Stephen Hawking ist gestorben. Überall werden Nachrufe geschrieben, er sei von uns gegangen und der Physiker möge doch in Frieden ruhen. Ja, aber warum denn?! Als wäre der Mann wirklich weg.

Von Gunther Sosna

Wohin sollte der Astrophysiker Stephen Hawking gegangen sein? Ins Diesseits oder ins Jenseits? Ins Hüben oder ins Drüben? Ins Paradies oder in die Hölle? Ins Nichts oder kannte Hawking eine Hintertür?!

Der Mensch und seine sterbliche Hülle, der Körper stellt keine in sich geschlossene Einheit dar. Er ist als Metaorganismus zu verstehen, der sich aus Mikroorganismen und eben auch Mensch zusammensetzt. Und diese Konstruktion ist vom Zusammenwirken, von der Interaktion und Dynamik menschlicher und bakterieller Zellen abhängig. Das Verhältnis soll etwa 50:50 betragen. Na, wohin ist Hawking gegangen?

Spirit and Fun

Für welche Seite mag er sich entschieden haben, könnte er sich entscheiden? Für jene, des höheren Säugetiers, das sich selbst Einmaligkeiten wie Verstand, Weisheit, Klugheit und Vernunft andichtet und ins Evolutionsbuch schreibt? Die intellektuellen Fehlleistungen der Spezies Homo sapiens sapiens verringern den Abstand zum Neandertal Tag für Tag. Und dann wird in die Tempel gerannt, um auf der Suche nach Erlösung irgendwas anzubeten, was es gar nicht geben kann? So einen Fehlgriff im Niveau traue ich dem Hawking nicht zu.

Hawking höchst selbst hat die Menschen gelehrt und auch den Papst, dass das Universum keinen Gott als Ursprung braucht. In der Unendlichkeit von Raum und Zeit ist keine Ecke frei für ein unheimliches Jenseits oder Diesseits, und vor allem kein Platz für irgendeinen Gott, außer für uns selbst – und da gibt es eben keine Ruhe.

Da bietet die Seite der Bakterien für das Genie mehr „spirit and fun“. Diese kleinen Dinger sind Abermilliarden Jahre alt, in der Wegwerfgesellschaft ein Zeichen für Qualität. Auf die Beständigkeit kann sich der Verbraucher unbesehen verlassen. Macht man sich jetzt noch bewusst, dass ohne Bakterien auf diesem galaktischen Krümel, den die überhebliche Krone der Schöpfung Erde nennt, nicht sonderlich viel geht, dürfte Hawking dort eine angemessene Herausforderung finden.

Es wird nicht gestorben, sondern verändert

Ja, ja … Wer tot ist, ist tot. Theoretisch zumindest und auferstanden wird auch nicht. Denn es wird nicht gestorben, sondern nur verändert. Das muss mal rein in den klugen Kopf, damit eben nicht mittels Nachruf der Sargdeckel zugeknallt wird!

Die Stoiker der Antike haben das schon besser geblickt, auch wenn sie im Nirgendwo ein Göttlein suchten, um die Lücken ihrer Philosophie auszupolstern. Die kannten den Stephen Hawking und den Urknall eben noch nicht.

In der Philosophie und Lehre der Stoa ist das Streben nach Weisheit das A und O. Der Tod ist dabei kein Unglück, sondern eine normale und banale Auswirkung der Naturgesetze. Die Hülle wird abgelegt, und der Funke des göttlichen Feuers, dass der Mensch in sich selbst trägt, vereinigt sich wieder mit dem ewigen Feuer: Das ist Unsterblichkeit!

Wenn die moderne Wissenschaft richtig liegt, und der Urknall Ursprung des Ganzen ist, auch des Wasserstoffs und des Sternenstaubs, aus dem die chemischen Elemente sind, aus denen wiederum alles andere besteht, wo ist da Platz für den Tod und wohin ist Hawking entfleucht? Er ist Teil des Ganzen, wie jeder und alles Teil des Ganzen ist!

Also Stephen, mach‘ einfach weiter und lass Dich von den ganzen Todschreibern und Grabrednern nicht ablenken vom Wesentlichen – dem Sein.

Foto: NASA (gemeinfrei)

Der Originalartikel kann hier besucht werden