G20-Statement vom 13.11.2020

Heute sollten eigentlich die G20-Finanzminister*innen und Notenbankchef*innen ein ambitioniertes Rahmenwerk für die weitere Entschuldung der Länder, die durch die COVID-19-Rezession in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, beschließen. Das Ergebnis von heute (hier das offizielle Statement) enttäuscht an entscheidenden Punkten und bleibt vage in anderen:

  • Reale Entschuldung über ein Moratorium hinaus soll im Einzelfall zwar möglich sein, aber nur in Form von Zahlungsverlängerungen und Erleichterungen beim laufenden Schuldendienst. Schuldenstreichungen sind explizit ausgeschlossen. Das ist die Linie, die der Pariser Club bereits zu Beginn der 1990er Jahre verfolgt hat. Damals wurden drei Jahre mit sinnlosen Fristverlängerungen verschenkt, bevor es ab 1994 endlich reale Streichungen geben konnte.
  • Natürlich wissen auch die G20, dass man Überschuldung nicht mit homöopathischen Zinserleichterungen beim laufenden Schuldendienst begegnen kann. Deswegen wird nach massiver Intervention der Weltbank und gegen den Widerstand der Türkei und Chinas entschieden, dass Schuldenstreichungen doch möglich sein sollen, aber jeder Gläubiger kann entscheiden, ob bei ihm die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Die meisten werden aller Voraussicht nach feststellen, dass das leider, leider gerade nicht geht…
  • Die Beteiligung des Privatsektors, der sich bislang schon dem Moratorium entzogen hatte, soll nun im Rahmen einer Gleichbehandlungsklausel erreicht werden. Allerdings ist nur davon die Rede, dass der Schuldner gleichumfängliche Schuldenerleichterungen, wie G20 und Pariser Club sie gewährt haben, anstreben („seek“) soll. Wie bisher schon ist absehbar, dass der Schuldner die Beteiligung der Privaten „suchen“, aber leider nicht finden wird.
  • China hatte sich dafür eingesetzt, dass auch die Multilateralen Entwicklungsbanken zwingend an Erleichterungen etwa im HIPC-Stil beteiligt werden sollten. Das ist erwartungsgemäß auf den Widerstand der Weltbank und ihrer mächtigen Mitglieder gestoßen. Es gibt nun eine Formulierung dahingehend, dass Weltbank und Co. sich mit traditionellen Mitteln wie Strukturanpassung, positiven Nettotransfers (also neuen Kredite) in die betroffenen Länder sowie „Schuldenerleichterungen“ beteiligen soll. Wie genau, können sie sich allerdings selbst aussuchen.
  • Deutschland und die anderen Europäer hatten sich für eine Öffnung der Gruppe potenziell begünstigter Länder eingesetzt, um nicht – wie unter der Debt Service Suspensions Initiative (DSSI) – Ländern Angebote zu machen, die sie weder wollen noch brauchen, und stattdessen Optionen für diejenigen Länder in echten Schwierigkeiten zu schaffen. Das ist am chinesischen Widerstand gescheitert.

Die G20 sind wieder einmal an einer zentralen Herausforderung und ihrer Unfähigkeit, miteinander Kompromisse im Interesse globaler finanzieller Stabilität auszuhandeln, gescheitert. Die westlichen Regierungen hätten etwa einer HIPC-artigen Einbeziehung der Entwicklungsbanken zustimmen und dafür von China die Öffnung der Gruppe begünstigter Länder erhalten können. Beides wäre sinnvoll gewesen. Der nun beschlossene kleinste gemeinsame Nenner bedeutet nichts anderes als die absehbare Zuspitzung der Krise und die Notwendigkeit, heute versäumte Beschlüsse dann eben später zu fassen.

Bild: Screenshot des offiziellen Statements der G20 vom 13.11.2020

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