Die Zentralisten lassen nicht locker. Schon während der Verbreitung des Virus und den anschließenden Lockdowns schossen sie aus allen Rohren, um dem Föderalismus den Garaus zu machen. Eskortiert von den öffentlich-rechtlichen Medien trommelten sie täglich für eine Entmachtung der Provinzen und eine Ermächtigung der Berliner Zentrale.

Immer wieder kam als Parade das Argument, dass niemand nachvollziehen könne, warum von Bundesland zu Bundesland andere Regeln gälten. Das begreife niemand. Andersherum wäre es klug gewesen zu fragen, warum im dünn besiedelten Ostfriesland mit niedrigen Inzidenzzahlen das Gleiche gelten soll wie in München-Mitte mit hohen Werten. Aber darum geht es nicht! Es geht um den Ausbau des Zentralmonopols.

Alles auf Zentralisierung

Das Spiel wiederholt sich nun im Angesicht der Verheerungen, die die Niederschläge in bestimmten Regionen von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern angerichtet haben. Einmal abgesehen von der monokausalen Ableitung der Katastrophe vom Klimawandel, ohne die handgemachten Besiedelungs-, Versiegelungs-, Anbau- und Bewaldungsmethoden entsprechend in Betracht zu ziehen, wird nun das Versagen der lokalen Präventionsmaßnahmen wie Rettungskräfte ins Visier genommen und die Frage gestellt, ob eine zentrale Eingreiftruppe nicht professioneller gehandelt hätte und deswegen eine solche mit exekutiver Macht geschaffen werden müsse.

Angesichts der Erfahrungswerte der letzten Jahre muss man sich einmal vorstellen, wie es ausgesehen hätte bei der Pandemie wie bei den jetzigen Flutkatastrophen, wenn der Bund die alleinige exekutive Verantwortung gehabt hätte. Wäre es besser, glimpflicher verlaufen? Und wäre das nicht die Frage, die man den Befürwortern einer weiteren Zentralisierung stellen müsste? Stattdessen wird der Föderalismus (1) gegeißelt, dem bis dato noch das meiste an Linderung zu verdanken ist.

Aber, wie gesagt, darum geht es nicht. Krisen zu nutzen, um Macht zu konzentrieren, ist leider kein Symptom von demokratischer, sondern einer autokratischen Politik.

Es geht um diesen Geist, der vorherrscht und der durch keinerlei Qualität hinterlegt ist. Und genau dieser Geist ist es, der in gleichem Maße das Herangehen an die EU bestimmt. Dass mit dem Zentralisierungshammer das Gemeinsame, das Grundlage für ein solches Bündnis ist, nahezu liquidiert wurde, haben zumindest die deutschen Akteure bis heute nicht zur Kenntnis genommen. Und was in der EU, wo man es immer noch mit souveränen Nationalstaaten zu tun hat, zu einer Dauerkrise geführt hat, wird jetzt in der eigenen Republik nachexerziert.

Lernfähigkeit sieht anders aus. Aber wer einmal im Zentralisierungsfieber ist und sich nur noch mit anderen, die eigene Position unterstützenden Akteuren unterhält, der bekommt nicht mehr viel mit von der Fronde (2), die sich in der EU wie in der Republik herausbildet.

Autonomie und Vernetzung

Angesichts der Kollektivmetaphern, die aus der digitalen Welt zumindest in den elaborierten Code gesellschaftlich relevanter Gruppen etabliert wurden, handelt es sich bei dem Zentralisierungswahn um einen historischen Rückschritt sondergleichen.

Systeme, die in der heutigen, komplexen Welt funktionieren, und dazu gehören auch die gesellschaftlichen, haben eine gute Prognose in einer sich schnell und fortwährend veränderten Welt, wenn sie den Prinzipien von Autonomie und Vernetzung folgen. Das ist den Nostalgikern eines preußischen Zentralismus weitgehend entgangen. Da helfen auch die bis in die letzten Spitzen willfährigen Medien nicht, wenn sie der Allmachtsfantasie das Wort reden. Wieder so ein fiebriges Roulette: Alles auf Zentralisierung!

Die politischen Modelle der Zukunft liegen in der Autonomie der Regionen und in einer intelligenten Steuerung des Ganzen. Das spricht für den Föderalismus und gegen eine weitere Zentralisierung der Exekutive.


Quellen und Anmerkungen

(1) Unter Föderalismus wird ein Organisationsprinzip verstanden, bei dem die einzelnen Glieder über eine begrenzte Eigenständigkeit und Staatlichkeit verfügen, aber zu einer übergreifenden Gesamtheit zusammengeschlossen sind.

(2) Der Begriff Fronde (deut.: die Schleuder) beschreibt die Aufstände und Bürgerkriege, die Frankreich zwischen 1648 und 1653 erschütterten. In der Politik fand der Begriff Verwendung, um Meinungsäußerungen, die gegen den königlichen Hof oder die Regierung gerichtet waren, zu beschreiben.

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