Obwohl meines Erachtens der israelisch-palästinensische Konflikt ein Konflikt zwischen einem kolonialistischen Apartheidstaat und einem besetzten Volk ist und es sich somit nicht um einen religiösen Konflikt handelt, glaube ich, dass der interreligiöse Dialog auf gesellschaftlicher Ebene, von Unten, den Frieden und die Gerechtigkeit hervorbringen kann.

Diese ist auch die Mission des Vereins Interfaith Encounter Association in Jerusalem unter der Leitung von Dr. Yehuda Stolov. Dr. Stolov geht davon aus, dass die Religion zwar nicht die Wurzel des Problems ist, aber sehr stark dazu beitragen kann, eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts herbeizuführen.

Hier im Folgenden möchte ich Auszüge aus meinen Interviews mit Dr. Yehuda Stolov, dem Leiter des Zentrums für den interreligiösen Dialog, Frau Karen Feuer, einem engagierten Mitglied und dem Jungianischen Psychologen Prof. Henry Abramovitch, der Gruppen in diesem Verein führt, vorstellen.

Dr. Stolov geht von der These aus, dass es nur Frieden geben kann, wenn sich Menschen zusammensetzen, interpersönliche Beziehungen aufbauen, die sich dann auch auf innergemeinschaftliche Beziehungen ausdehnen und auf gegenseitiger Empathie, Respekt und Achtung der Würde des anderen und seiner Rechte basieren. Er glaubt wie ich selbst nicht an den politischen Willen, den Frieden aufzubauen und tendiert eher zum Optimismus auf individueller und gemeinschaftlicher Ebene. Denn Menschen leben in der Beziehung zum Anderen und verstehen sehr schnell die Vorteile des Friedens und des harmonischen Zusammenlebens innerhalb ihrer Gemeinschaft.

Der interreligiöse Dialog verfolgt zum ersten das Ziel, Angst und Vorurteile abzubauen, indem man sich in einer vertrauten und offenen Umgebung miteinander konfrontiert. In diesem Rahmen ist die Anerkennung der Diversität von zentraler Bedeutung. Kleine Gruppen, die diese Empathie und diese Toleranz schaffen, bringen diese Werte dann in die Gemeinschaft und immer höher in eine immer breitere Öffentlichkeit.

Im Rahmen des interpersönlichen Dialogs wird es möglich, sei es Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten zwischen den drei monotheistischen Religionen zu finden und als Herausforderung zu sehen.

Yehuda sagte mir zur Methode des Gesprächs: „… derselbe Ansatz der Hervorhebung der Gemeinsamkeiten und des freundlichen Umgangs mit den Meinungsverschiedenheiten und Unterschieden ermöglicht fruchtbare Gespräche, in denen Beziehungen aufgebaut werden.” Der fehlende Frieden basiert auf Verdacht, Angst und fehlendes Vertrauen in den jeweils „Anderen“, der natürlich immer als Einziger am Konflikt Schuld ist. Daher sind die interpersönlichen Beziehungen der Ausgangspunkt jeglichen erfolgreichen interreligiösen Dialogs.

Dazu meint Karen Feuer: „Je mehr wir uns nähern und im selben Raum sitzen, desto mehr tragen wir zum Frieden bei“.

Und sie fügt hinzu: „Wenn man Menschen persönlich kennt… tendiert man weniger dazu, allgemeine Urteile abzugeben. Denn es ist einfach, eine Person ohne Gesicht, eine Gruppe von Menschen ohne Namen beispielsweise als „Terroristen“ abzustempeln. Aber wenn man Menschen direkt kennt, hält die Verallgemeinerung nicht mehr. Daher sind diese Treffen sehr wichtig.“

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch das Gespräch über die Unterschiede und auch über die eigenen Frustrationen, über das zwischenmenschliche Leid. Wenn wir eine positive Haltung annahmen, so Karen, ist es auch nicht mehr schwierig, genau diese harten Aspekte des interreligiösen Zusammenlebens anzusprechen.

Karen glaubt an eine Friedensbewegung von unten, die auf ethischen Werten und dem Respekt der Würde des Anderen basiert. Dieser Funke kann dann auch auf ein ganzes Land übergehen.

Prof. Abramovitch spricht auch über seinen Optimismus, dass der interreligiöse Dialog auf der Mikro-Ebene sehr wohl durch die interpersönliche Beziehung zwischen den einzelnen Menschen möglich ist. Er ist wie die anderen Befragten auf der politischen Ebene skeptisch, da es zu viele geopolitische und wirtschaftliche Interessen gibt. Aber der interreligiöse Dialog, der auf der interpersönlichen Ebene erfolgt, ist ein Mikro-Erfolg, der sich direkt auf die politische Welt auswirken kann. Es braucht aber unzählige friedliche Funken. Prof. Abramovitch leitet verschiedene Gruppen im Zentrum und definiert den interreligiösen Dialog als „eine Chance, den anderen auf einer persönlichen und intimen Ebene kennenzulernen.“ So werden kollektive und individuelle Spannungen abgebaut und es wird Vergebung geübt. Gruppen wie diese unterstützen die Menschlichkeit und kämpfen gegen gefährliche kollektive Fehlverhalten und falsche Einstellungen zum Anderen an.

Das größte Hindernis, wofür es immer noch keinen gerechten Frieden in Nahost gibt, ist Prof. Abramovitch zufolge die fehlende gemeinsame Vision des gerechten Friedens. Aber genau die Akzeptanz der Diversität ist der Schlüssel zu einer friedlichen Welt. Er meint hierzu: „Der interreligiöse Dialog basiert auf der Anerkennung der Diversität. Wenn ich mich damit beschäftige, wie die anderen Religionen mit den allgemeinen Angelegenheiten umgehen, so bin ich dann auch in der Lage, unsere eigene Tradition zu überarbeiten und zu beleben“.

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Der Originalartikel kann hier besucht werden