsverletzungen (nicht nur) an den europäischen Grenzen – haben wir für die Konferenz vom 3.-5. September das Thema „Gottesbilder und Gewalt(freiheit)“ gewählt“, erklärte die Vorsitzende Antje Heider-Rottwilm beim Auftakt der virtuellen Veranstaltung. Für Christ*innen bestehe eine Verantwortung, „die Ebenen unterhalb unserer Probleme und unseres Verhaltens anzuschauen und Rechenschaft abzulegen über das, was uns trägt, inspiriert, ermutigt – und gegebenenfalls zerstörerische Strukturen unbewusst stabilisiert, auch wenn wir das nicht wollen.“

Die Teilnehmenden aus ganz Europa und darüber hinaus setzten sich mit Fragen von Hierarchien, Dominanz, Unterdrückung und Gewalt – sei sie strukturell, spirituell oder persönlich – auseinander. Den Wegweiser dazu gab Antje Heider-Rottwilm bei der Konferenzeröffnung: „Wir wollen nachspüren, wie sehr die religiösen Prägungen zu tun haben mit Gewalt, Rassismus und Sexismus, wie Gottesbild und Sprache verbunden sind und wie Sprache öffnet oder festschreibt.“

Antje Heider-Rottwilm und Vorstandsmitglied Maria Biedrawa luden die Teilnehmenden zu einem Dialog ein, um über die Entstehung und Entwicklung ihres eigenen Gottesbildes zu reflektieren. „Wie stellst du dir Gott vor? Wie ist das entstanden? Wie hat das Gottesbild sich verändert? Hat jemand dir von einem Bild von Gott erzählt, das dich schockiert hat?“

Eindrücklich war Maria Biedrawas Vorstellung von Gott als ein riesengroßer Radiergummi, „der an unseren [Gottes-]Bildern herum radiert.“ Sie brauche diese Bilder, aber auch, daran erinnert zu werden, dass sie nur Momentaufnahmen seien. „Diese Momentaufnahmen sind aber Liebeszeichen Gottes, der in diesem Bild, in dieser Erfahrung mit mir auf dem Weg sein will. Und hinter der nächsten Kurve liegt wieder Neues, Gott der/die ganz Andere. Und das hilft mir oder fordert mich heraus, auch eine immer Neue, immer Andere zu werden.“

Im Schlussgottesdienst plädierte Nicole Ashwood, Programmreferentin für Gerechte Gemeinschaften für Frauen und Männer des Ökumenischen Rats der Kirchen, leidenschaftlich dafür, die biblische Aussage in ihrer Radikalität ernst zu nehmen, dass Gott den Menschen zu seinem/ihrem Bilde schuf und den Auftrag gab, die ganze Schöpfung zu schützen. Gott sei „ein Gleichmacher aller Ungleichheiten.“ Alle Verschiedenheit der Menschen sei zweitrangig und es gehe darum, die Würde jedes Menschen und der ganzen Schöpfung vor Zerstörung zu schützen, so die Theologin aus Jamaika.

Nicole Ashwood lud Church and Peace ein, Teil der weltweiten ökumenischen Kampagne zur Beendigung sexueller und genderbasierter Gewalt, „Thursdays in Black“, zu werden und so Woche für Woche für eine gewaltfreie Welt einzustehen.

„Für eine Theologie, die ins Zentrum ihres Glaubens stellt, dass alle Menschen Ebenbilder Gottes sind, gibt es keine Hierarchie der Diskriminierungen. Sie alle sind eine Herausforderung für eine Theologie, eine Spiritualität und eine Praxis der Gewaltfreiheit – und damit auch für Church and Peace“, so fasste Antje Heider-Rottwilm zum Abschluss der Konferenz zusammen.

Das Konferenzthema wurde als Beitrag zur Resolution 1325 des UNO-Sicherheitsrats und weiterer Resolutionen verstanden, in denen es um den Schutz von Frauen, um Gewaltprävention und um die Etablierung der Genderthematik in allen mit Frieden und Sicherheit zusammenhängenden Bereichen geht.

Der Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung von Church and Peace aus dem Rundbrief Nr. 11 | 2021-2 übernommen.


Konferenz-Workshops

Gesegnet nach Gottes Ebenbild: Radikale Gleichstellung von Mann und Frau in Genesis 1-2 | Gottesbilder – Gewaltfreiheit – Sprache | Patriarchat, Sexismus und die Kirchen | Anti-Rassismus: Vom Bewusstsein zum Handeln | Donnerstags in Schwarz – Internationale Kampagne gegen geschlechtsbezogene Gewalt | Sexualisierte Gewalt in christlichen Gemeinschaften | Gewalt gegen Frauen und feministische Theologie | Identität und Friedenskonsolidierung

Workshoppräsentationen gibt es zum Nachschauen und Nachlesen unter: https://www.church-and-peace.org/dokumente-deu/internationale-konferenz-2021