Die griechische Bevölkerung wurde gestern erneut aufgefordert zu wählen. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die Frage, welche politische Partei oder welche politische Koalition das dritte Memorandum am Besten umsetzen kann. Wenn wir am Besten sagen, dann meinen wir den am wenigsten schmerzlichen Weg, sollte ein solcher überhaupt möglich sein.

Heute haben die Wähler entschieden, dass SYRIZA  diese Aufgabe übernehmen soll. Tsipras hat mit 35,47% 145 Abgeordnetenplätze gewonnen. Sehr schnell nach Bekanntgabe der Resultate wurde eine Allianz mit ANEL (3,7% und 10 Abgeordnete) bekannt gegeben. Beide haben sogar gemeinsam die, in Athen den Wahlsieg von SYRIZA feiernden Menschen, begrüßt. NEA DEMOKRATIA und PASOK haben klar gelassen, dass sie sich nicht an einer Regierung beteiligen wollen. Eine schon ältere Partei ENOSI KENTROON hat es überraschend mit 3,4% ins Parlament geschafft, etwas was LAIKI ENOTITA und der unabhängige Kandidat und Ex Parlamentsvorsitzende nicht geschafft haben. GOLDENE MORGENRÖTE, die Partei der Nazis hat 7% der Stimmen erhalten, PASOK 6,2% und NEA DEMOKRATIA haben ihre Position mit 28% gehalten, ebenso die Kommunisten mit 5,5%.

Der Hauptdarsteller dieser Wahlen ist Alexis Tsipras. Die Wähler haben all die Verhandlungen mit den Kreditgebern von Januar bis Juni positiv bewertet und im Juli Referendum mit einem beeindruckenden NEIN geantwortet. Sie haben jetzt bei diesen Wahlen ihr Vertrauen in ihn, trotz des 3. Memorandums, erneuert. Die Regierung wurde aufgefordert, ihre Arbeit fortzuführen, in der Hoffnung, dass sie nicht Teil des Klüngels und der Korruption geworden ist und dass sie diese abschaffen wird. Es gibt immer noch Hoffnung, dass diese Regierung ein gerechteres Steuersystem einführen und in der Lage sein wird, den Kreditgebern andere Maßnahmen anzubieten, damit die notwendigen Mittel beschafft und somit den armen Schichten der Bevölkerung geholfen werden kann. Es wurden keine großen Worte über die weitere Entwicklung gemacht oder darüber, wie man die Arbeitslosigkeit reduzieren kann. Das ist eine Wette, die noch zu gewinnen ist.

Aber es gibt noch andere Hauptdarsteller. Das sind die 43,4% der Wähler, die – besonders nach dem Referendum – enttäuscht von dem Verhalten aller Parteien in der Regierung (einschließlich der SYRIZA-ANEL Koalition) sind. Niemand kann es diesen Leuten verdenken, dass sie gleichgültig geworden sind. Ein Teil von ihnen will keine weitere Aufsplitterung der Linken, sie wollen auch kein weiteres Memorandum oder neue Maßnahmen. Ein Teil von ihnen ist bereit, auf neue unfaire Gesetze zu agieren, die vorgeben die Bankenkrise zu lösen, indem sie die Last den schwächsten Familien Südeuropas aufgebürden.

Ist es möglich das Vertrauen so vieler Menschen wieder zu gewinnen? Die neue Regierung muss beweisen, dass sie dies kann und dass die repräsentative Demokratie noch nicht tot ist. Sie sagen, sie wollen die Dynamik in Europa ändern, sie wollen nicht weiter Reformen folgen, die ihnen von den Europäischen Institutionen vorgegeben werden und die unfair sind. Wie ist das im Rahmen des 3. Memorandums möglich? Außerdem muss Syriza eine Politik der Menschenrechte verwirklichen, wie ihren Wählern im Januar und auch jetzt versprochen wurde. Wie ist das möglich in einer Koalition mit ANEL?

Eines ist sicher, die neue Regierung von Tsipras braucht die nächsten vier Jahre, um ihre Pläne zu entwerfen und zu verwirklichen. In diesem entscheidenden Moment für Griechenland und für Europa wünschen die, die an ihn glauben, das alles mit erhobener Stimme und die, die nicht an seinen Erfolg glauben, wünschen es auch, aber eher verhalten.

Übersetzung aus dem Englischen von Marita Simon