„Wenn du etwas loslässt, bist du etwas glücklicher. Wenn du viel loslässt,
bist du viel glücklicher. Wenn du ganz loslässt, bist du frei.“
Ajahn Chah (buddhistischer Mönch)

Dieser schöne Spruch ist dem Buch „Loslassen“ der Schauspielerin und Coach Ina Rudolph vorangestellt und ich gebe zu: mit so was kriegt man mich

Wer möchte nicht endlich emotional unabhängig sein, sanftmütig bleiben, auch in schwierigen Situationen und entspannt in stressigen? Ich schon! Mir fällt leider meist nach dem kindischen Schlagabtausch mit meinen pubertierenden Töchtern oder nach dem emotionalen Ausbruch im Auto, weil mich mal wieder einer in der 30-Zone überholt hat, WEIL ICH SO FUHR, WIE ICH SOLLTE UND ER NICHT (!!!), auf, dass ich eben wenig gelassen war. Da merke ich dann durchaus, dass ich gerade viel Energie sehr sinnlos verplempere und kein bisschen in mir ruhe.

Also habe ich gerne nach dem Mut machenden und schön aufbereiteten Titel „Loslassen“ gegriffen, als er sich mir so darbot, denn schaden kann es ja nicht.

Das Buch ist ungewöhnlich aufgebaut, nämlich in Arbeitszeiteinheiten. Die Autorin verbietet mir also quasi, das Buch in einem Rutsch durchzuhecheln (was ja auch weitgehend sinnfrei wäre), um dann vermeintlich für alle Fälle gewappnet zu sein. Nein, schnell soll und darf es nicht gehen, sondern bedächtig. Ein Jahr wird für das Durcharbeiten des gesamten Textes veranschlagt, Monate sind die große Zeiteinheit, die wiederum in Wochen untergliedert ist. Das ist ein System, das ich befürworten kann, denn es engt weder ein, noch lässt es zu viele Freiheiten. Idealerweise schafft man die kleinen Häppchen, die zu bearbeiten sind, wirklich in einer Woche, man hat dann ein klares Zeitfenster/Ziel und kann somit tatsächlich gut vorankommen. Wenn man mal viel zu tun hat, bastelt man eben zwei Wochen lang an einer Einheit herum, ist ja auch nicht schlimm. Aber der Zeithorizont ist klar gesteckt, man hat eine Ahnung, wie viel Energie man in jedes Kapitel stecken muss/sollte, um es sinnvoll zu bearbeiten.

Meist zieht sich eine Woche über eine Doppelseite, oft ist noch ein kleines, leeres Eckchen integriert, in das man seine eigenen Erfahrungen, Beobachtungen oder Beispiele hineinschreiben kann. Selten sind die Wocheneinheiten länger, doch wenn, dann vor allem, um mehr Platz für das Niederschreiben eigener Gedanken zu ermöglichen. Am Ende jedes Monats kommt ein Resümee, das dazu dient, zu reflektieren und zu memorisieren, was man in der vergangenen Zeit gelernt hat.

Sehr praxisnah und bedächtigt geht Ina Rudolph vor mit ihren gewählten Themen, Ratschlägen und Wegweisern. So geht es in der ersten Wocheneinheit beispielsweise darum, die Empfindungen, die mich persönlich stressen, nerven, ängstigen oder sorgen einfach mal wahrzunehmen und (ohne Wertung!) zuzulassen. Nicht darauf zu reagieren, wenn die Wut hochkocht oder eine Sorge einen übermannen will, kann mehr Energie kosten, als man meinen könnte. Doch es stärkt einen mental enorm, wenn man diese Art der „inneren Einkehr“ immer wieder übt, denn irgendwann merkt man, dass man nicht fremdgesteurt sein muss, dass man die Wahl hat, impulsartig loszuschimpfen oder innezuhalten, ruhig zu bleiben und vielleicht einfach mal abzuwarten.

Die ersten Wochen haben mich überzeugt, ein großartiges, praxisnahes Buch, mit dem man ohne Therapiestunden viel alleine an sich ändern kann. Doch ich muss ehrlich zugeben: Ich habe noch während des 2. Lockdowns angefangen, in dem Buch zu lesen/zu arbeiten, doch als der Alltag und der Familienkalender dann wieder voller wurden und die Sozialkontakte hochgefahren werden konnten, ertappte ich mich plötzlich dabei, wie das gute Buch in der Ecke stand und von mir nicht mehr beachtet wurde.

Man kann es also drehen und wenden, wie man will: Wer an sich arbeiten will, muss wollen wollen.  Man muss Zeit freischaufeln, auch wenn es deutlich weniger ist, als man befürchtet; man sollte regelmäßig üben, man muss einfach dranbleiben. Mir ist das wieder mal nicht gelungen. Die Schuld des Buches ist es nicht!

Aber allein, dass ich mich für die heutige Buchbesprechung mal wieder intensiv mit dem Werk beschäftige, gibt mir schon wieder einen Energieschub – und der große Wunsch macht sich in mir breit, doch heute noch mal richtig in das Buch einzutauchen, die bisherigen, bereits bearbeiteten Seiten nochmals durchzulesen und nachzufühlen, was ich aufgeschrieben und empfunden habe – und vor allem weiterzumachen! Nicht nur heute, sondern auch nächste Woche und die danach und die DANACH …

Am besten gebe ich in grob einem Jahr eine Rückmeldung, was aus meiner Beziehung zu diesem wunderbar aufgebauten, gut strukturierten, hoch motivierenden und klug recherchierten Büchlein geworden ist. Drückt mir die Daumen.

Loslassen – Dein Arbeitsbuch für ein ganzes Jahr von Ina Rudolph ist im April 2021 im Goldmann Verlag als Broschur erschienen. Nähere Infos zum Buch über einen Klick auf das Cover im Beitrag oder auf der Verlagsseite. Rezension von .

Der Originalartikel kann hier besucht werden