Im Mai dieses Jahres hat Ralf Streibl, ein Lehrbeauftragter am Fachbereich für Informationstechnologie der Hochschule Bremen, aus Protest gegen eine Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr, seinen Lehrauftrag niedergelegt. In einem offenen Brief hat er seine Beweggründe erläutert.

Die Universität verlautbarte zwar, dass die Bundeswehr keinen Einfluss auf die Studieninhalte haben werde, Streibl kritisiert aber, dass durch die strukturelle und finanzielle Verbindung zwischen Hochschule und Bundeswehr sich der Gesamtkontext verändere: „Ich selbst bin nicht dazu bereit, als Person und mit meiner Lehrveranstaltung Teil solch einer Konstruktion zu sein.“

Eigentlich gibt es seit 2012 eine Zivilklausel der Hochschule Bremen, in welcher sie Kooperationen mit dem Militär ablehnt. Diese ist zwar nicht rechtlich bindend, trotzdem versuche, so Streibl in seinem Brief, die Hochschule zu interpretieren, dass sich diese Ablehnung nur auf die Forschung, nicht auf die Lehre beziehe. Streibl schreibt, man solle dann besser hinterfragen, ob die Zivilklausel überhaupt noch Bestand habe, denn sie sei in diesem Fall nur noch ein „halt- und bedeutungsloses Feigenblatt“.

In seinem Brief setzt sich Streibl ausführlich mit der Geschichte der Auseinandersetzung der Wissenschaft mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinander und benennt Bertrand Russell, der mit Albert Einstein ein erstes Manifest gegen den Einsatz von Atomwaffen schrieb, sowie die Pugwash-Konferenz, die mit ihrem Präsidenten Rotblat 1995 den Friedensnobelpreis erhielt. In seiner Rede hatte dieser damals gewarnt, dass es in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen zu negativen Veränderungen kommen könne und er forderte deswegen Wachsamkeit und Bereitschaft.

Da gerade die Informationstechnologie eng mit dem Militär verstrickt sei (die anfängliche Triebkraft für die Entwicklung der Computertechnologie war militärisch, das Internet ist sowohl Angriffsziel als auch Angriffsmittel und herkömmliche Kriege seien ohne IT nicht mehr führbar), fordert Streibl eine kritisch-reflektierende inhaltliche Befassung damit an den Forschungseinrichtungen und eine antizipative Analyse der Forschungsvorhaben.

Gesamtgesellschaftlich spricht er sich für einen stärkeren Einsatz zur Schaffung einer Friedenskultur aus, anstatt weiter und verstärkt der Logik der bewaffneten Lösungsversuche zu folgen:

„Erforderlich [für die Fähigkeit, mit Konflikten umzugehen} ist gleichermaßen eine Friedensstruktur wie auch eine Friedenskultur. Dem entgegen steht jedoch die bis heute in vielen Köpfen fest verwurzelte Überzeugung, Frieden sei nur durch Stärke erreichbar. Diese Überzeugung zu hinterfragen und in einem offenen Diskurs jenseits militärisch geprägter Sichtweisen den Weg zu einer echten Friedensfähigkeit zu eröffnen ist eine große Herausforderung für Politik und Gesellschaft und damit eine zentrale Aufgabe für Bildung und Wissenschaft.“