Bündnis Klinikrettung fordert den Erhalt aller Krankenhäuser

Pressemitteilung Bündnis Klinikrettung

Das Bündnis Klinikrettung warnt vor der gezielten Förderung des Klinikabbaus durch das Bundesgesundheitsministerium. Nun widerspricht auch das Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit (ZOES) der Klinik-Schließungspolitik im neuen „GRÜNBUCH 2020 zur Öffentlichen Sicherheit“.  Das GRÜNBUCH 2020 wurde vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie vom Forschungsforum Öffentliche Sicherheit in Auftrag gegeben.

Das Bundesgesundheitsministeriums orientiert sich hingegen am „Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren – Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020″, erarbeitet vom Barmer Institut für Gesundheitsforschung, der Bertelsmann Stiftung und der Robert Bosch Stiftung. Dort wird gefordert, einen Großteil der Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung erst von der Covid-19-Behandlung auszuschließen und später ganz schließen zu lassen.

Klaus Emmerich, Klinikvorstand i.R. und Mitbegründer vom Bündnis Klinikrettung, führt aus:

„Die Autoren des Grünbuchs 2020 stellen fest, dass schon die bestehenden Klinikkapazitäten nicht für eine adäquate Behandlung bei Pandemien ausreichen. Und da sollen Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung geschlossen werden? Diese Forderung erscheint mitten in der Corona-Pandemie mit überlasteten Krankenhäusern geradezu abenteuerlich.“

Carl Waßmuth, aktiv im Bündnis Klinikrettung und Vorstand von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) ergänzt:

„Wir hätten kein Verständnis dafür, wenn sich bei einem derart gravierenden Dissens zwischen den Bundesministerien zur Bewältigung der Corona-Pandemie und zur weiteren Gesundheitsversorgung der Bevölkerung die „Kahlschlagsstrategie“ von Jens Spahn durchsetzt. Durch den gesetzlichen Ausschluss eines großer Teil der Grund- und Regelversorger vom zweiten Corona-Rettungsschirm droht diesen Kliniken die Insolvenz.“

Das Bündnis Klinikrettung fordert, die im GRÜNBUCH 2020 aufgezeigten Probleme und vorgeschlagenen Lösungswege bekanntzumachen und öffentlich zu diskutieren.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Widerspruch zwischen den Bundesministerien aufzulösen und sich öffentlich klar zum Erhalt und zur vollumfänglichen Finanzierung aller Krankenhäuser in Deutschland zu bekennen. Damit würden sie einer klaren Mehrheitsmeinung zum Durchbruch verhelfen: Gemäß repräsentativen Meinungsumfrage finden 88 Prozent der Bevölkerung einen Abbau von Krankenhausinfrastruktur grundsätzlich nicht sinnvoll, siehe https://www.gemeingut.org/forsa-umfrage-grosse-mehrheit-lehnt-krankenhausschliessungen-ab/. Die Umfrage war von GiB bei Forsa in Auftrag gegeben worden.

Hintergrund

Im „GRÜNBUCH 2020 – zur Öffentlichen Sicherheit“ des Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit e. V. (ZOES) befassen sich Abgeordnete des Deutschen Bundestages und ExpertInnen aus Ministerien und Bundesbehörden, aus Wissenschaft, Hilfsorganisationen, Verbänden und  Wirtschaft unter anderem mit Epidemien und eskalierenden Ausbrüchen gefährlicher Infektionskrankheiten. Das GRÜNBUCH zur Öffentlichen Sicherheit 2020 schlägt vor (Auszug):

„Gesundheitssicherheit erfordert Vorsorge. Die … dargestellte künftige Struktur der stationären Notfallstufen berücksichtigt nur unzureichend die erforderlichen kapazitiven Vorhaltungen zur Bewältigung eines eskalierenden Ausbruchs einer Infektionskrankheit, deren adäquate Bereitschaftsplanung und Evaluierung, kontinuierliches Training und Übung. …  Die Gesundheit der Bevölkerung ist Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, sodass Versorgungskapazitäten auch mögliche Krisensituationen berücksichtigen sollten. Der Mangel an medizinischem und pflegerischem Fachpersonal muss konsequent angegangen werden. Hier bedarf es einer angemessenen Vergütung, besserer Arbeitsbedingungen und guter Ausbildungsstrukturen.“

QUELLE: ZUKUNFTSFORUM ÖFFENTLICHE SICHERHEIT E. V., GRÜNBUCH 2020 – ZUR ÖFFENTLICHEN SICHERHEIT, S. 33, 42, HTTPS://ZOES-BUND.DE/THEMEN/GRUENBUCH/

Im Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren – Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020 wird gefordert, Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung von der Covid-19-Behandlung und den zweiten Covid-19-Rettungsschirm für komplett auszuschließen. In einem zweiten Schritt sollen Klinikkapazitäten massiv abgebaut werden, indem Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung geschlossen und in Integrierte Versorgungszentren mit überwiegend ambulanter Ausrichtung umgewandelt werden:

„Die Grundversorger spielen in der Versorgung von COVID-19-Patient:innen nur eine untergeordnete Rolle: Für die Bewältigung der Corona-Krise werden sie – sofern die Schwerpunkt-Krankenhäuser nicht vollkommen überlastet sind – nicht für die stationäre Behandlung von COVID-19-Patient:innen benötigt, … Für Grundversorger gibt es gute mittel- bis langfristige Perspektiven als integrierte Versorgungszentren: Durch eine Ambulantisierung eines zunehmend größeren Leistungsspektrums insbesondere durch engere und ortsnahe Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzt:innen bieten sich für Grundversorger neue Perspektiven in der regionalen Versorgung, besonders in ländlich geprägten Regionen.“